Gestern am Donnerstag pilgerte ich im nasskalten Wetter zu einer »Messe mit Bibelteilen«. Sonst gehe ich unter der Woche nicht in die Messe. Eine fromme junge Lektorin, groß und mit schönstem Gesang, hatte mich eingeladen und versprochen, im Gegenzug zu einer unserer samstäglichen Friedensgebete zu kommen. Noch rechtzeitig komme ich in die höhlig-dunkle Backsteinkirche. Meine »Gastgeberin« winkt mir zu, fast erkenne ich sie nicht wieder. Um ein offenes Oval stehen Stühle. Gegenüber von uns sitzen zwei Gläubige; so sind wir insgesamt unser vier. Ein Tisch, der sich später als Altar herausstelt, steht in einem Brennpunkt, im anderen sind Mikrophone und der Ambo – der ist des Katholiken Rednerpult, hier allerdings unerhöht direkt am schwarzen Schieferboden:
Schieferfußboden in Stankt Franziskus, Bonn |
Dort sehe ich eine wilde Flamme und von fern das Meer mit hohen Wellen heranbrausen, doch das ist nur Einbildung zum zerstörerischen Evangelium dieses Tages, Lukas 19, 41 bis 44.
Unser Pfarrer, ein promovierter Physiker, liest die Messe bis zu diesem Evangelium. Wir singen noch Halleluja und schweigen uns dann an. Alle versuchen, etwas Kluges zu der angekündigten Zerstörung Jerusalems zu sagen. Wir kommen bis zum »himmlischen Jerusalem«, wissen allerdings als noch Lebende wenig davon. Es bleibt die Hoffnung, der Glaube hoffentlich auch. Die Messe mit Kommunion, wie heutzutage immer (sogar am Karfreitag!), geht ernst und mit einem extra Stück gregorianischen Gesangs vom Organisten zu Ende. Missi sumus, geschickt sind wir und weg.
Durnholz. Am Haus rechts die hölzerne Veranda. Da war das Gasthaus vom Pfarrer. Längst geschlossen. Bild Wikipedia
Mir fällt Durnholz ein. Vor Jahren betrieb der Pfarrer da auch das örtliche Gasthaus. Man saß in der Veranda, blickte ins Tal hinunter, und kam vielleicht ins Gespräch. Auch an eine evangelikale Kirche in Kalifornien muss ich denken, die auf ihrer Website gleich als Allererstes anpreist “FREE PANCAKES at all three in-person services!”, schauen Sie nur selbst.
Ja, wie heißt es doch im Profanen: Mit Speck fängt man Mäuse. Die Jünger fischten ihre Fische mit Netzen. Menschen fängt man so nicht, die muss man ködern.
Ich wäre mit der kleinen Runde noch gern auf ein Gyros mit Pommes oder eine Linsensuppe gegangen. Gerade die immer noch übrigen Christen sind oft sehr interessante Persönlichkeiten, haben vielleicht wie ich Interesse sich auzutauschen, und dazu brauchen wir Gelegenheiten, wir möchten etwas Gemeinschaft, Gemeinde, unverbindlich zwar wie für einen Gasthaus- oder Kinobesuch, aber dann doch. Also: Lasst uns Christen gesellig sein!
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