|
IHS: «Iesum habemus Socium»,
Jesus unser Gefährte,
»mitfühlend und auserwählend«
Franziskus’ Wappen.
Mehr hier |
»Evangelii Gaudium«, Freude über das Evangelium, so heißt die erste große Botschaft von Papst Franziskus, datiert vom 24. November 2013, noch aus dem Jahr seiner Ernennung. Und das ist schon fast das Beste, was man zu diesem »apostolischen Schreiben« sagen kann: Der Titel ist erfreulich. Sonst ist der Schrieb eine Katastrophe. Was sich aus Ehrfurcht vor dem beeindruckenden Mann und seiner Position keiner zu schreiben traut. Doch schon seine gutgemeinte Umfrage war dilettantisch gewesen#).
Am Besten, man macht sich erst einmal mit Sekundärlitertaur über Evangelii Gaudium schlau. Ich empfehle die amerikanische Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Evangelii_Gaudium, für weiterführende (deutsche) Links
auch die deutsche. Den endlosen Text selbst zu lesen, ist eine Qual. Nicht, weil zwischendrin aufmunternde, ja fröhliche und heitere Stellen fehlten, aus denen ein frischgebliebener Glaube spricht, sondern weil sich die dort unter fünfzigtausend Worten verstecken.
Der offizielle deutsche Text findet sich beim Vatikan+), ist aber inzwischen schon als Taschenbuch erschienen*). Ich hab’ mir ihn noch selbst ganz ausgedruckt, dreispaltig und in kleinster Schrift (8 Punkt), und da waren’s 35 Seiten!
Ich will hier nicht versuchen, selbst den Inhalt zusammenzufassen; könnte ich gar nicht. Dafür empfehle ich die
kritische Würdigung von Bellavite, hier, oder beispielsweise die
Badische Zeitung. Meine persönlichen Anmerkungen sind sporadisch.
Franziskus bleibt bei
Fragen zum Katholizismus vage oder strikt beim Alten.
Frauenordination gibt’s nicht (Absatz 104. »Das den Männern vorbehaltene Priestertum als Zeichen
Christi, des Bräutigams, der sich in der Eucharistie hingibt, ist eine Frage,
die nicht zur Diskussion steht … « – Was für eine schwache Plausibilisierung!). Das
Zölibat wird überhaupt nicht angesprochen.
Kommunion für Protestanten oder für wiederverheiratete Geschiedene könnte man aus der Passage in Absatz 47 herausinterpretieren: » ... die Türen der Sakramente dürften nicht aus
irgendeinem beliebigen Grund geschlossen werden«, folgte ihr nicht direkt: »Das gilt vor allem, wenn es
sich um jenes Sakrament handelt, das ›die Tür‹ ist: die Taufe.« Dennoch: »Die Eucharistie [d. h. die Kommunion, fj]
ist, obwohl sie die Fülle des sakramentalen Lebens darstellt, nicht eine
Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine
Nahrung für die Schwachen.« Mag also jeder herauslesen, was er will. Zur
Empfängnisverhütung kein Wort, zur
Homo-Ehe auch nicht, wenn ich nichts übersehen habe. Strikt und entschieden abgelehnt wird die
Abtreibung (Absatz 213). Schön, dass Franziskus die
Beichte noch erwähnt: »Die Priester erinnere ich daran, dass der Beichtstuhl keine Folterkammer sein
darf, sondern ein Ort der Barmherzigkeit …« (Absatz 44). Neu war mir, dass beim Jüngsten Gericht Priester besonders streng beurteilt werden werden, denn: »Der Apostel Jakobus mahnte: ›Nicht so viele von euch sollen Lehrer werden, meine Brüder. Ihr wisst, dass wir
im Gericht strenger beurteilt werden‹
(Jak 3,1)« (Absatz 150).
Eine Aufforderung an andere Religionen, ebenfalls die Liebe und den Frieden als das Wichtigste öffentlich herauszustellen, fehlt mir. »Der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des
Korans stehen jeder Gewalt entgegen«, schreibt Franziskus (Absatz 253), fordert mir das aber nicht deutlich genug ab.
Dafür übernimmt Franziskus Unsinn aus Bereichen, in denen er Laie ist, und lässt sich von populistischen, ja kommunistischen Meinungen einfangen. In seinem »
Nein zur Wirtschaft der Ausschließung« (Abschnitte 53ff
https://bit.ly/fj3CQew3Z ) schreibt er: »Es ist unglaublich, dass es kein Aufsehen erregt, wenn
ein alter Mann, der gezwungen ist, auf der Straße zu leben, erfriert, während
eine Baisse um zwei Punkte in der Börse Schlagzeilen macht« – was Blödsinn ist: Zwei Punkte machen noch keine »Baisse«, und Schlagzeilen schon gar nicht. Hier entpuppt sich seine (gern genüsslich zitierte) Kapitalismuskritik als platte Polemik. Ich will dazu nur sagen: Wie viele denkt er bloß an die (»gerechte«) Verteilung, nicht an die Produktion, die die heutige Wirtschaftsordnung sehr wohl angeregt hat. Wo nichts ist, kann auch nichts verteilt werden. Kein Kind in Afrika hat ein Brot (mehr), wenn es bei uns eine ganze Brotsorte weniger gäbe. Die »westliche« Warenfülle sollten wir inzwischen wie die Fülle der Natur sehen und uns hüten, Bescheidenheit gesetzlich vorschreiben zu wollen. Moralisch ja, wobei wir dann wirklich wieder bei der Kirche wären.
Sehr viel Raum nimmt die »
Homilie« ein (ab Absatz 135), wobei ich erst gar nicht wusste, dass damit die
Predigt gemeint ist. Sie muss kurz sein (Absatz 138), herzlich und warm (140), einfach und klar, direkt (158) und »niemals auf Fragen antworten, die sich keiner stellt« (155). Das hätte er in seinem »Gaudium« selbst beherzigen sollen. Oder weiß wer, was eine »kerygmatische und mystagogische Katechese« ist (163)?
Dazwischen immer wieder Polemik. Da wird unsere Zivilisation gebrandmarkt als eine, »die an der Anonymität leidet und paradoxerweise
zugleich, schamlos krank an einer ungesunden Neugier, darauf versessen ist,
Details aus dem Leben der anderen zu erfahren … « (Absatz 169). Ist das wirklich so? Liest Franziskus nur die Bildzeitung? (Polemisch gesagt: Dann wüsste er, wie man stilistisch wirkungsvoll schreibt.)
Genug. Mit viel Mühe mag man aus Evangelii Gaudium alles Mögliche herauslesen. Ich mag’s nicht.
+) Papst Franziskus im Vatikan:
http://www.vatican.va/holy_father/francesco/
Evangelii Gaudium über
http://www.vatican.va/holy_father/francesco/apost_exhortations/index_en.htm
auf
http://www.vatican.va/holy_father/francesco/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium_ge.html
Dort auch
als PDF (256 Seiten, 1 MB):
http://www.vatican.va/holy_father/francesco/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium_ge.pdf
*) Der deutsche Text in Buchform:
• »Die frohe Botschaft Jesu«, Evangelii Gaudium, Verlag St. Benno, 184 Seiten, 11 x 19 cm, gebunden,
ISBN 978-3-746-24080-0, € 6,95
• »Die Freude des Evangeliums«, Verlag Herder, 320 Seiten, 12 x 19 cm, kartoniert,
ISBN 978-3-451-33492-4, € 10
#) zur Papstumfrage siehe bei mir
3. 11. 13
http://blogabissl.blogspot.com/2013/11/die-umfrage-des-papstes.html
3. 12. 13
http://blogabissl.blogspot.de/2013/12/katholische-fragebogen-schieen-ins-kraut.html
Link zu diesem Blogeintrag:
http://j.mp/2HVe888 =
http://blogabissl.blogspot.com/2013/12/evangelii-gaudium.html
(Sondereinstieg zu wirtschaftspolotischen Themen: #Unsinn)