21. September 2023

Muraro: Com’era verde quella valle – Lesehilfe

Sarentino–Sarnthein
I ricordi del dopguerra
tra modernità e tradizione

Ein schönes Buch, stellenweise nachgerade liebenswert. Ich hab’s bis zum Ende gelesen, obwohl ich Italienisch nur so lala kann. Muraro ist Ende November 1948 in Sarnthein geboren (Seite 33), ich bin Ende November 1941 in Brünn geboren, und erst am 17. Dezember 1946 nach Südtirol gekommen. Wir lebten in Bozen und hatten nur den Hof im Sarntal, Muraros lebten in Sarnthein ganz oben im Rathaus. Marzio ging dort in die italienische Schule, ich in Bozen in die deutsche. Da hat mich sein Buch natürlich besonders interessiert. Er hat es mir bei der Vorstellung am 22. August 2023 freundlich signiert. Zwanzig Euro, 290 Seiten.

Das Buch habe ich meist mit Online-Hilfe aus meinem Smartphone gelesen, weil mir viele Begriffe unbekannt waren. Sagen wir « tinello » (Seite 39). Was ist das? In Google »tinello deutsch« eingegeben, online im Browser, und schon erscheint die Übersetzung – meistens; siehe Screenshot.

Als möglichen Service für andere, ebenso Italienisch-schwache Leser, will ich versuchen, hier Seite für Seite Wörter zu übersetzen, vielleicht auch weitere Gedanken und Hinweise zuzufügen. Nie ohne »meinen Senf«! Fangen wir an, und sehen wir, wie weit ich komme. Das Projekt will ich fortsetzen.

Die Webadresse dieses Blogeintrags ist
https://blogabissl.blogspot.com/2023/09/muraro-comera-verde-quella-valle.html
– 
falls Sie darauf zurückkommen wollen.

• Seite 10, im zweiten Absatz das Zitat aus Henry James’ Autobiografie, im Original (http://www.online-literature.com/henry_james/the-middle-years/1/): “youth is an army, the whole battalion of our faculties and our freshnesses, our passions and our illusions, on a considerably reluctant march into the enemy's country, the country of the general lost freshness;” – Also ich find’s einen Schmarrn, diese »verlorene Frische«. Ich komme mir mit – siehe www.Joern.De – noch frisch vor, zwar mit unbekanntem Ablaufdatum, aber “younger than ever” (Dinner for One, https://www.ndr.de/kultur/dinner_for_one/index.html).

• Seite 11 Vater Dante Muraros « Ricordi d’Africa », 62 Seiten aus dem Jahr 1978, stehen auf https://docs.google.com/file/d/0B5obODqfhaBsVFl3OUZfd3BES3c/edit?pli=1&resourcekey=0-FA2c-VRBqR_pIBC95OWPIA

• Seite 12. Eine contrada ist ein Stadtteil, ein Quartier

• »Rogationen« sind die in der katholischen Kirche durchgeführten Flur- oder Bittprozessionen an den Bitttagen vor dem Fest Christi Himmelfahrt (https://de.wikipedia.org/wiki/Rogationes). Lat. rogare = fragen, bitten.

Marzio Muraro, 74,
bei der Buchvorstellung
in Santhein am Dienstg
22. August 2023
• conca = Senke, Becken, Kessel, Niederung,Tal, Trog, kupfernes Trinkgefäß, Hülse, Muschel, Perle; lat. concha = Muschel, concha nasalis inferior = untere Nasenmuschel (https://de.wikipedia.org/wiki/Concha_nasalis_inferior). Ein wahrhaft universelles wort, das Muraro gerne verwender

• focolari = Feuerstellen

• « In autunno … » Ärgerlich, sehr ärgerlich ist, dass Muraro oft keine konkreten Jahreszahlen nennt, immer meint, das wisse der Leser dann schon. Man sollte beim Lesen stets auch seitlich einsteigen können. Schlechter Lektor, wenn ihm das nicht aufgefallen ist. – Für einen ordentlichen Schriftsatz gilt: Absatztrennung durch Durchschuss (Leerzeile) oder Einzug. Bei Muraro fehlen Einzüge. Ich nehme da immer drei Leerstellen. 

• Seite 13 « le gole del fiume Talvera » sind »die Flussschluchten der Talfer«. Das Sarntal war bis zum Bau der Militärstraße mit ihren 24 Tunells (alte Schreibweise), wo ich Zählen gelernt habe und Lenken, nur über die Höhen erreichbar, z.B. von Bozen über Jenesien, Afing, die Schmalzhöfe, das Martertal (Gemeindegrenze), den Eyernberger, Bundschen (Ponticino), die Schörgau, Sarnthein. Es soll bis nache dem Krieg noch Bluter gegeben haben, ein Zeichen von Inzucht. Siehe http://www.sarner-geschichtsverein.org/Strasse/ .

• Die commentarii zum Sarntal vom späteren Papst Pius II werden gerne kolportiert, wenn die Sarnerinnen für lockere Mädels gehalten werden sollten. Dass oft bis heute in streng katholischen Gegenden, wo man kirchlich nur einmal heiraten durfte, vor der Hochzeit der erste Sohn und künftiger Hoferbe abgewartet wurde, liegt an der antiquierten Sexualmoral des Vatikans, und nicht an besonders sündigen Jungfern!

• Beim Kuntersweg mein ich, irrt Muraro. Das war der neue Weg unten im Eisacktal, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Kuntersweg .

• Seite 14. Il greto ist das Flussbett

• Seite 15 Strafexpedition s. https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreich-Ungarns_S%C3%BCdtiroloffensive_1916 

• Seite 16 RSI = Repubblica Sociale Italiana, die Republik von Salò, ein Marionettenstaat vom 23. 9. 1943 bis 1944-45. https://de.wikipedia.org/wiki/Italienische_Sozialrepublik

• PNF = Partito Nazionale Fascista

• folta la servitù = (aber das habe ich mir zusammengereimt:) hart die Fronarbeit (auf dem Land)

• Seite 17 Ein pelicciotto ist ein Pelzmantel

• Seite 18 spezzatini sapidi sind herzhafte Eintöpfe

• Seite 19 Die imagine palladiana bezieht sich auf Palladio, https://de.wikipedia.org/wiki/Andrea_Palladio

 • grembiule ist eine Schürze, eine gerla ein Rucksack, scialli di seta sind Seidenschals (nicht -schnallen!)

• Ein sperone di roccia ist ein Felsvorsprung, würde ich sagen. Aber a destra, rechts vom Flußlauf ist das Schloss Runkelstein nicht, sondern orografisch linka, a sinistra (passt: im Dunkel, Geheimnisvoll im  Sinistren)

• Seite 20. Das Runkelstein-Bild ist »Schloss Runggelstein bei Botzen. # 16 (Zu haben bei Joh. Thuille in Botzen), ohne Künstlerbezeichnung: um 1850 . Ein Stahlstich, Stich u. Druck d. Kunst-Anstalt d. Oestr. Lloyd in Triest, 7,4 × 11,6 cm, von dem es Abzüge antiquarisch zu kaufen gibt.

• Seite 21: Ein gufo ist eine Eule.

• Die Bagni di Ronco sind Bad Rungg, ein Gasthaus (kein Kurbad) »am Dorfende« am Gries 15. Man hatte von dort den schönsten Blick hinauf zur Sarner Scharte, die Wirtsleute waren nett und freundlich, aber das ist ein paar Jahre her …

• Ein avventore ist einfach ein Kunde, ein Gast, uno che veniva, der allerdings avvinazzato, »angeweint« ist. Nicht mit Tränen freilich, sonern mit vino, Wein. Ist Italienisch nicht eine wunderbare Sprache!

• Seite 23 dazio = Zoll, aber das sagt nichts. Kommt von il dazio, wörtlich dem Gegebenen. https://www.treccani.it/enciclopedia/dazio-e-dogana_%28Enciclopedia-Italiana%29/ meint denn auch, es ginge »intern« um allerlei Abgaben, ich würde sagen, das Amt für Steuern … Bei uns kontrolliert ja auch der Zoll die Papiere der Arbeiter am Bau.

• Ja, die Am-Lire, hier https://it.wikipedia.org/wiki/Am-lira steht mehr darüber, herausgegeben von der neuen Besatzung, der Allied Military Government of Occupied Territories, an die erinnere ich mich garnicht. 1946 wird es die in Südtirol nicht gegeben haben.

• Die derrate alimentari sind einfach Lebensmittel, tessere annonarie sind Lebensmittelmarken. Wo das Wort herkommt, muss mir mal einer sagen

Bozen, St.-Johann-Str. 7, dann bald »Cavourstraße«. Wir wohnten im ersten Stock

• « Bolzano è semidistrutta », so habe ich das nicht in Erinnerung. Da muss Muraro in der Nähe der Industriezone, in Gries, im Italienischen unterwegs gewesen sein. Die deutsche Altstadt um die Bindergasse ist mir ziemlich heil vorgekommen, obwohl wir neben unserem Haus in der St.-Johann-Straße (später nationalistischerweise Cavourstr.) im Hof Steinehaufen vermutlich von zerstörten Häusern hatten. Da wuchsen Feigen drauf. Und,

• Seite 24, Kartons als Fenstrscheiben habe ich auch nicht gesehen; « molto cartone e pochi vetri « wäre hier falsch gewesen. Sankt Johann und Zwölmalgreien sahen gut aus, das rötliche Fresko an der Löwengrube war sehr beeindruuckend und die Faßbinder am Weißen Rössl, siehe https://blogabissl.blogspot.com/2008/05/am-hof-im-mai-2008-anna-und-carla.html#Bindergasse

Was mir das sagt? Dass meine Familie, von meinem sel. Großvater mütterlicherseits, einem alten Österreicher, so gut geführt worden war, dass wir »gut bürgerlich« waren, und uns eine schöne, große Wohnung in Bozen hatten leisten konnten. Dante Muraro hatte es schwerer, und erst sein Sohn Marzio wurde dann um so erfolgreicher.

• Auf Seite 25 ein grober Fehler. Fritz Thissen ist Fritz Thyssen mit y, https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Thyssen

assolto ist freigesprochen

• Dann fehlt wieder eine Datierung, 1945, für den « primo maggio » in Brixen

• Seite 28f. Interessante Gedanken zum Kriegsende in Italien, das aber in Südtirol vermutlich anders empfunden wurde. Das Bild mit dem Fahrrad lässt mich an den Film »Fahrraddiebe« denken: https://de.wikipedia.org/wiki/Fahrraddiebe .

• Seite 33 und wieder fehlt mir die Jahreszahl, 1948.     

sferruzzare ist stricken, die ferri sotto le ascelle ist keine Foltermethode, sondern da sind die Stricknadeln unter den Achsel eingeklemmt, wie italienisch üblich aber nicht deutsch, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Stricken mit einem schönen Bild von Albert Anker, aber nichts zu den unterschiedlichen Techniken. Die gomitoli di lana sind Wollknäuel. Und hier https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fc/KnittingMadonna.jpg strickt Maria fürs Jesuskind. 

• Die camera della puerpera ist ein ruhiges Zimmer für die Wöchnerin

indigenza = Armut 

• Seite 34 Bildunterschrift. levatrice = Hebamme

• Seite 35 vitto e alloggio = Kost und Quartier

Es ist Zeit, dass ich eine eigene Geschichte beisteuere:
      Telefon ins Sarntal
Nach dem Krieg waren Telefone immer nur »analog«, also über zwei Drähte gleich einer Leitung miteinander verbunden. Das Wählen erfolgte mechanisch über Nummernscheiben am Apparat und Hebdrehwähler im Amt. Notfalls kam man auch mit einem Draht aus, der zweite wurde durch die Erde ersetzt. So funktionierten Feldtelefone.
   Die Leitung ins Sarntal war natürlich nur ein einziger Draht von Bozen aus dem Weißen Rössl in der Bindergasse bis nach Sarnthein. Zwischendurch konnte angezapft werden, etwa auf Halbweg, in Bundschen oder beim Mader – der Autowerkstatt – im Dorf. Die Auswahl erfolgte durch Drehen der Kurbel, die einen kräftigen Wechselstrom erzeugt, und es bei allen Apparaten klingeln lässt. Die Zahl der Kurbeldrehungenn bezeichnete den Angerufenen, mehr oder weniger. Wer fälschlicherweise abgehoben hatte, konnte ja wieder auflegen. Nur wie oft man für wen drehen musste, das weiß ich nicht. Wer sich genauer erinnert, bitte melden bei mir, Fritz@Joern.De. 

Seite 36. Eine ringhiera ist ein Geländer, die Toilette war vermutlich wie oft am Halbstock.

Ein poggiolo ist ein Balkon. – Was Muraro nicht erzählt ist, dass damals der Balkon des Rathauses – das neue Rathaus hat auch einen – so wichtig war wie heute eine Website. Von dort aus wurden allsonntäglich gleich nach der Messe die amtlichen Neuigkeiten verkündet, deutsch natürlich, sodass der kleine Marzio das vielleicht nicht mitbekommen hat. Also standen alle Bauern am Kirchplatz in ihrer Tracht mit dem Blick auf den Balkon und «losten» (hörten zu) – und die wenigen Fremden am Rathaus auf der Rathaustreppe und fotografierten.

Der tiglio ist hier die gemeine Dorflinde, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Linden_(Gattung)#Kulturgeschichte , im ganzen deutschen Sprachraum eine Institution, nicht bloß in Slowenien. 

Seite 38. Die Geschichte mit der Raiffeisenkasse am Kirchplatz beginnt meines Erachtens erst mit dem Neubau des Gasthofsgebäudes (welches Jahr?) und der Verlegung vom Rott ebenfalls in einen Neubau, aber nicht mehr am Kirchplatz. Der alte Rott auf der Nordseite des Kirchplatzes war eine Fundgrube herkömmlicher Dinge. 

Un canovacchio, auch canavaccio oder canevacchio ist hier ein Geschirrhandtuch, sonst auch der Plot eines Stücks commedia dell’arte.

• Seite 39. tinozza = Wanne

• Das tinello ist das Esszimmer.

• Seite 40, Zur Überschwemmung der Palesine, also der Provinz Rovigo nördlich des Po vor seiner Mündung, siehe https://it.wikipedia.org/wiki/Polesine /wiki/Alluvione_del_Polesine_del_novembre_1951

• Seite 41. giacaglio hier Bettchen

varechina = Küchengeschirr

catramina = Teer 

• Das cavallo a dondolo ist sein Schaukelpferd, die criniera dessen Mähne, ein montone wiederum ein Hammel. borchie di ottone sind Messingbeschlag, redini Zügel, der Rest siehe erstes Bild.

• Zum taglio abusivo dei boschi, dem unerlaubten Abholzen muss man wissen, dass die Bauern, wenn sie Holz brauchten, etwa zum Neubau vom Stadel, gerne das eigene Holz nahmen, auch wenn nicht wirklich genug davon stand. Die Förster achten darauf, dass es nicht zuviele Kahlschäge gibt und zeichnen (merken, markieren) bei der Auszeige jeden einzelnen zu fällenden Baum mit ihrem Beil zweimal an, einmal am übrigbleibenden Wurzelstock und einmal auf Augenhöhe am Stamm, um den Baum beim Fällen schneller zu finden. Der Durchmesser des Baums wird geschätzt oder kluppiert (mit der Kluppe, einer großen Schublehre, gemessen). Ein Förster schreibt, d. h. er macht Punkte oder Striche in vorgedruckten Rechtecken. Je Kästchen kann bis zehn gezählt werden. Ich zeige das einmal:

Ob es eine Standardreihenfolge der Punkte und Striche gibt, weiß ich nicht. Das System ist aber genial.
   Nun aber meine Anmerkung zur Weiterleitung eines Viertels der Strafe in die Gehaltstüte des anzeigenden Försters. Da bin ich kritisch. Später einmal straft Dante Muraro einen Bauern wegen dem illegalem Bau einer Holzseilbahn (»Bremse«) ab, was dann mit zu einer Auseinandersetzung führt und dem Wegzug aus Sarnthein. Ich komme dann noch darauf.

• Seite 44 ciorcioli sind Tschurtschen, Zapfen, https://de.wikipedia.org/wiki/Zapfen_(Botanik)
 


16. August 2023

Großer Gott wir loben dich …


Das kurze Video ist keine repräsentative Afnahme. Mehr aber habe ich mich nicht getraut aufzunehmen, aus Respekt. Das war Mariä Himmelfahrt, 15. August 2023 in Sarnthein, nach der Rückkehr der Prozession zum Abschlusssegen in die Pfarrkirche.

Großer Gott, wir loben dich – das war für mich ein christlicher Hochgesang, wie vielleicht eine Nationalhymne im Profanen. Man stand immer auf dazu und nahm Haltung an. Das Lied wurde selten gesungen, nur zu wirklich feierlichen Anlässen. Es soll dem Te Deum laudamus aus dem vierten Jahrhundert nachkomponiert sein; mehr dazu siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Gott,_wir_loben_dich .

Mir ist dieses Lied zu einem Bekenntnis geworden. Wie vielleicht das God Save the Queen im Kino in England vor Jahren. Nicht als ob ich, als ob man jede Zeile »unterschriebe«, der Text ist überhöht, herausgehoben durch Stil und Aussage. Im normalen, täglichen Leben gibt man Gott billiger, etwa wenn man »Oh Gottogott« sagt, »Ach Gott«, oder gar flucht mit seinem Namen, »Herrgott noch einmal«; aber auch das sagt man schon nicht mehr.  Im Radio spielten sie eine Aufnahme vom Zusammenbrechen der Morandi-Brücke in Genua; man hörte nur ein entsetztes «o Dio, o Dio».

Hier in Sarnthein sangen wir genau zwei Strophen des Liedes, auswendig, ohne Buch, und dann waren wir entlassen, missi eramus, gesandt in Frieden in die Welt. Ich traf die örtlichen Honorationen, sprach mit Italienern, die vielleicht ihre italienische Ferienmesse vermissten, Urlaubern. Ich spreche gern mit den Leuten, denn ich bin schon alt, und da kann ich das ohne Scheu.

Vergleiche zur ausgedünnten Frömmigkeit in Bonn, wo ich lebe, verbieten sich eigentlich. Um so mehr greift es mir ans Herz: Diese volle, schweigende Kirche zu Beginn der Messe um acht, dann der fast schauspielhafte Ablauf der Messe, stets höchstens 45 Minuten; das altmodische Klingeln zur Wandlung und oder zum Niederknien, die Fürbitten geradeheraus und klar für Gott, die Lesung durch die Frau aus dem Gemischtwarengeschäft im Nachbarort in Hochdeutsch, dem man den Dialekt noch nachhört. Klingelbeutel, zwei, an langen Stangen. Der Heilige Geist von vielen noch als Geischt mit sch gebetet. Wird’s vieleicht bald nicht mehr geben, denke ich.

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https://blogabissl.blogspot.com/2023/08/groer-gott-wir-loben-dich.html

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5. August 2023

Geheimnisvolles Blutdruckmessen

Ziemlich ungewöhnlicher  – aber möglicher – Gebrauch eine Blutdruckmessers.
Der kleine Streifen links im Display zeigt durch seine hohe Stellung an,
dass der Blutdruck zu hoch ist. Der Puls von 45, rechts unten, ist sehr tief.

Blutdruckmessen tun mehr Leute, als man sich vorstellt. Onkel Doktor, wenn er oder sie sich dazu persönlich herablässt, schiebt einem eine Manschette über den nackten Oberarm, drückt das »Mikrofon« seines berufsbezeichnenden Hörgeräts (Stethoskop) auf die Armbeuge und fängt an zu pumpen. Dann lässt er den Druck langsam wieder ab. Manchmal hat er zu wenig aufgepumpt, und muss nachpumpen, wie ein Radfahrer mit halb plattem Reifen.

Ich stelle mir das so vor: Im Arm laufen zwei dicke Hauptleitungen fürs Blut, eine hinein (die Arterie, arteria brachialis), die andere hinaus (die Vene, sprich Wene). Das Herz hält normalerweise beide in Betrieb, stoßweise (»Puls«), die Arterie mit höherem Druck, und dann die Vene zum Absaugen mit deutlich weniger. Die Manschette ist eng und kann, aufgepumpt, diese Adern abklemmen. Dann pulst da nichts mehr. – Beim langsamen Luftablassen des Arztes meldet sich zuerst die Arterie zu Wort und dann erst die Vene. Bei welchem Druck das passiert, das ist dann der Blutdruck.

Diese Vorstellung ist aber Quatsch, völliger Unsinn, modern fake halt.
Jetzt geht’s richtig weiter.

120/96 ist etwas zu hoch, siehe links den im oberen Seitenstreifen liegenden Indikator im Display

Es wird immer nur die Arterie abgehört. Fließt das Blut normal durch – oder nur ganz wenig – dann hört man außen nichts davon. Ist der Blutfluss gestört, dann rauscht es drin, angeblich weil sich Blutwirbel bilden und das Blut turbulent statt laminar
strömt. Ein halboffener Wasserhahn zischt ja auch. Gefunden hat diese Geräusche 1905 der russische Arzt und Chirurg Nikolai Sergejewitsch Korotkow (1874–1920).

Und das ist inzwischen auch wieder nicht ganz richtig, macht aber nichts. Im Jahr 2015 erklärte Dr. Charles F. Bubbs von der Purdue University glaubwürdig und nachweisbar die relativ lauten Korotkow-Geräusche nicht mit Blutwirbeln, sondern mit dem flatternden rhythmischen Zusammenklappen der bei niedrigem Druck zu wenig aufgepumpten Arterie. er. Strömungsphysik. Hier seine Studie.

Wie auch immer. Die Wikipedia stellt klar: »Der systolische Wert wird nach Korotkow bei einsetzenden Klopfgeräuschen, der diastolische Druck bei Verschwinden der Geräusche abgelesen.«

Manuell (auskultatorisch) wird der Blutdruck bei schrittweise sinkendem Gegendruck gemessen. 

Ich aber habe ein preiswertes Oberarm-Messgerät (ein Sphygmomanometer) vom Technik-Versandhändler Pearl Marke »Newgen Medicals«, Typ NC-5992 (€ 26), das aus Shēnzhèn in Kanton (Guangdong) kommt, einer Unterprovinzstadt mit 18 Millionen Einwohnern. Mein schlaues Gerät misst beim Hochfahren des Drucks, also wann die immer enger werdende Arterie zu flattern beginnt bis wann sie’s aufgibt. Das geht mE schneller und vermeidet zu hohes Aufpumpen oder Wiederaufpumpen und langsames Ablassen. Es kommt schon vor, dass das Gerät am Anfang einen Hörfehler meldet (Err), und nur dann muss man neu starten.

Außerdem habe ich herausgefunden, dass das Gerät selbst durch zum Beispiel einen Hemdsärmel einwandfrei misst, oft auch durch Dickeres, wie im Bild ganz oben durch das Hemd und eine gefütterte Jacke. Super bequem, wenn’s einmal schnell gehen soll. Richtig ist aber, sich Zeit zu lassen. Wie immer. Im Alter.

Übrigens und PS: Für ein stilles Vaterunser, oft sogar für ein Ave-Maria dazu, reicht die Messzeit gut aus. Empfehlenswert beruhigend und vielleicht helfend dazu

 

Was man beim Abhören zum Blutdruckmessen hört (Korotkoff-Töne) – ein wenig gruselig!

––––

Die Fremdwörter habe ich extra angegeben, weil die inzwischen Mode sind, wie Substantiv für Hauptwort, ohne Kommentar.
 Generell mehr auf zum Beispiel https://www.visomat.de/blutdruck-messen/, https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/biologie_zoophysiologie/electrophys/_v/hubi/blutdruck_hintergrund.pdf
 Über
Scipione Riva-Rocci und die Messung in mmHg statt Pascal: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2014/daz-19-2014/von-riva-rocci-und-korotkoff

Link zu diesem Blogeintrag: 
   https://blogabissl.blogspot.com/2023/08/geheimnisvolles-blutdruckmessen.html

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19. Juli 2023

Der menschengemachte Klimawandel

Der Tanzbach im Sarntal nach dem Starkregen am Freitag, 18. Juni 2021 Links Reste der Gemeindestraße
Album https://photos.app.goo.gl/F3VuAYTFW96A2NxB7

 

Wohl nur ich habe mich gefragt: Und wo bleibt der natürliche, der restliche, der gewöhnliche, erdzeitbedingte Klimawandel?

 »Der Mensch ist die Ursache des Klimawandels«, statuiert die Süddeutsche, hier https://www.sueddeutsche.de/wissen/klimaforschung-klimawandel-mensch-ist-ursache-studie-1.5443664 . Beweis »… zu diesem Schluss kommen 99,9 Prozent aller Studien zu dem Thema.«

Ich erlaube mir trotzdem nachzufragen. Es mag ja sein, dass heute zu 99,9 Prozent über unseren, aktuellen Klimawandel geforscht wird, und dass frühere Klimaveränderungen andere Ursachen hatten. Sehen Sie sich dieses ZDF-Video über die letzte Eiszeit an: 

https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/so-entstand-das-letzte-eiszeitalter-creative-commons-clip-100.html

Da floss die Themse noch in den Rhein, die Ostsee war ein See, und das Meer lang zum Teil 120 Meter tiefer. Das sehen Sie z.B. in Bonn im Landesmuseum.
   Ich will damit sagen, dass klimatisch ganz andere, viel stärkere Kräfte wirken, and dass sie das gern auch relativ langsam tun. Ich bezweifle nicht, dass die neuen Studien recht haben. Nur, dass sich das Klima – ein riesiges Energiegebiet – davon derart beeindrucken lässt, das weiß ich nicht. Noch weniger, dass es sich wie ein Gasherd auf kleine Flamme drehen lässt. Ist der Prozess reversibel? Ruck-zuck mit Elektroautos? Wo der Strom aus Akkus kommt, die … usw. Ich möchte kleine, sachliche Beweise sehen, etwa, dass es durch all unsere Maßnahmen schon mal wo kühler geworden ist. Sagen wir durch grüne Viererplaketten?
   Ist das zu viel verlangt? 

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   https://blogabissl.blogspot.com/2023/07/der-menschengemachte-klimawandel.html
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14. Juli 2023

Fürchterliche KI?

Getreu meines altbewährten Mottos: »Wenn ich’s nicht kapier’, ist was faul!« habe ich mir jetzt die Ängste vor KI, künstlicher Intelligenz, angesehen. Arrogant, nicht? Doch lassen wir das.

Meine Intelligenz ist durchaus durchschnittlich, aber noch da, wie ich selbst. Ich also »KI-Gefahr« gegoogelt und zu einem ZDF-Interview  gekommen:  

 

Das Vier-Minuten-Interview finden Sie auf https://youtu.be/r6NEcHUVGAk , wenn es nicht inzwischen dort fort ist. Christian Sievers interviewt eine von ihm so genannte Jenny, eine Avatarin, die behauptet, keine Gefühle zu haben.
   Jedenfalls sagt sie zu künstlicher Intelligenz (die ich bewußt noch klein schreibe) Ki, wie Kind ohne ind, statt Ka-Ih. Woher soll sie’s auch wissen. Sie kann nur viel lesen, nicht zuhören, was bekanntlich auch zu langsam geht. 

Und gerade weil zum Beispiel Chat GPT, der Generative Pre-trained Transformer, vermutlich keine Leseerfahrung hat, nicht fernsieht oder DLF hört, weiß das resultierende Mädl nicht, wie man im Deutschen KI ausspricht. Einmal hat sie’s aber schon richtig! Sie ist scheints auf höflich-hölzern getrimmt, spricht lange Sätze ohne Luftholen wie ein Politiker, und lächelt ohne Unterlass …

KI wird angeklagt, unerlaubt Datenmassen durchsucht zu haben – aber das tut Goggle auch. Und noch niemandem ist ein Zacken aus der Krone gefallen. Dass im Einsatz von KI Fehler passieren können, das kennen wir schon von zum Beispiel Übersetungsprogrammen oder Navigationssystemen. Je nach Einsatz kann das sehr gefährlich werden, meines Erachtens aber nicht viel mehr als sonst. Zitat aus dem Spiegel: »Nicht wegen einer technischen Panne, sondern weil die beteiligten Wissenschaftler in verschiedenen Maßeinheiten rechneten, ist die 125 Millionen teure Marssonde Climate Orbiter abgestürzt. Ein klassischer Schülerfehler führte bei der Übersetzung vom amerikanischen ins metrische Maßsystem zur peinlichsten Pleite der Nasa. Eine weitere Sonde ist vielleicht mit denselben Fehlberechnungen zum Mars unterwegs.« 

Also: Bei KI immer auch menschliche Intelligenz walten Lassen, mI, zuminest plausibilisieren, plausibilisieren, plausibilisieren. Glauben kann man an Gott und KI, wissen, etwas sicher wissen nur durch Wissen, Denken und Prüfen, auf den Grund gehen! 

Und dann muss das meist ein anderer auch noch verstehen, oft glauben. 

PS. Vor vielleicht fünfzig Jahren hatte ich Weizenbaums Eliza, * 1960, in Basic auf einem HP-Timesharingsystem nachprogrammiert. Das ging eigentlich einfach. Wenn der Computer gar keine Antwort mehr wusste, so stellte er die Gegenfrage: »Was meinen Sie mit … ?«, und schwindelte sich so aus der Zwickmühle. Vor allem durfte man das »Interview« nicht zu lange laufen lassen.

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   https://blogabissl.blogspot.com/2023/07/furchterliche-ki.html

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Interessant auch https://youtu.be/hGNS5G8kJrE 

13. Juli 2023

Öffnungszeiten Post Bonngasse Ecke Friedrichstraße Bonn




4.9. 13.32. Wartezeit so zwanzig Minuten. Ein bis zwei gaben auf.
Sitzbänke gibt’s nicht. Bringen Sie Ihre Post und Geduld mit!
Sie werden dann mit einem immer freundlichen Hallo begrüßt.

Stand 12. September 2023 – Sieht ja wieder echt gut aus! Juhu, gratuliere.
Ohne Garantie.. Die Post ändert je nach Lage ihre Zeiten, häufig! S.e.e.o.

Permalink hierher
   https://blogabissl.blogspot.com/2023/07/offnungszeiten-post-bonngasse-ecke.html

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12. Juli 2023

Perspective Image Correction no source image. Originalbild kommt nicht

A super program!
   

Bug. Sometimes it does
    not show the "source image"
    on the left side.
 

 

Cure

DEACTIVATE  “Auto undistort source image active" – Häkchen weg und neu starten:

OK without the check mark you see the original distorted picture.
Ohne das Häkchen ganz unten erscheint die verzerrte Aufname.
(Man beachte rechts unten Tag 4: 59° maximal und Schneefall!)


Permalink to here:
   https://blogabissl.blogspot.com/2023/07/perspective-image-correction-no-source.html

Perspective Image Correction is here:
   https://sourceforge.net/projects/perspectiveimg/

One of the best features: Store result corrected image in any picture format BMP, JPR, GIF, PNG just by naming the result file accordingly. Bildformatauswahl durch entsprechendes Benennen.
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2. Juli 2023

„Gänsefüße“, bitte nicht!

Die meine ich, oder auch »die«, die m.E. schöneren »französischen«. Es geht mir um Schreibung, grob gesagt um Sprache.

Der berühmteste Fall von Anführungszeichen umgab die »DDR«, noch zur Zeit, als es die gab und sie darauf bestand, den westlichen deutschen Staat BRD zu nennen, ihren eigenen DDR und Deutschland überhaupt nicht. Besonders die Springer-Presse, Welt, Bild, etc., hielt lang an den Anführungszeichen um die DDR fest, um anzudeuten, dass die nur sich selbst so nannte, und es sie eigentlich gar nicht gab. Bis zum Mittwoch, den 2. August 1989, siehe https://www.newsroom.de/news/aktuelle-meldungen/medien-19/historischer-fehler-vor-30-jahren-verschwanden-ddr-gaensefuesschen-897200/

Mir fällt auf, dass inzwischen wieder öfter gegänsefüßt wird, weil man andeuten will, dass man etwas zwar so nennt aber eigentlich gar nicht so meint. Außerdem sind diese Satzzeichen mitten im Text, ja im und am Wort – wie das junge Gendersternchen – nicht laut lesbar, sind unaussprechlich. Der offizielle deutsche Rat für Rechtschreibung erlaubt keine Gendersterne. Viele, selbst offizielle Stellen, die sich eigentlich an die amtliche Rechtschreibung halten müssten, gendern aber überzuvorkommend mit Sternen, Doppelpunkten oder anderen Unaussprechlichkeiten. Da werden Gänsefüße gerne mit genommen, wie noch’n Gewürz in die eh schon gesalzene Suppe. Wir haben’s ja.

Ich bin dagegen. Deine Rede sei Ja,ja, Nein, nein! Der Autor muss sich trauen, das Wort seiner Wahl zu nehmen, und nicht kokett bloß das »Gänsefußderivat«. Achten Sie drauf.

PS. Ebenso störend finde ich es, einen ehrlichen Studenten, der generisch auch einfach eine Studentin sein kann, auf einmal einen Studierenden (»Studierenden« in Anführungszeichen?) zu nennen. Das fällt dann jedem, der schon etwas länger lesen kann, unnötig auf, siehe https://blogabissl.blogspot.com/2021/11/gendern-usw.html . Gendern spaltet die Gesellschaft (und bringt nichts). Dann wird bald jeder Arbeiter eine Arbeiter(:)in oder ein Arbeitender.

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Permalink hierher:
  
https://blogabissl.blogspot.com/2023/07/gansefue-bitte-nicht.html

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30. Juni 2023

Hans Küng: »Was ich glaube«

»Von ›Lebensvertrauen‹ über ›Lebensfreude‹, ›Lebenssinn‹ und ›Lebensleid‹ schreibt Küng und schreibt so eine ›summa‹ seines Glaubens – und Lebens«, Klappentext. 2009 erschienen, 8. Auflage 2010, ca. € 20.
   Hans Küng, 19. März 1928 — 6. April 2021, wurde 93 Jahre alt. Zuletzt litt er an Parkinson und hatte sich zurückgezogen. Küng war Priester. Er lebte mit einer Freundin zusammen , wie andere Priester oft auch. Die Lehrerlaubnis wurde ihm 1979 von der deutschen Bischofskonferenz entzogen. (Die lange Wikipedia-
Liste von katholischen Theologen, denen die Lehrerlaubnis entzogen wurde habe ich mir in Word einmal nach den Jahreszahlen sortiert. Nach Küng wurden schon viezig weitere Theologinnen oder Theologen aus mannigfaltigen, zum Teil interessanten Gründen so bestraft.)
   Küngs »Was ich glaube» hat mir ein guter Freund geschenkt. Er selbst war 13 Jahre lang nicht dazugekommen, das 320-seitige
Buch zu lesen. Ich gestehe, dass ich mich auch »durchbeißen« musste, am Ende sogar nur überflog. Küngs Schlussfolgerungen und Ideen erscheinen nach dem Ukrainekrieg zum Teil hausbacken und »abgelaufen«, wofür er nichts kann. Der bemüht einfache, oft nachgerade betuliche Stil ist auch nicht jedermanns Sache. Aber: Ich kannte Küng persönlih als sympathischen, hochinteressanten Redner und Mensch. Ich stehe sozusagen »auf seiner Seite«.
   Die Informationen sind für einen interessierten Christen, vor allem einem Katholiken, oft neu und hochinteressant. Ich nehme viel mit aus »Küngs Glauben«, vor allem aber aus seinem durchdachten riesigen Wissen.
   Schauen wir auf die Einzelheiten:

• Seite 28. Da fragt sich Küng, was eigentlich aus einem braven Muslim oder auch »nur« einem Protestanten wird nach dem Tod? Alle ab in die Hölle? Oder nur in die Vorhölle, den Limbus (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Limbus_(Theologie) )? Man weiß et nich.
• Seite 37. Da geht es um die Wirtschaftskrise 2008/2009. Und immer, wenn Küng außergalb seiner studierten und aberstudierten Theologie argumentiert, werde ich stutzig. Da kommen dann oft populistische Vorurteile zutage, platte, die ich lieber anderswo besprochen läse.
• Seite 38 – Hier geht es erstmals um die unbeugsame römische Kurie, ganz unten in der letzten Zeile bginnend.
• Seite 48 und 50. Da meint Küng, dass Nihilisten nicht zu trauen sei, weil sie definitionsgemäß an nichts als an sich selbst glauben. Angesichts der überwältigenden Zahl Nicht-Gläuiger denke ich, dass das so nicht stimmt. Fast jeder hält eine Meinung hoch, die oft kein Wissen sondern ein Glauben ist, bona fide, gutgläubig. Man braucht ja nur eine Meinung oft genug zu vertreten, so wird sie einem zum Dogma, zur festen Überzeugung, ja zu Glauben.
• Seite 57. Küngss Polemik gegen den »lebensgefährdenden Raubtierkapitalismus« halte ich für platte Polemik. Andererseits teile ich Küngs Feststellung nicht: »Immer und überall können Lebewesen nur überleben, wenn sie andere Lebewesen schädigen, gar vernichten.« – Vegetarier essen nur Pflanzliches. Aber das sind doch auch Lebewesen, werden Sie sagen. Dagegen dann ich: Pflanzen leben von Sonne, Erde und Wasser, die gewiss keine organische Natur sind. Ich glaube an Darvinismus allüberall, selbst wo Küng eine Vernunft des Weltenbauers walten lässt.
   Gerade dadurch wird mir das Christentum, das Sanftmut und Nächstenliebe ansetzt, zum positiven Geheimnis. Warum hat sich beim Überleben der Fitesten nicht Gewalt durchgesetzt? Oder kommt das noch?
• Seite 66 unten. Da erwähnt Küng Mozarts Klarinettenkonzert. Dazu hätte selbst ich Musikbanause meine eigene, glückliche Geschichte … Ein Gottesbeweis ist sie nicht, höchstens ein kleines »Maria hat geholfen».
• (Eigentlich könnten Sie jetzt hier zu lesen aufhören!) Trotzdem: Die von Küng auf
• Seite 69. festgehaltene »Sonderstellung des Menschn gegenüber den Tieren« wird sich am Ende nicht halten lassen, tut nichts zur Sache.
• Seite 73. Die verschiedensten Religionen der Erde entwickelten laut Küng ähnliche Normen (Grundregeln): »erstens den Schutz des Lebens, also das Verbot, Menschen zu töten, zweitens den Schutz des Eigentums (nicht stehlen!), drittens den Schutz der Ehre (Beleidigung, gegen die Würde), viertens die »Regelung der Beziehungen zwischen den Geschlechtern« (Sex)
• Seite 75 unten, zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–65) und »Humanæ Vitæ«, dann den Entzug von Küngs katholisch-kirchlicher Lehrerlaubnis. Eine Schlüsselstelle.Stichwörter: Sexualmoral, Unfehlbarkeit.
• Seite 85, unwichtig. Hier machr Küng den »amerikanischen« Fehler, kontrollieren als prüfen, aber auch im Deutschen fälschlich als steuern zu nutzen. Triebe »im Zaum zu halten« wäre angebrachter, als sie bloß zu kontrollieren.
• Seite 90, 91 und vorher. Küngs Gedanken zum Weltethos, seine »vier ethischen Imperative« haben nicht eingeschlagen.
   Das Gerede vom Turbokapitalismus und Neoimperialismus halte ich für modisch-populistisch. Das werden dann unendliche Geschichten: Als ob die Reichsten im Staate, nämlich der Staat selbst, besser wären, ethischer. Selbst Verfehlungen, ja Brutalitäten der Kirche (etwa Zwangszölibat, Vertuschungen, Geheimjustiz u.a.) sind mindestens so fragwürdig.

Aus Zürich

• Seite 95, Lebenssinn. Noch im Jüdischen »sind wir in die Welt gekommen, um dich [Herr] anzuerkennen und dich zu kennen« (https://www.herder.de/cig/cig-ausgaben/archiv/2018/6-2018/dich-kennen/), inzwischen ist’s umgekehrt: Gott ist für uns da, siehe Bild links. Für mich selbst muss ich zugeben, dass mich dieser Frage: »Warum lebe ich?« nie umgetrieben hat. Biologisch ist mir das klar, doch Ursache ist kein Sinn. Ich bin (noch) einfach da und versuche was Gutes daraus zu machen. Und auch das wieder gibt keinen Sinn. Ist halt so.
   Auch den »Lebensgrund», Seite 125, überschlage ich, obwohl da interessante Fragen aufgworfen werden, etwa
• Seite 146 Gottesbeweise. Die wurden bei meinem Abitur noch verlangt, inzwischen wohl nicht mehr.
• Auf Seite 147, wo klar gefragt wird: »Eine Evolution auf den Menschen hin?«, habe ich mir ebenso klar beantwortet: »Nein!«. Da hätte auch etwas ganz anderes herauskommen können als der homo sapiens.
• Seite 148. Dass Aliens nicht in Sicht sind, hat mit der Sicht zu tun – der Weltraum ist einfach zu weitäufig –, und nicht mit der Vermutung, dass es Außerirdische nicht gibt. Ich halte sie für wahrscheinlich. Warum soll unsere Entwicklung einzigartig sein? Die Evolution wird anderswo anders verlaufen sein, vielleicht ähnlich. Ein »Metagesetz« brauchr man dazu nicht zu bemühen, wie denn auch Küng zugibt. Wir werden’s nie wissen. Nichts lässt sich nicht beweisen. Außer wir krümmen uns den Raum zurecht. Siehe dazu mein »Über die Leere im Raum (und uns in ihm) «. 
• Seite 158. Küngs Glauben war stärker als der vieler von uns, auch meiner. Er hielt »Gott als Name für einen tragenden Sinn-Grund des Ganzen« Etwas wacklig formuliert ist das schon, aber es ist affirmativer als die vage Mehrheitsmeinung, dass es wohl einen Gott gibt (er existiert), der aber nicht unbedingt gibt (etwas austeilt).
• Auf Seite 159 steht: »Im Glaubensbekenntnis wird dieses ›an‹ im Zusammenhang von ›Kirche‹ vermieden.« Da muss man »dieses« betonen, dieses ›an‹, weil man ja doch zusagt: »Ich glaube an […] die heilige katholische Kirche,« Wenn ich mir ehrlich bin: eine satte Lüge, Teil der Schizophrenie, in die die aktuelle Kirche uns heute bringt.
• Seite 169 und weiter. Die Konkretisierung von Gott, dessen Ebenbild wir ja angeblich sind, als ganz anders (totaliter aliter) und dann doch mit Bart vorzustellen – oder später übermalt ohne (Fresken in Kloster Marienberg ), ist bedenkenswert.
• Seite 175. Küng schreibt von seinen sieben römischen Jahren im Collegium Germanicum , und all den täglichen Gebeten.
• Seite 182. »Wenn immer ich […] in einem Gottesdienst das ›Vaterunser‹ [ja warum das denn in Anführungszeichen?] einzuleiten habe, sage ich: ›Lasset uns beten zum unsagbaren Geheimnis in unserem Leben, das uns Vater und Mutter in einem ist …‹«. Etwas hölzern, doch so etwas sollte man sich merken, zumal sich die aktuelle Einleitung in der Messe » … wie es der Herr uns gelehrt hat« gewiss nicht auf die (für mich protestantische) Zusatzbemerkung bezieht: »
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit«..
   Küngs weitere Überlegungen zu Monotheismus fand ich interessant, obwohl mich einerseits das Geheimnis der Dreifaltigkeit und andererseits die der Heiligen und Engel wenig umtreiben. Ein Ein-Gott-Glaube ist gewiss praktischer, kompakter.
• Seite 190 Teilhard de Chardin (1881–1955), zu seinem Grab weiß Wikipedia weiter. 
• Auf den Seiten 202 ff bekommt man einen interessanten und persönlichen Begriff von Religionen und Spiritualität.
• Seite 224. Da gibt es (arme) Sünderinnen.
Nach ein paar interessanten Seiten kommen wir zu
• Seite 250, dem Gekreuzigten von Mathias Grunewald

1512—1516 Ausschnitt, Wikipedia

• Seite 229, Jesus im Koran: Ein anderer seii an Jesu Stelle gekreuzigt worden, Jesus aber sei direkt zu Gott erhöht worden.
   Christusnachfolge, Kreuzesnachfolge ist nicht maximales Mitleiden. Küng meint auf
• Seite 252: »mein eigenes Kreuz auf mich nehmen«. Bescheiden, unauffällig, wie der Bub aus Mutters Geschichte auf der folgenden Seite 253 oben.
Seiten 264 und 265. Wieder historisch recht interessant, bis zur katholisch-idealen Liebe ohne Leidenschaft ….
• Auf Seite 268 zum Ausgleich schöne Liebesgedanken. 

Damit ende ich, getröstet, beglückt von all der Freundschaft und Freundlichkeit, die mir entegenkommt. Ich nenn’s Gottes Liebe und zwinkere dazu.

Permalink hierher:
   https://blogabissl.blogspot.com/2023/06/hans-kung-was-ich-glaube.html

Wo Küng im Buch über die Klassifizierung von Religionen schreibt, habe ich nicht mehr gefunden. Dazu ein Auszug aus einem Interview (mit Hervorhebungen von mir):
   »Es gibt drei große Flusssysteme der Religionen der Menschheit, wenn wir jetzt die Hochreligionen anschauen, die ersten kennen alle, die sind im Nahen Osten geboren, das sind die prophetischen Religionen Judentum, Christentum und Islam. Wenn man weitergeht nach Osten, die Religionen indischen Ursprungs, die haben keinen prophetischen Charakter, sondern einen mystischen Charakter, die gehen nach innen, die sind auf Meditation aus, das ist Buddhismus - sofern man da von Gottesglauben reden kann - das ist der Hinduismus, die verschiedenen Hindureligionen, und es gibt ein drittes großes Flusssystem, das sind die Religionen chinesischen Ursprungs, das sind Weisheitsreligionen, da ist der höchste Typus nicht der Prophet und nicht der Mystiker, sondern der Weise. Das ist der Konfuzianismus, der Taoismus, und wenn Sie mich jetzt fragen: Was ist denen allen gemeinsam, dann glaube ich, und habe ich auch untersucht, und werden mir auch Fachgelehrte bestätigen, dass es einige elementare Imperative gibt, die all diesen Religionen gemeinsam sind. Also gerade das, was heute abhanden gekommen ist:

  • Du sollst nicht töten.
  • Du sollst nicht stehlen.
  • Du sollst nicht lügen.
  • Du sollst Deine Eltern ehren, was sicher auch das Gegenteil besagt: Die Eltern sollen auch die Kinder ehren...
  • »Was ich glaube« bei Google:
       https://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=uKgUAwAAQBAJ&oi=fnd&pg=PT3&dq=k%C3%BCng+religionen+vier&ots=wcVWcRdSyj&sig=i5ShAVVj36IB9Y71s24_zoXoxXI#v=onepage&q=k%C3%BCng%20religionen%20vier&f=false

    Küngs letztes Interview
       https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/letztes-interview-der-verstorbene-hans-kueng-sagte-2013-ich-bin-in-der-endphase-ld.2122364

    Küng-Nachruf im Deutschlandfunk:
       https://www.deutschlandfunk.de/zum-tod-des-theologen-hans-kueng-ein-reiches-und-spannendes-100.html mit weiteren Links. Interessant!

    Küng in einfacher Sprache: https://orf.at/einfach/stories/3208455/

    Gescheite Gedanken zu Küng:
       https://www.ev-akademiker.de/wp-content/uploads/StellungnahmeKueng.pdf

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    Picasa zeigt links kein Bearbeitungsfeld mehr – lost command field

     If Picasa shows only the one picture to edit, nothing at left nor right – no panic! –

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    hunky-dory – alles paletti

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