30. Juli 2007
Der Tag begann kühl, 19°, und windig. Am Vormittag ist Gisela mit Carla nach Bozen gefahren, ich bin in den Wald gegangen. Carlas Liebe zur Stadt, und hauptsächlich zu ihrer Mutter, überragt jeden natürlichen Tannenbaum. Und so viele Tannenbäume waren es auch nicht, genaugenommen gar keiner, denn die gängigen Nadelbäume heißen hier Fichten. Richtige Edeltannen haben wir nur auf der Schattseite. Ich aber bin auf die die Sonnseite gegangen, zum Schlag unterhalb vom Anreuthel. Dort haben wir drei Jahre hintereinander Käferbäume (immer Fichten) schlagen müssen und natürlich immer ein paar Bäume drumherum. Jetzt sieht der Schlag aus wie eine Erlenaufzucht mit Dornen, Lianen (»Judenstricken«, von Jutenstricken), zum Teil armdick. Wann da wieder Fichten kommen sollen, weiß der Himmel. Dafür ist der Blick schön und frei, hier hinüber zu den Sulfertalerhöfen. Übrigens: Das Holz an das hiesige Sägewerk zu verkaufen, war ich mir mit Igor schon gestern einig geworden. Ich musste nur Paris noch abtelefonieren, leider.
Zurück am Hof fiel mir auf, dass der Kleiderhaken aus einem einfachen fingerdicken Haselnussstock, den ich vor ein paar Jahren in ein Loch in der Stubentäfelung gesteckt hatte, vom Holzbock befallen war. Äußerlich war fast nicht zu sehen, unter der Rinde aber Gänge voller Sägespäne. Im Bild der halb freigelegte Stock. Eine Pest.
Gisela suchte nach Sarner Ohrringen – diesen typisch achteckigen – und Dingen für Carlas Schultüte, Pixi-Bücher, Kleinigkeiten. Carla bekam ein paar dunkelblaue Lackschuhe für siebzig Euro (angeblich statt hundertzwei).
Weil die Damen lange nicht aus der Stadt zurückkamen, fing ich an »Gut gegen Nordwind« von Daniel Glattauer zu lesen, einen E-Mail-Roman, den mir Michael Altenhövel vor lauter Begeisterung zugeschickt hatte. Liest sich gut, glatt. Wobei ich erwähnen sollte, dass ich in meinen gelegentlich schlafschwachen Nächten italienische Fotoromane lese, reduzierte, immer drei Romane für drei Euro fünfzig. Sie werden in Bozen von unter dem Ladentisch verkauft, obwohl sie garantiert jugendfrei und harmlos sind. Neu kosten die Dinger vielleicht 2,50 Euro das Stück, die Wiederauflagen sind dann viel billiger und bis zu acht Jahre alt, was den Reiz noch erhöht, modisch bezüglich beispielsweise Nabelfreiheit und technisch mit längst überholten Handys etwa. Auch diese Geschichten sind eher trivial, aber schöön. Im Übrigen ist mir meine Brille beim letzten Heuen ganz auseinandergefallen, sodass ich jetzt ohne herumlaufe und beim Lesen gelegentlich etwas eigene Phantasie einsetzen muss. Soweit die Literaturszene Siebenfahr.
Am Nachmittag ließ ich mit Carla hinter dem Stadl Drachen steigen. Der Wind war stark aber zu böig.
Abends kam Igors nette (italienische) Mutter zu Besuch bei Igor und Martina. Wir hatten Besuch von zwei der drei Brüder Ebner. Michl brachte ein schönes Buch mit, »Brauchtum in Südtirol« von Guido Mangold und Hans Grießmair, Toni Rotwein mit Schnauzer-Karikatur. Zum Draußensitzen war es zu kalt und windig, wir machten es uns in der Stube gemütlich, nachdem ich den beiden das Haus gezeigt hatte. Gisela hatte mit Carla Salat und zweierlei Quiche gemacht. Gute Unterhaltung, leider wieder zu kurz bezw. selbst zu viel geredet. Die alten Schlern-Hefte müssten jetzt digitalisiert sein, da muss ich einmal nachfragen. Und für Südtirol sollen Wiki-Seiten angelegt werden, ein Anschubprojekt, an dem Michls Tochter Cosima mitwirkt.
29. Juli 2007
Ein ereignisreicher Tag. Schon in der Früh mussten wir uns nach einer ruhigen halben Stunde bei Tee und Morgenluft am Hof trennen. Der erste Tee draußen am Hof, vor Sonnenaufgang oder bei der ersten Sonne, das sind immer friedliche Momente. Die Sonne geht ja hier spät auf, weil der Hof an einem Osthang liegt. Dafür bleibt sie abends länger als gegenüber, allerdings lange nicht so lange wie beim nächsthöheren Nachbarn ...
G. fuhr um zehn nach neun mit Carla in die Kirche ins Dorf, fromm und brav, Fritz wartete auf den Holzhändler Elio Paris, der sich für zehn Uhr angemeldet hatte. Er kommt aus dem Nonsberg, schon aus der italienischen Gegend, fährt über Lana hierher, eineinhalb Stunden. Er kam mit seiner Frau, brachte eine große Flasche selbstgemachten Rotwein mit, den ich kühl halten sollte. Wir sind dann in den Wald hinauf gefahren, haben die Käferbäume und die zu schlagenden drumherum angesehen. Und weil’s grad so schön war, sind wir weiter und immer weiter hinauf gefahren, bis schließlich zu Edgar jun. auf die Lentsch. Ein herrlicher Blick von dort oben, besonders auf Sarnthein. Bis wir wieder unten am Hof waren, war es fast schon halb zwölf. G. hatte Speck und Brot gerichtet, perfekt die Landfrau.
Zu unserer Grilleinladung bei Stroblmairs in Jenesien kamen wir dann am Ende fast eine Stunde zu spät, gemildert durch Telefonate, aber trotzdem schade, denn sie hatten mit uns sozusagen nach der Kirche schon gerechnet und machen immer ganz perfektes Essen, À-point-Grilladen sozusagen. Jedenfalls war’s eine gute Ausrede, die Direttissima hinauf nach Jenesien zu nehmen, ein abenteuerlich steiles Sträßchen vom Talfertal in Bozen hinauf durch Weinberge zur Ruine Runkelstein. Fritz ließ die mechanischen Pferde springen und die vier angetriebenen Räder Asphalt und Beton greifen, G. hielt tapfer die Luft an, und Carla wurde es nicht einmal schlecht. Unten ist der »Einstieg« bei der Seilbahn-Talsatation rechts vom Bach, oben war das gute Gasthaus übrigens geschlossen. Es ist zu heiß dort, sagten Stroblmairs. Bei der Ruine Rafenstein sollte man links, also talauswärts fahren, trotz leichtem Verbot, die Straße ist besser und viel kürzer als der Rumpelweg taleinwärts Richtung Afing.
Bei Stroblmairs war es wieder edel und gut. Im Bild sieht man uns unter der Treppe sitzen, die zu ihrer kleinen Sommerwohnung führt. Leckeres Essen vom Grill und feinstes Fleisch – auf Lamm hatten sie wegen Carla verzichtet (Oh, diese verzogenen Einzelkinder!) – selbstgemachten Krautsalat mit Speckstücken, selbstgedünstete Peperonata, dann, nach einer gehörigen Mittagsruhe G.s Marillenkuchen zum Kaffee. Carla spielte mit den Kindern der Bauern, mit Peter und Verena, dem Baby. Ein fröhlicher Nachmittag.
Abends dann Carla baden, Nudeln für sie, ins Bett, wie immer von G., während Fritz draußen das letzte Licht zum Tagebuschschreiben und für die Abstimmung mit Igor wegen dem Holz ausnutzt. Die Schreiberei hat inzwischen Routine: Fotos auf den Laptop ziehen, umbenennen, drehen, Panoramen »kleben«, ganz blöde Bilder löschen. Dann in Picasa ansehen und eventuell verbessern, ausrichten, bescheiden. Nicht vergessen, die Picasa-bearbeiteten Bilder zu speichern. Danach ’s Tagbuch in Word konzipieren. Inzwischen ist es dunkel geworden, ich muss herein, und hier wartet dann schon die Telefonleitung auf das Laptop-Modem. Damit wird dann der Blog zusammengestellt, erst der Text transferiert, dann ein paar Bilder, nicht zu viele, schon weil’s immer lang dauert. Beim Upload ein bisschen Download starten: Die Outlook-Mail abrufen und vielleicht die eine oder andere Sache im Web nachsehen. Inzwischen liest G. ihre Krimis. Mal sehen, wie lange ich heute brauche ...
Technik. Schön und gut, aber jetzt zeigt mir mein gutes DU-Meter laufend einen Download von über 20 kbit/s an, der mir den Foto-Upload auf wenige kbit/s herunterbremst, und ich habe keinen Schimmer, was das ist. Mail ists nicht, das wüsste ich. Jetzt ist die Orgie zu Ende, der Upload geht wieder hoch auf 22 kbit/s. Und siehe da, die Antivirensoftware von Kaspersky meldet eine versteckte Updateinstallation von Google-Desktop-Software, und ob ich die zulassen will? Das war es also. Ja, und das ist wieder einmal so eine ärgerliche Verantwortungsdelagation »nach oben«: Wie soll ich den wissen, ob das wirklich Google ist oder vielleicht doch ein böser Trojaner, der sich als Google-Desktop-Update ausgibt? Vertrauenswürdig (und erfahren ...) wie ich bin, lasse ich alles großzügig zu, schon, um die Datenmengen nicht umsonst geladen zu haben und meine Ruhe zu kriegen. Technikende. 22.10 Uhr, Post veröffentlichen. Ansehen, Korrektur, bald halb elf. Aber auch G. ist noch im Showdown, unansprechbar.
28. Juli 2007
Samstag, 28. Juli 2007 – Sarnthein, Osterbach, alle am Ritten
Noch ein Nachtrag zu den Koordinaten des Hofes: 46° 35' 51" Nord, 11° 23' 7" Ost. Eine Bogensekunde (") entspricht hier bei den Längengraden (»Ost«) etwa 21,5 Meter und bei den Breitengraden (»Nord«) etwa 3,1 Meter. Bei letzteren ist der Abstand immer gleich, nur die Längengrade ziehen sich zum Äquator hin in die Breite beziehungsweise dann dort auf die 21,5 Meter, die das gleichmäßige Netz der Breitengrade aufweist, oder? Helmut Stroblmair und ich haben es am 21. am Putzenkreuz in der Wanderkarte nachgemessen. Die Navigationssysteme weichen erfahrungsgemäß nur in Sekunden voneinander ab. Im Bild der Sonnenaufgang heute früh, 9.20 Uhr.
Zum Samstag: Pohlers waren ja nun weg mit ihrer Emely und sandten eine SMS, gut in Bonn angekommen zu sein. Max und Ulli wollten wie wir ins Dorf, waren aber später dran. Eine kleine Steuerrückzahlung aus dem Jahr 2003 lockte, abzuholen persönlich beim Postamt, bei mir 259 Euro und Euro 10,68 Zinsen. Immerhin. Und Altpapier und Flaschen wegbringen mussten wir auch und einkaufen – das Dorf war voll – und natürlich im Café Kirchplatz einen Kaffee trinken, Carla ihr Eis bekommen. Den angebrochenen Vormittag wollten wir auf der Pichlbergalm beschließen, honnie soit chi mal y pense, der Skiberg oberhalb von Reinswald hat etwas mit dem Pichler-Bauern dort im Tal zu tun und nichts mit »picheln«, bayrisch bechern! Pech auch, die Schwebebahn, die auf über zweitausend Meter führt, hatte von zwölf bis vier Mittagspause. Also sind wir ein wenig Richtung Mühlen gegangen, in guter Höhenluft (Reinswald liegt 1500 Meter hoch), an mehr oder weniger verfallenden Höfen vorbei, und dann bald wieder zum Hof zurückgefahren.
Am Nachmittag hat Gisela einen Marillenkuchen für morgen gebacken. Fritz ist mit den Kindern Theresa, Simon und Carla zum Osterbach gefahren. Es war eher schattig, hat ihnen aber viel Spass gemacht. Am Hof Seifenblasen.
Um sechs waren wir schon in Klobenstein am Ritten in der Pizzeria in der Kurve mit Edgar und seinen Kindern verabredet, kamen natürlich zu spät. Ein geselliger Abend. Gisela hat schnell noch James für zehn Euro seinen schon ausgelesenen “Harry Potter and the Deathly Hallows” abgekauft, bevor sich die Jungs zum CD-Hören ins Auto zurückziehen konnten. Im Bild Max und Ulli (vorne ihre Theresa, 9, und Simon, 7), Petra und Edgar, Gisela und Fritz (vorne Carla, 5), Maximilian (10, von Petra), Harry (17), Michael, Douglas (15), James (14).
27. Juli 2007
Freitag früh waren die Kinder die ersten. Carla und Emely liefen beim ersten Geräusch nach oben zu den Max-Kindern (eigentlich Ullis). Dann spielten sie im Hof »Knackwurst«, ein Fangspiel, wo man sich nur hinzuhocken braucht und »Knackwurst« rufen muss, um »freio« zu sein, unantastbar. Fritz machte Riesenseifenblasen. Pohlers schliefen aus, ebenso Max’. Gegen zwölf kam mein Halbbruder Edgar mit seinen drei halbwüchsigen austroamerikanischen Söhnen Harry, Douglas und James, dazu ein Freund, Michael. Sie sind ein paar Tage auf der Lentsch und wollen am Montag weiter nach Genua und dann mit der Fähre nach Spanien.
Die Konzentration am Hof löste sich alsbald auf, zumal der Tag wieder sehr heiß ist: Pohlers mit vier Kindern ab ins Sarner Schwimmbad, letzter Genuss vor der langen Rückfahrt nach Bonn, Max’ nach Mittagsschlaf ins Dort ’was essen, Edgar mit den Jungs zum Montiggler See, damit der Hund auch schwimmen kann. Also sitzen Fritz und Gisela einmal gemütlich alleine am Hof. Zwischendurch läuft die (heute schon) dritte Wäsche. Im Zimmerhüttl trocknet Wäsche innerhalb von Stunden. Das Leben wird immer »städtischer« hier heroben. Wenn man sich nicht eigens darum bemüht, kommt man nicht in den Wald. Im Bild Carla, Theresa, Emely, (Scout, Edgars Hund), Douglas, James, (vorne) Simon, Harry und Michael am Trog.
Abends »Hofversammlung« – die bekommt ein eigenes Protokoll –, jedenfalls friedlich aber nicht immer für alle Beteiligten alle Wünsche erfüllend. Max will nach wie vor aus unserer Erbengemeinschaft ausscheiden, sich Ende August hier Rat bei der Rechtsanwältin holen. Danach wieder opulentes Abendessen, allerdings nur für die »Herrschaften«; alle anderen mussten weg, Michl zu seinem Sohn, Albert zur Arbeit (oder zur Jagd?), die Pächter-Förster hatten schon gegessen und müssen im Übrigen morgen normal arbeiten. Jetzt, nach neun, bringen die Mütter die Kinder ins Bett, ich bewundere den barock bewölkten Abendhimmel und tippe. Da werden es heute keine Sterne werden wie gestern, als ich den Leyrer-Kindern den großen Wagen und Norden zeigte. Im Gegenteil – es gießt.
Der Donnerstag war der Tag der Holzauszeige – für Laien: Auswahl und Markieren der zu fällenden (zu »schlagenden«) Bäume im Wald. Markiert wird durch kurzes Entrinden mit dem Beil an zwei Stellen, in Brusthöhe gut sichtbar und am Wurzelstock für die Ewigkeit als Nachweis, dass das Fällen dieses Baumes erlaubt gewesen war. Die Förster haben dazu ein kleines Beil mit hinten einem scharfen Siegel, der wie eine Punze eingeschlagen wird; ja, und eine »Kluppe« (wie eine riesige Schieb- oder Schublehre) zum Messen des Baumdurchmessers.
Dann noch Gedenken an Dr. Paul Springer, der etwas weiter drin am Spöglerweg abgestürzt war († 18. August 2006), und Gespräche über Durchforstungen und kleine Dienstleistungen der Förster im Wald – beispielsweise für die Forstverwaltung Null zu Null ausgehende Durchforstungsübungen. So sind unsere vorjährigen Lärchenstangen beim Almwegbau in Reinswald gelandet.
Natur-Gedanken, ein Einschub
Mit Mario kam ich natürlich vom Hundertsten ins Tausendste, vor allem zur Frage der Waldbewirtschaftung, wie sehr Eingriffe in die Natur von den Medien und Menschen verteufelt werden, als sei die Natur, auf sich gestellt, gut, harmonisch und das eigentlich Erstrebenswerte. Käferbefall, Windbruch, vielleicht sogar Feuer, was tut’s, dann wächst dort halt später einmal Laubwald, und das ist gut für die Biodiversität. Als ob der Mensch, der sich seit Menschengedenken um den Wald kümmert, die Verantwortung dafür ablegen könnte, oder gar durch Nichtstun seine Hände in Unschuld waschen. Wer gar nichts tut, macht auch keinen Fehler, so die allgemeine Meinung. Warum wohl? Aus Angst, aus Angst vor Veränderung, schon gar aus gezielter, bewusster – oder gelegentlich verfehlter, was so oder so nicht ausbleibt. Man lernt nur durch Fehler. Wir haben hier Schläge, die so groß und vor allem breit sind, dass dort jahrelang Wiese wächst und sonst nichts. Dort kann nicht einmal geweidet werden, geschweige denn, dass unter dem Gras wieder Bäume heranwachsen könnten. Und dann die Klage um die Erhöhung der CO2-Werte, ähnlich panisch wie vor dreißig Jahren um das Waldsterben. Erhöhte CO2-Werte bedeuten Luftdüngung, die Pflanzen wachsen schneller. (Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitiert dazu am 24. Juli 2007 auf Seite T1 Mayeaux et al., 1997, Idso und Idso 2000, und berichtet von 33 bis 70 Prozent höherem Wachstum bei einem Anstieg des CO2-Gehalts um 100 ppm, allerdings auch den Biologen Ernst Beck aus seinem kommenden Buch mit der Aussage, die CO2-Konzentration habe im 19. Jahrhundert durchschnittlich 321 ppm betragen und sei in den letzten zweihundert Jahren schon dreimal, um 1825, 1857 und 1942, höher als heute gewesen, eine ›vorindustrielle Konzentration‹ von 280 ppm habe es nie gegeben. ›Es gibt keinen menschengemachten Treibhauseffekt‹.) Doch zurück zum Wald: Wir müssen uns darum kümmern und mit bestem Wissen und sorgsamer Vorausschau über Generationen versuchen, ihn zu erhalten und zu fördern. Das heißt nicht, dass die Baumsorten, die heute wachsen, genau so stehen bleiben müssen, überhaupt, dass alles beim Alten bleiben müsse, aber es heißt, dass wir überlegen, dass wir wissen, was wir für die Natur wollen.
25. Juli 2007
Gestern Abend war’s noch lang hergegangen, nachdem Pohlers und Gisela ihre Liebe fürs Kartenspiel entdeckt hatten. »Schwimmen« wurde gespielt, bis Nachts um halb eins. Fritz präparierte derweil das Tagebuch (den Blog), seine Online-Artikelliste und erledigte Mail.
Heute wollten die Damen für sich sein, und die Kinder unbedingt ins Schwimmbad. Fritz fand es schade, an so einem kristallklaren Tag (nach Regen) nicht auf den Berg zu gehen. Gekommen ist er nur bis zum Lutter Trögl, den Schaden durch den jüngsten Käferbefall anzusehen (ein Baum im Bild), und das mit dem Auto. Die grünen Nadeln liegen haufenweise am Boden, oben wirds schütter.
Dann sind Stephan und Fritz mit den Kindern ins Sarner Schwimmbad gefahren – bekanntlich der Welt schönst gelegenes –, Stephan sogar gleich zweimal, weil die Kinder die Badetasche neben dem Auto hatten am Hof stehen lassen ... Schön war’s, erfrischend und labend, und gute Pommes dazu. Dazu kommt, dass die hier zahlreiche Jugend gut anzusehen ist, kein Vergleich zu herkömmlichen Bonner Seniorenbadeanstalten. Anschließend ging es statt duschen in den Osterbach.
Sylwia und Gisela navigierten derweil ins heiße Meran. Dort hatten sie Zeit zum Shoppen und Besichtigen. Die Pfarrkirche soll sehr schön sein. Das mitgebrachte Kinderdirndl für Carla wurde uns dann am Hof von den Kindern stolz präsentiert – hier die Emely-Variante –, ebenso die Teekannenwärmehauben [Bild entfernt]. Abendessen am Hof. Jetzt hinter der Bühne Kinder-ins-Bett-Bringen und hier vorne Tagebuchschreiben bei hereinsinkender Dunkelheit, Grillengezirp, Brunnenrauschen und Bier für Stephan. Ich hänge an den Tasten. Einzelne Schwalben aus dem Stadl vertreiben uns die Mücken. Mensch, was willst du mehr.
24. Juli 2007
Dienstag, 24. Juli 2007 – Seilplanung und Pohlers erster Bozenbesuch
Für Fritz ging es um halb neun mit Igor, Paulo und Luis, dem Holzfäller (und Obersalmberger-Bauer) im neuen Panda hinauf in den Wald, die Schneise des Bringungsseils für die nächste Schlägerung planen. Also sind wir vom Italienerweg hinunter zum Spöglerweg, und dann wieder zurück hinauf. Dann haben wir uns wieder den alten Schlag oben im Engen Tal angesehen, auch dort müssen wieder Bäume heraus. Leider kam eben am Abend hier am Hof Albert vorbei, beim Lutter-Trögl – das ich auch am Italienerweg – sei aktuell der Borkenkäfer ausgebrochen.
Zum Abendessen machte Gisela falsches Vitello Tonnato (halt mit Schinken statt mit Kalbfleisch) und Marillenknödel – wieder leckerissimo, wieder zu viel.
23. Juli 2007
Unsere Gäste – nach ihrer nächtlichen Herfahrt und dem langen Tag gestern – haben sich heute erst einmal ausgeschlafen, und erholt von den vorabendlichen Aufregungen: Tochter Emely wollte nun natürlich nur bei ihnen schlafen, statt weiter bei Carla. Als sich das zugunsten Emelys gelöst hatte, und Mutter und Tochter eng gedrängt im Gästebett lagen, fing Vater Stephan an, unbekannte Käfer zu jagen. Hier ein Bild (hinter braunem Glas) mit Bitte um Identifizierung.
Der Vormittag kam ausnahmsweise teilweise bewölkt daher, ohne sengende Sonne, kühle 21° im Schatten. Wir frühstückten draußen. Bis wir loskamen, war es nach zwölf (Fritz hatte Zeit, eine Bergnavigationsglosse zu entwerfen.) Wir fuhren dann zum Oberen Stall, die Kinder spielten dort und Fritz befreite Baumstämme von alten Drähten, die als Kletterseile gedacht gewesen waren, inzwischen aber die Bäume strangulierten. Viel Harz. Die Damen wanderten den Weg herunter, sahen ein Reh, Eidechsen, sammelten Himbeeren, wir trafen Albert und den Haselbrunn Paul.
Wieder am Hof zum Tee erste Kinderkrise: Carla hatte ihre Überraschungseiüberraschung übereilt mit Emely getauscht. Als sie es bereute, war es zu spät. Daraufhin moralische Korrekturen aller Eltern, hemmungsloses Weinen der Beteiligten. Es hat sich wieder gelegt. Fritz und Stephan halfen Igor das Heu im Stadel mit der Gabel aufzuschichten.
Dann feines Abendessen mit Kalbsbraten an Tagliatellen und Salat. Albert kam vorbei in Jägermontur mit Hund zum Ansitzen am Anreuthel. Die Kinder sind verschwunden bei Igor, der Ziehharmonika übt.
22. Juli 2007
Fritz war mit Igor und Martina und ihren Eltern unten an der Leite beim Heuen, was vom Samstag übrig geblieben war. Dazu gleich eine Korrektur: Das Heu, das wir gesammelt haben, war Heu, nicht Grummet. Andere Wiesen wie etwa das Lehen erwarten schon ihren zweiten Schnitt – in ein paar Wochen –, allerdings wurde die relativ trockene Leite vor wenigen Tagen heuer zum ersten Mal geschnitten. Igor war wieder der große Heuträger und dann Steuermann seines Kleintransporters aus Einachs-Zugmotor und angeflanschtem Einachs-Anhänger. Hernach saßen wir dann alle gemütlich bei Kuchen, Tee und Almdudler am Hof. Sturm kam auf, im Tal hat es gewittert, hier nur ein paar große Tropfen geregnet.
21. Juli 2007
Wie bitte? – wird der Leser fragen. Großreinemachen mit Freunden, und irgendetwas Grummeliges? Also: Die »Putzen« sind Höfe oberhalb von Sarnthein (960 m.ü.d.M.) in 1500 Meter Höhe. Unsere Freunde hatten vorgeschlagen: »Am Samstag könnten wir uns zu Mittag am Putzerkreuz treffen. Wir kommen vom Jenesinger Jöchl, und Ihr hättet die Wahl zwischen 1 1/2 Stunden Aufstieg von der Schörgau oder der Anfahrt über Sarnthein und etwa 20 Minuten Spazierweg von den Putzerhöfen (oder etwas dazwischen ..)«.
Schön war’s da oben gewesen und kühl. Am Hof zurück waren wir gegen vier. Hier war die große Grummet-Ernte zugange. Grummet ist das zweite Heu im Jahr, der zweite Schnitt; für uns Städter Heu halt. (Der dritte Schnitt heißt Pofel. Grummet, sprich Gruëmet, kommt von Grünmahd). Igor und Martina hatten eine Menge Freunde zum Helfen eingeladen. Ich traf sie alle auf unserer steilsten Wiese, der Leite, beim Zusammenrechen. Danach trägt Igor dort das Heu in großen Tüchern bis zum nächsten befahrbaren Weg. Auf der Leiten ist es so steil, dass man sich auf dem glatten Gras – die Qualität ist zum Teil gering, glatter Bürstling – fast nicht halten kann. Als ich jetzt eben ein quer geschossenes Foto aufrichtete, waren es glatte dreißig Grad Neigung! Nun sitzt die junge Mannschaft draußen und isst (und die ganz junge, siehe Bilder, ist gar schon im Bett.) Und ich will, hier drin, auch Feierabend machen. Über Nacht kommen Pohlers, Emelys Eltern. Morgen ist Sonntag.
20. Juli 2007
Donnerstag, 19. Juli 2007 – Wald und Verona
Danach haben wir die Stelle des von Igor vorgeschlagenen heurigen Haupthiebes besichtigt, erst von oben her vom Italienerweg (unterhalb der S-Kurve) und dann von unten her vom Spöglerweg. Die Seiltrasse für die Bringung soll mit einem weiteren zuständigen Förster am Dienstag früh passieren, da will ich mit dabei sein. Die eigentliche Auszeige (Aussuchen und Markieren der Stämme) passiert am Donnerstag im Beisein der höheren Experten aus Bozen. Dieser Schlag soll einerseits Endnutzung, andererseits Waldverbesserung sein. Die Bäume stehen zu dicht dort, wachsen nicht mehr richtig.
Hier einen kleinen Abstecher – Rat – zur Positionierung in der Arena von Verona. Die steinernen Treppen, vielleicht dreißig Zentimeter hoch und ebenso tief, eignen sich zum Anlehnen nur in lümmelhafter Stellung, sprich gar nicht – zumal hinter einem schon wieder die Füße der Nächsthöheren stehen. Bei voller Besetzung, und die stellt sich zumindest an den besseren Stellen (keine Scheinwerfermasten im Blickfeld usw.) unweigerlich ein, hat man zu seinen Füßen wieder Leute sitzen, treppauf, treppab. Ein paar Treppen werden allerdings als Querdurchgänge genutzt. Dort sitzt dann niemand. Also hat sich Gisela mit Carla (in unserem Fall) eine Treppe weiter vor gesetzt, und schon hatte sie die Füße frei. Kenner mögen das freilich gleich so tun.
In der Pause, gegen elf, haben wir dann das Weite gesucht bezw. die Kühle im Auto und sind zurückgefahren. Die Kinder hatten schon in der Arena zu schlafen angefangen, im Auto dann erst recht. Gespräche im Auto – nach dergleichen Stress besonders intensiv und förderlich. Um halb zwei waren wir zurück, und dann haben wir noch die Sterne bewundert ...
18. Juli 2007
Mittwoch, 18. Juli 2007 – Bäume und Bad
17. Juli 2007
Ein Schlumpftag. Früh ist ausnahmsweise Gisela als erste wach, ich spät, gegen halb neun ... Anschließend treffen wir uns beim gemütlichen Frühstück am Hof draußen in der Morgensonne, dazu Fünf-Minuten-Eier, hier genau richtig. Giselas Töpfchenbutter entpuppt sich als Margarine mit »Buttergeschmack«, ätsch.
Dies ist übrigens der »alte« erste Hofblick, heute mit Emely und Carla.
16. Juli 2007
Montag, 16. Juli 2007 – Bozen und B.s Besuch
Ein langer, schöner Tag. Für mich erst noch kleine Online-Korrekturen am gestrigen Tagebuch-Blog und dabei schnell ein Datenübertragungsgeschwindigkeitstest über wieistmeineip.de: download 31 kbit/s, upload 22 kbit/s, Festnetz halt und weit weg von der Vermittlung.
Dann ging es vormittags nach Bozen, 21 kindergezählte Tunnells lang. Parken am Waltherplatz. Unter den Lauben in der Madonnen-Apotheke – der Welt schönster – erstand Gisela Geranienöl gegen die Mücken, ich bewunderte das Fresko von »Alb. Stolz, 1927«, und fragte mich, ob mein Kinderbild (auf www.Joern.De/wohnung.htm) von seiner Tochter ist. Dann, in der Bindergasse, bekam Emely endlich »ihr« Kinder-Victorinox samt rotem Band. Und ich bekam meine Erinnerungen ... Die Bindergasse war unsere Einkaufsgasse gewesen, als ich Kind war in Bozen, vom Tomatenmark – offen, beim Khilovi, nach dem Wiegen kunstvoll verpackt in ein Ölpapier-Stanitzel – bis zu den Postautofahrkarten ins Sarntal oder den Telefonaten, die anfangs einzig auch nur vom Weißen Rössl aus möglich waren, siehe www.Joern.De/siebenfh.htm.
Danach kaufte sich meine Frau noch eine gleiche Geldbörse als Ersatz für ihre abgetragene, ich ließ die Kinder in den Heimischen Werkstätten nach oben blicken, und in der Athesia-Buchhandlung simste ich B.gs, dass wir in der Stadt sind – Freunden aus der Bonner Innenstadt, die gerade in Gargazon (zwischen Meran und Bozen) Urlaub machen. Minuten später trafen wir sie am Obstmarkt, »sie«. Er suche noch nach uns, hieß es, und so lief ich mit den zwei Mädchen los, ihn suchen, und erlaubte mir den Durchgang von der Silbergasse in die Lauben zu nehmen. Bozen kann so einzigartig verwunschen sein, wenn man’s ein wenig kennt.
Nach dem obligaten Kauf von »Dolomiten« und italienischen Photoromanen am Waltherplatz fuhren wir bei sengender Hitze – 33° – zum Despar in die Industriezone zum Großeinkauf. Diesmal wieder ein Rekord, dabei Stress für alle Beteiligten, Gisela suchend und sammelnd, Fritz abwesend-ablehnend und selten hilfreich, die Kinder nervös an den beiden Wägen – wir hatten gleich zwei. Kurz vor dem Wegfahren kamen uns noch zwei Angestellte nachgelaufen: Wir hatten an der Kassa eine ganze Bananenkiste voll Ware vergessen. Und doch haben wir’s überstanden.Am Nachmittag kamen dann wie geplant B.s mit ihrer Tochter Ann-Sophie und einer ihrer Gastgeber hier, Sophie Walzer oder so. Kinder, was für eine Freude! Heuhüpfen, Plantschbecken, dann ein Spaziergang zur »Badewanne« im Wald mit vielen, vielen Himbeeren. Ein (noch?) flügellahmer Eichelhäher saß am Wiesenrand, etwa dort, wo man früher den Hof photographierte. Ja, früher sah man, aus Bozen kommend, den Hof schon kurz nach Halbweg – wo jetzt darunter der lange Tunnell den Weg abkürzt –, und vor allem kam man zum Schluss über die Sonnseite heraufgefahren, erblickte zuerst das Haus, en face, und nicht nur von hinten den Stadl.
Wir hatten einen gemütlichen Abend, draußen natürlich, im kühlen Schatten des Hauses. Gisela und Sylvia hatten schönen Salat gemacht, für die Kinder Nudeln mit Tomatensauce. Schön, hier Freunde aus Bonn zu sehen, dieser Anderwelt zur hiesigen. Den Hof macht es mir noch wirklicher.
[BU gestrichen, Juli 2010]
15. Juli 2007
Südtirol 2007 – der große Sommerurlaub
Gisela und Fritz, Carla und zeitweise Emely ...
Freitag, 13. Juli 2007 – Reisevorbereitungen
Schon diese Vorbereitungen waren spannend. Der Kofferraum von Giselas neuem Audi, A6 quattro, ihr ganzer Stolz, schien kleiner als der vom Passat. Und unser Reisegepäck wird von Jahr zu Jahr mehr, teils, weil manches Abgelegte gut in Südtirol auf dem Hof bleiben kann – etwas abgetragene Fußbodenläufer etwa –, teils weil man irgendetwas dort wohl brauchen könnte – eine batteriegetriebene Seifenblasenmaschine für zwölf Euro zum Beispiel oder das xte alte Schurlostelefon; und Fritz’ Technik wird auch immer mehr bis hin zum externen DVD-Brenner, mit dem man mitgebrachte Filme zeigen kann, abends, wenn es draußen stürmt und schneit, worauf man bei diesem Klimawandel ja immer gefasst sein muss, selbst im Sommer.
Ja, Sommer war angesagt, wieder eine Hochsommerphase mit dreißig Grad plus und Staus allüberall auf deutschen Autofahrbaustellen, einst Autobahnen genannt.
Was lag näher als nach Geschäftsschluss am Freitag, zugleich Giselas letztem Arbeitstag, ausgiebig Abschied zu feiern, bei Giaccomo (sic! Gehört einem Griechen, der nicht Italienisch kann.), bis nachts um elf. Gisela hatte ja schon gepackt, drei große Reisetaschen, eine Klappkiste Proviant und ungezählte Säcke, Taschen, Kästchen und lose Literatur. Und doch werkelte sie nach unserem heiteren Beisammensein noch bis nach Mitternacht in Küche (Reiseproviant) und Bad (Selbstreinigung), während der Gatte (Fritz, dies schreibend, beim Rauschen des Osterbaches am Sonntagnachmittag!) bereits schlief. Wer sieht denn schon hinein in den anderen, wer würdigt sein Tun? Bis dann so manches Unverstandene heimlich passiert: Giselas Zigarettenvorrat für die Ferien vielleicht und Fritz’ frommes Beichten, auf dass auf den sonntäglichen Pflichtgottesdienst mit Kommunion in Sarnthein kein sündiger Schatten falle.
Soweit Freitag der 13. Juli. Am nächsten Tag wollten wir um sieben Uhr früh Bonn verlassen – haben. Fürchterliche Staus waren vorhergesagt, dazu ebensolche Hitze. Emely schlief schon vorsorglich bei uns, in Carlas Bett; Carla, wie sie’s lieber schätzt, auf dem Sofa (die Vorliebe hat sie von ihrer Urgroßmutter Hödl geerbt, und von mir).
Samstag, 14. Juli 2007 – Bonn—Siebenfahrerhof
Erst musste aufgestanden werden. Mein Wecker klingelte um halb sechs. Da wollte schon einer von uns die Abreise um eine Stunde verschieben, doch gemeinsam blieben wir stark. Und kamen dennoch erst um acht los, das Auto voll bis an die Außenspiegel, samt Fußraum. Erst nach drei Versuchen, das rote Kofferraumdeckelwarnlicht gelöscht zu bekommen, zornigem Zuwerfen nämlich, glitten wir los, auf dem Tacho 711 Kilometer, neu, neu, neu! Ein wunderschöner Tag, dazu beste, doch leicht nervöse Stimmung. Letzte SMS an die Daheimgebliebenen. Auf der A3 Versuch einer vorbeugenden Psychoreiseplanung nach dem Schema: »Ich möchte wirklich einmal, und was willst du?« Danach hätten wir uns eigentlich gleich trennen müssen, wenn uns nicht unsere gegenseitige unerschütterliche Zuneigung – und von hinten das Gequengel der Kinder – in die Reisewirklichkeit zurückgebracht hätten.
Die Navigation, neu, vom Allerfeinsten, klappt europaweit. Sie ließ sich in Südtirol auf den nächsten Weiler stellen: ›Sarntal‹ und als Straße ›Bundschen‹, errechnete 808 Kilometer weit weg und bis um 15 Uhr 42 zu erreichen. Der Weg sollte richtig über das Penser Joch führen – aufpassen muss man, dass man nicht langweilig über Bozen geleitet wird. Auf dem uns bekannten Weg war die Zielzeitangabe das Spannendste: Bereits nach wenigen Minuten war sie schon auf 18 Uhr 4 gestiegen, und während der Fahrt war die häufigste Ansagen unserer Navigationshilfe nicht Richtungswechsel sondern: »Die Route wird aufgrund aktueller Verkehrsmeldungen neu berechnet«. Staus. Überall Staus. So richtig gestanden haben wir wenig, doch Staus gab es – vor allem zwischen Frankfurt und Nürnberg, bis zu zwanzig Kilometer lang. Wir sind denn, autopilotiert, ab Würzburg Richtung Rotheburg ob der Tauber gefahren, konnten endlich die Pferde springen lassen, Fritz am Volant und die Einfahrkilometer fast schon »abgestaut«. Da gelang es mir wieder, die vorhergesagte Ankunftszeit unter 18 Uhr zu drücken.
In unserem Stammgasthof, dem Sinsdorfer Hof an der Ausfahrt Hilpoldstein Süd, haben wir gegen zwei Uhr Mittag gemacht. Die Kinder durften Baumklettern. Danach war Gisela am Steuer. Dank »signifikant besserer Fahrttechnik als beim Vorgänger« (ihre Worte) gelang es ihr, die Zielzeit rasch von anfänglich 19 Uhr – wir hatten etwa eine Stunde Pause gemacht – um eine Viertelstunde zu verbessern. Denn: Die Staus auf der Strecke hatten sich alle aufgelöst! So kamen wir bestens voran, entspannt, wohltemperiert, und mit schlafenden Kindern. Erster Alpenblick (bei Neufahrn vor München) um 15.35 Uhr. Im Inntal gegen 16.15 Uhr macht Fritz noch einen Mobilfunk-Datenübertragunstest bei letzter, unbegrenzter Fahrt. GPRS (keim UMTS vorhanden): Download 73 kbit/s, Upload 38 kbit/s, Pingzeit nicht gemessen. Immerhin, etwas besser als stehend mit dem Modem übers Festnetz.
Dann hinein nach Österreich, die Kufsteiner Festung, Geschwindigkeitsbegrenzung, wir rechneten Datum zur Optimierung der Zehn-Tage-Maut. Traditioneller Tankhalt in Angath zum Kauf der beiden Zehn-Tages-Vignetten; die Videomaut war ausgefallen. (Und getankt hatten wir in Hilpoldstein.) Die Satellitennavigation zeigt die stetig steigende Meereshöhe, 500 Meter. Wir essen riesige Eisportionen, trinken riesige Schorlen, umgeben von Reisegruppen aus Brünn (Aufkleber auf einem Golf: »Porsche Brno«). Die Leute in Trainingsanzügen, mit nackten Oberkörpern (teils wegen Tätowierungen, teils wegen Bodybuilding, oho!). Schon wegen der üblichen Damentoilettenschlange zieht sich der Aufenthalt fast eine Stunde hin, bis halb sechs. Unser Ziel ist auf 19 Uhr 32 gerückt. Egal. Wir sind im Süden. Wir sind glücklich. Und die Staus sind auch weg, nicht einmal an der Mautstelle am Brenner. Gisela erklärt die Berge, über die wir müssen, woraufhin Emely Angst bekommt. Ihre einzigen Bergerfahrungen bislang scheinen Achterbahnen zu sein. Brenner 18 Uhr 10, Zielprognose 19.27 Uhr, 1370 Meter hoch, genau, dann Sterzing, 940 Meter hoch, und wieder hinauf aufs Penser Joch, eine Ansage in 1600 Meter Höhe: »Achtung, zeitabhängige Verkehrsführung!« Gemeint ist die Wintersperre wegen Schnee. Am Joch um 18.50 Uhr, 2210 Meter, 19 Grad, Prognose weiterhin 19.30 Uhr, und halt wunderschön. Die Berge am Abend. Ein einsamer Radler hat’s schafft’s mit uns.
Die Navigation zeigt ein Tohuwabohu von Ortsnamen, hauptsächlich deutsche, Sterzing aber kennt sie nicht und bleibt stur bei Vipiteno. Der Hauptort des Sarntals, Sarnthein, wird Sarntal genannt, wohl weil beides italienisch Sarentino heißt. Bundschen (Ponticino, Brücklein) gibt es wieder richtig.
In Sarnthein haben wir noch Linda auf eine Zigarettenlänge herausgeklingelt, sie lebt mit ihrem Mann Albert (unserem Jagdaufseher und Wald-Faktotum) direkt an der Landstraße. Albert war am Berg unterwegs. Und wir hatten es schon nicht mehr eilig. (Im Bild Emely, Carla, Gisela und Fritz, darüber die Sarner Scharte. Alle Bilder sind klickbar und werden dann groß – das heißt, ich lade sie vom Hof mit dem Modem in voller Größe hoch.)
Dann Bundschen, unser »Navigations«-Ziel, nach 860 Kilometern, danach Tanzbachbrücke, Höhe 780 Meter, und endlich am Hof, 920 Meter über dem Meer, 46° 35' 51" Nord, 11° 23' 7" Ost.
Am Hof waren die Pächter nicht da, verständlich an »ihrem« dreißigsten Geburtstag, auch die zwei Pferde nicht (die sind auf der Alm), Enttäuschung bei den Kindern, dafür eine Kuh im Stall. Die Wohnung war nicht frisch gereinigt (hatte ich nicht richtig bei Martina erbeten), riesige Enttäuschung von Gisela, die sich in der Folge zu einer veritablen Krise steigerte, angesichts dem Berg Auszupackendem, den zu überziehenden Betten, dem Durcheinander bei der Bettwäsche und überhaupt als Antiklimax zum Glück der Berge und der Erwartung sorglos schöner Tage in Tirol. Nur gut, dass Gisela dann doch zu müde war, am Absatz kehrt zu machen. Und Überraschungen für mich: keine Klospülung, dafür rinnt der Siphon unter dem Waschbecken. Übliche Hofanfangsroutine: Telefon, Boiler und Kühlschank ein, Betten überziehen, Staubsaugen, Auspacken, Kinder vom gröbsten Unsinn abhalten, und vor allem Auspacken. Den Kindern habe ich dann Gnocchi gemacht mit Tomatensauce. Gisela konnte sich beruhigen durch ihr Auspacken und das Anwerfen der ersten Waschmaschine, Fritz beim erfolgreichen Reparieren der Klospülung, die sich nur festgefressen hatte mangels Übung. Gegen Mitternacht hatten wir uns wieder, die Kinder schliefen längst, und draußen strahlen die Sterne, so schön wie nur hier!
Sonntag, 15. Juli 2007 – Kirche im Dorf und Baden im Osterbach
Herrliches Wetter, 19 Grad, Sonnenaufgang 8.15 Uhr. Wie es sich gehört, verließen wir geschniegelt und geputzt kurz nach neun den Hof, zum Hochamt um halb zehn – im Bild die beiden Grazien Emely und Carla an der Hoftür.
Im Dorf startet gerade ein Radrennen zum Penser Joch, der Carabinieri-Chef begrüßt mich herzlich mit Handschlag. Die Messe – schwach besucht leider – gelingt in 45 Minuten, der alte Pfarrer zelebriert und predigt monoton. Evangelium vom barmherzigen Samariter, die Kinder kriegen’s nicht mit. Mich rühren die alten Kirchenlieder – »Was Gott tut, das ist wohlgetan«. Lebte man mehr danach, hätte man dann keinen Streit, keinen Stress? Es bleibt Bemühen. Am Grab der Großeltern ausgewachsene Rosen, teils welke Blumen.
Beim Kaffe Kirchplatz Eis und Kaffee — unvergleichlich, hier in Italien. Rundgang im Dorf, wieder leicht verschönert (an der Brücke beim Würstlstand), eine kleine Brücke neu oberhalb der Straßenbrücke. Friedlich, schön, eben sonntäglich. Ein Bauer, den ich kennen müsste, ganz in Tracht, spricht mich an, und berichtet mir über den Stand der geplanten »städtischen« Wasserleitung auf den Hof. Dann eilt er weiter – zur italienischen Messe. Ein Spätaufsteher, oder hatte ihn etwas aufgehalten? (Südtirol sollte uns ein Vorbild für »Integration« sein.)
Wir essen zu Mittag im Höllriegl-Garten, und die Blasmusik spielt dazu! Nudelsuppe mit Fleischeinlage für die Kinder, Milzschnittensuppe für mich, Schnitzel für Gisela, viel Hunger hatten wir ja nicht. Gisela wird zum zweiten Mal für eine Italienerin gehalten, mit ihrer Chanel-Sonnenbrille.
Und jetzt am Nachmittag tollen die Kinder im eiskalten Osterbachwasser herum, Emely lernt von Carla das Steineklettern, Emely ist mutiger im Wasser. Ich baue Damm, fotografiere, mache kleine Filmchen, rede rein – und klappe jetzt zu.
Abends dann waren die Pächter da, herzliches Wiedersehen. Igor arbeitet mit der Maschine am Heu (Zusammenrechen zu Reihen) auf der Ebenwies. Martina unterhält sich mit Gisela. Ich schraube den billigen Plastiksiphon im Bad auseinander, säubere und hoffe, dass er ohne neue Dichtungen und ohne ›Plastik-Fermit‹ wieder dicht hält. Carla freut sich über ihr »erstes Victorinox«, das mit ohne Spitze, ich hatte es als Überraschung mitgebracht, Emely muss derweil mit meinem Messer schnitzen. Morgen in Bozen wollen wir ihr auch eines kaufen. (Die Kinder, und wir erst mit unserem Markenfimmel, sind doch Neidhammel, zumindest aber Perfektionisten.)
Abends gibt es bei uns Pfannkuchen. Die Kinder werden gebadet. Ich sitze am Hof und tippe, muss noch die Fotos einziehen. [Also schließe ich mit den beiden Grazien, in der Sonne sich vom eiskalten Nass erholend: … Einige Bilder habe ich herausgeschnitten, Juli 2010]
6. Juli 2007
Fangen wir bei Adam und Eva an. Im Paradies standen sie nackt im Schatten eines Baumes und sollten ja nicht von dessen Früchten naschen. Für Eva ging es um einen Apfel, für spätere Interpreten um die Erkenntnis von Gut und Böse. Und heute? Äpfel gibt es billig in jedem Supermarkt. Die Erkenntnis von Gut und Böse interessiert höchstens ein paar Moraltheologen. Derart freistehende Moral haben wir mit Kant hinter uns gebracht. Seit seinem »Imperativ« ist Moral zu einer soziostatistischen Frage geschrumpft. Soweit, so gut – oder schlecht, egal. Uns geht es um Technik. Sie boomt. Doch den Konsumenten – und sind wir nicht alle Konsumenten, nur Konsumenten? – interessiert nicht einmal die Erkenntnis von Ursache und Wirkung. Wir wollen wissen, wozu etwas gut ist, wie wir es benutzen können, und was es kostet. Warum es so geht oder nicht – oder doch – oder anders, ob aus gutem Grund oder weil jemand das halt so gemacht hat, was sich der gedacht hat, die Kette von Ursache und Wirkung und wieder Folge und Urfolge, all das ist uns zu kompliziert geworden. Gründe wollen wir nicht wissen, nur – um im Bild zu bleiben – eine schöne Oberfläche sehen. Natürlich wird die Welt fortschreitender Technik immer komplizierter, schon dank grenzenlos ausufernder Software, formbar, kopierbar, innerlich voller Sprünge und offener Enden. Trotzdem wird nur der Technik beherrschen, der ihre Ursachen, ihre Abläufe, ihre inneren Gänge versteht – und seien sie scheinbar zufällig gewählt worden wie ein Passwort oder acht statt sechs Bit für ein Byte. Technik nur als Klick zu verwenden, sie sich dienen zu lassen wie eine Magd aus niederer Kaste, das mag vornehm sein, bequem und für wahre Denker nötig. Moderne Menschen sollten sich freuen, wenn sie das Warum verstehen, sollten sich mühen darum, schon als Jogging für den Geist. Erkenntnis heiße für uns zu wissen warum. Erkenntnis sei uns kein hoher Baum, eher ein Wanderstab auf dem weiten Weg des Wissens.
Soweit die G’schicht mit AdSense in Blogs.
Was sich zeigt: Im Blog-Text selbst geht Werbung nicht, am Rand in der »Vorlage« schon eher – siehe links unten.