Hört man sich im Radio Nachrichten an, so sind »Nachrichten« oft – ich schätze nur in einem Drittel der Fälle – »Nachrichten«: Sachen, die tatsächlich oder angeblich passiert sind. Der Rest sind aneinandergereihte Meinungen. Gibt es nichts Neues, müssen Meinungen und Vermutungen her. Und statt eine Aussage inhaltlich zu prüfen, schiebt das Nachrichtenorgan als Autorität einen oft unmaßgeblichen Politiker vor, der dann dies oder jenes gesagt hat. Oft sagt A dem B, was der tun sollte, hat aber selbst keinen Einfluss auf das Geschehen. Dann kommt zwecks Ausgewogenheit (»Proporz«) die gegenteilige Meinung von C zu B. Die Berichte mancher Stationen sollten gleich »Nachrichten und Meinungen« heißen.
Emotionales verkauft sich eben besser als objektiv Sachliches. Dabei werden gern meinungsbildende Adjektive mit unbestreitbaren Tatsachen durchgeschmuggelt, vom berühmten »wohlverdienten Ruhestand« bis zur immer wieder »völkerrechtswidrigen Annektion der Krim«. Die Menge der Eigenschaftswörter steht proportional zur Tendenz. Dazu kommt gefälliges »Product Placement«, etwa für eine »Funke-Mediengruppe«, unter der sich keiner etwas vorstellen kann oder möchte.
Inhaltlich fehlen oft klare Angaben darüber, was wirklich Sache ist. Dass 87 Millionen Leuten ihre Facebook-Daten »geklaut« wurden, ist ja bös und schlimm, doch was waren das genau für Daten – auch Passwörter? Sicherheitsfragen? Geburtsdaten? Häufigkeit der Nutzung? Likes? – Das sagt uns keiner. Wie groß war da ein Datensatz? Was steckte drin? Das hätte man doch Zuckerberg fragen können. Erlitt jemand einen finanziellen oder seelischen Schaden?
Weiter gesponnen: Haben Facebook-Daten, geschickt manipuliert, den Brexit oder die Trump-Wahl beeinflusst? Oder Facebook-Fake-News? Weil der Papst angeblich Trump bevorzugte? Dass Falschnachrichten oft interessanter sind als wahre, lässt sich zeigen. Meines Wissens werden allerdings am liebsten Katzenbilder »geteilt«, was noch lang nicht sagt, dass die Leute deshalb Katzen wählten. Ich weiß nichteinmal, ob die vor Wahlen an allen legalen und illegalen Stellen angebrachten Kandidatenkonterfeis die Wähler wirklich beeinflussen. Dass ein gesellschaftliches (»politisch korrektes«) Interesse besteht, das so zu sehen, glaube ich wohl. Wer sich drüber aufregt, wird verdächtigt, gegen die staatliche Wahlkampffinanzierung zu sein oder für Minderheiten. Und Zeitungen beeinflussen die politische Meinung doch auch, und wie!
Denken. Das wichtigste Mittel gegen Falsches war und ist: selbst denken, plausibilisieren. Kann das stimmen? Und weiterdenken: Wem nützt diese Aussage, diese Meinung? Soll ich mich ihr anschließen? Darf ich nicht einmal sagen: Ich weiß es nicht. Ist mir egal. Damit habe ich mich nicht befasst. Darüber muss ich erst nachdenken.
Werbung am südlichen Mainufer, wo gerne Jogger vorbeikommen: »Nicht alles, was am Main läuft, ist Main-Stream. 90,4 youfm, music like me«. 18.10.2013 |
Nun Werbung. Werbung hat sich immer schon dem Umworbenen angepasst. Einem Jogger am südlichen Mainufer empfehle ich doch nicht eine Kreuzfahrt in der Südsee, sondern entweder Laufschuhe oder leichtere Kopfhörer. Wer eine Waschmaschine sucht im Internet, dem schickt man nicht Hotelreklame. Dabei wissen die automatischen digitalen Werbeplatzierer eher zu wenig von mir: Die Werbung für Waschmaschinen lief eine Zeitlang weiter, nachdem ich die Maschine schon gekauft hatte.
Verkauft mir den Bürger nicht als dumm.
Permalink http://j.mp/2H3CYCL =
https://blogabissl.blogspot.com/2018/04/fake-news.html
Übrigens war ich Ostern 2009 wenige Wochen lang bei Facebook, bevor ich mich verärgert abmeldete (was gar nicht so leicht war). Hier meine Glosse dazu:
http://www.joern.de/FacebookEsel.pdf |
Damals hatte Facebook 242 Millionen Nutzer (Quelle).
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