11. Januar 2017

Perspektive korrigieren, »nach Gefühl«

Die Perspektive korrigieren, stürzende, fallende Linien aufrichten, Parallelperspektive erzeugen, darüber mag man in der Wikipedia lesen. Heute ist mit beim Thema »Brutalismus« (ab 13.1.2017 eine Ausstellung im Vitra-Museum) aufgefallen, dass man die Korrektur »nach Gefühl« machen muss.
   Unter den Wikipedia-Beispielbildern dort dieses: 
Genex-Turm im winterlichen Belgrad, 1980, Foto Mihajlo Mitrović
Ich habe extra Gitterlinien eingeblendet. So sieht man, das Gebäude ist genau parallel gestellt, der Parallaxausgleich ist »mathematisch« perfekt. Und trotzdem finde ich, dass das Gebäude oben zu breit ist, dass es gegen mich kippt, dass die Korrektur überrieben stark ist. So »sieht« man das nicht. Die oberen Fenster erscheinen mir größer als die unteren.
   Einen ähnlichen Effekt sieht man bei den Bildern vom Frankenturm in Trier, wo die Korrektur ebenso unnatürlich wirkt.
   Also hab’ ich etwas herumgeschraubt.
Oben geschmälert, nach links gekippt, nicht neu beschnitten
Ich finde, dass einem das Gebäude nicht mehr entgegenfällt, vor allem rechts oben nicht, doch ganz zufrieden bin ich auch nicht. Man muss sich ein Bild mit dem Auge ansehen und einen Kompromiss finden. In jedem Fall ist eine nachträgliche Ent- oder Verzerrung ein Eingriff in die Wirklichkeit, so wie man sie sieht. Da gehe man »mit Gefühl« vor.

Ähnliches gilt für die Lage des Horizonts. Meine Kamera bietet mir, dank einer inneren elektronischen Wasserwaage, eine grüne Linie zum Waagrechthalten. Ich versuche mich danach zu richten. Doch besonders bei Aufnahmen mit sichtbarem Horizont, etwa am Meer, »stimmt« dieser dann trotzdem nicht. Ich muss »nachdrehen«, meist so, dass der Horizont im Bild waagrecht liegt, selbst wenn das in Wirklichkeit anders aussah.   
Pazifik, offensichtlich mit Blick nach rechts aufgenommen von Sierra Lopez.
Die Kamera wurde vermutlich waagrecht gehalten. Original
Dasselbe Bild optisch-gefühlsmäßig waagerecht gestellt, vielleicht ein wenig zu viel …

Sowohl beim Originalbild als auch beim waagrecht gestellten liegt der Fluchtpunkt ziemlich weit rechts, beim Original nur etwas »unter der Gürtellinie«, tiefer als der im Bild sichtbare Horizont. Das erwartet man so nicht.

Siehe auch »Stürzende Linien« bei Hurni

Siehe auch bei mir: Quadratische Bilder

Link hierher: 
http://blogabissl.blogspot.com/2017/01/perspektive-korrigieren-nach-gefuhl.html


Keine Kommentare: