Erstkommunion in Bozen |
Viel später habe ich dann in Berlin protestantisch geheiratet und musste versprechen, Kinder auch so zu erziehen. Für mich Katholiken war das eine lange, interessante Zeit und gute Lehre.
Jetzt lebe ich im Rheinland und denke wieder katholisch und habe in der Bonner Stiftskirche meine »Heimatkirche« gefunden. Da beten wir im kleinen Kreis am Samstagmittag Fürbitten für den Frieden.
Wir bitten dann den unseretwegen anwesenden Herrgott (»Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen«) um weniger Leid, weniger Grausamkeiten, Vertreibungen, überhaupt Schlimmes, Bomben und Raketen. Meist aber sind unsere Bitten länger und weniger direkt. Zuweilen ist mir das im Stillen nicht so recht. Meist aber spricht mir’s aus der Seele. Warum?
Ich bin ein Kleingläubiger, ein schwacher Christ. Ich glaube, Gott setzt seine Allmacht nicht ein, er versetzt keine Berge, auch wenn wir’s glauben. Starkregen sehen wir nur meterologisch. »Was Gott tut, das ist wohlgetan« mag stimmen – doch er tut nichts. Mag jeder glauben, was er glaubt, ihm danken mit einem »Gott sei Dank!«. So viele Zufälle bestimmen unser Leben, da könnte Gott wohl Einfluss nehmen.
Ich vermute, dass nur mehr wenige Christen an ein direktes Eingreifen Gottes glauben, zeitlich so etwa seit dem Holocaust.
Auch die ganze schöne Schöpfungsgeschichte darf man nicht wörtlich nehmen. »Gottes Geist schwebte über dem Wasser«, wie eine Drohne? Schöner Gedanke, doch unvorstellbar.
Wichtige Teile des Alten Testaments sind mir ein Graus, all die Sehnsucht nach Gerechtigkeit, nach dem Himmel, dem ewigen Leben. Die erste der beiden Pflichtlesungen in der Messe könnte man – meiner laienhafter Meinung nach – getrost streichen, und nur die Mahnungen der Apostel an die ersten Christen aus der zweiten Lesung betonen; überhaupt mehr zu einem christlichen Leben mahnen, wie das früher geschah. Und: Schriften sollten sich auf’s erste Lesen erschließen, nicht erst nach Deutungen, gerade heute. Davon gibt es genug in der Bibel. Der Priester müsste sie nur frei auswählen können, oder?
Denken wir ans Jenseits, so ist unser katholischer Glaube abstruser. Ich habe das noch in der Schule gelernt, mit Ablaßtagen und
Fegefeuer, nicht nur Himmel und Hölle. Wenigstens ist die Vorhölle (der Limbus) dichtgemacht, wie uns der Spiegel 2007 berichtete. Das Fegefeuer (Purgatorium) brennt aber noch (trotz Energiekrise). Dazu offiziell der Vatikan: »Das Purgatorium ist der Zustand jener, die in der Freundschaft Gottes
sterben, ihres ewigen Heils sicher sind, aber noch der Läuterung
bedürfen, um in die himmlische Seligkeit eintreten zu können« (Quelle https://www.vatican.va/archive/compendium_ccc/documents/archive_2005_compendium-ccc_ge.html Abs. 210).Viele, viele glauben nicht mehr
an die Hölle, ans Fegefeuer schon gar nicht. »Was, Sie glauben noch an die Hölle!«, fragte mich eine betagte Gläubige in unserer Gemeinde. Ich war überrascht. Und eine evangelische Pfarrerin gestand mir jüngst Einzelheiten ihres
Glaubens an die Ewigkeit: Gott ruft uns zu sich, verpasst uns erst eine
peinliche Standpauke, und wendet sich am Schluss als guter Hirte zu uns und
nimmt uns gnadenhalber alle mit in den Himmel. – Protestanten dürfen das, sich einen je eigenen Glauben richten, Katholiken sind an den Glauben der Kirche gebunden.
Bei den Fürbitten hätte ich persönlich gerne nur die, die Gott in uns agieren lassen, uns trösten, warnen, hüten – nicht die Bitten, die Gott um weltbewegende Taten angehen. Gott ist in uns. Dort wirkt er, nicht in der freien Natur. Da gelten die Naturgesetze. Andere nehmen Globuli oder werden von Placebos geheilt. Honi soit qui mal y pense. Wir beten um ein langes Leben – und sterben doch.
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