7. Februar 2022

Keuschheit

Mögen alle Bewohner der Erde nur die volle Wahrheit anerkennen und um sie wissen, dass wir in diese Welt nicht um des Haders und der Zwietracht willen gekommen sind – wovor Gott bewahre – und nicht um des Hasses, der Eifersucht, der Aufreizung und des Blutvergießens willen – was Gott verbiete.
Aus einem Friedensgebet jüdischer Tradition:
»Wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn« (Bonifatius, Paderborn 2017)

Als sich Ende Januar 2022 Kardinal Marx in Reaktion auf das Münchner Missbrauchsgutachten für ein mögliches Ende des Pflichtzölibats für Priester aussprach, siehe z.B. hier, da fiel mir dieses alte jüdische Friedensgebet ein. Wir beten es alle Samstage zur Mittagsandacht.
   Und da steckt so ein isoliertes Wort drin, noch eine Sache, für die wir nicht auf der Welt sind:

Die Aufreizung

Ich deute diese »Aufreizung« beim frommen Erdenbewohner ganz altmodisch als Unkeuschheit. Auch wenn ich da wiedereinmal typisch männlich sexistisch denke und historisch, jüdisch falsch liege: Bitte kommen Sie mit in meinen frommen Gedankengang.

Die Kirche möchte – oder wollte historisch – dass sich Priester ausschließlich mit ihren Diensten für Gott und Mensch beschäftigten, nicht mit Sex. Sehen wir im gültigen Katechismus nach, Suchwort "keusch" . Erster Treffer:

2337 Keuschheit bedeutet die geglückte Integration der Geschlechtlichkeit in die Person und folglich die innere Einheit des Menschen in seinem leiblichen und geistigen Sein. Die Geschlechtlichkeit, in der sich zeigt, daß der Mensch auch der körperlichen und biologischen Welt angehört, wird persönlich und wahrhaft menschlich, wenn sie in die Beziehung von Person zu Person, in die vollständige und zeitlich unbegrenzte wechselseitige Hingabe von Mann und Frau eingegliedert ist.  

Suchen Sie einfach weiter nach keusch. Sie finden da ein wenig Geschwurbel, bis zum starken Statement: 2347 Keuschheit verheißt Unsterblichkeit. Zur Verdeutlichung gleich ein Nachschlag: Keuschheit äußert sich besonders in der Freundschaft mit dem Nächsten. Freundschaft zwischen Menschen gleichen oder verschiedenen Geschlechtes ist etwas sehr Wertvolles für alle. Sie führt zu einer Gemeinschaft im Geist.

Und so geht’s weiter: 2348 Jeder Getaufte ist zur Keuschheit berufen. Recht fromm auch 2350, der Rat für Brautleute.

Dann aber kommt endlich die Unkeuschheit 2351 Unkeuschheit ist ein ungeregelter Genuß der geschlechtlichen Lust oder ein ungeordnetes Verlangen nach ihr. Die Geschlechtslust ist dann ungeordnet, wenn sie um ihrer selbst willen angestrebt und dabei von ihrer inneren Hinordnung auf Weitergabe des Lebens und auf liebende Vereinigung losgelöst wird. 

Lesen Sie dann bitte allein weiter.
Ich aber fasse zusammen: Sex nur bei Kinderwunsch. 

Zur Homosexualität, mit Mitgefühl: 2358

Das schöne Gefühl im Hinterkopf, dass gleich etwas passiert, ist tabu. Der katholische Gott scheint als erstes zu fragen: Wann hattest du deinen letzten Orgasmus?

Ich schreibe später weiter …
… Hier bin ich wieder:

Warum ist der katholische Katechismus so streng?

Man sollte versuchen, jede Zeit aus sich heraus zu verstehen. Dieser Katechismus – eine Anweisung zu einem ordentlichen Leben – ist hundert Jahre alt, wenn nicht tausend. Aus Rechthaberei verbietet sich die katholische Kirche zu sagen: »Da lagen wir falsch.« Was einmal wahr war, muss ewig wahr bleiben …. Falsch!
   In grauer Vorzeit lagen sie ja richtig. Es gab keine Verhütung. Die ersten Kondome aus Gummi kamen 1850 auf den Markt, zwei Millimeter dick und handvernäht. Vor fünfzig Jahren kam die Pille
1910 Wikipedia.
auf. Das habe ich noch erlebt, eine Erlösung, der »Pillenknick«:
»Die Menschen in Deutschland reduzierten die Zahl ihrer Kinder in nur zehn Jahren von 2,5 auf 1,4 je Frau.«
   Die erste vollautomatische Waschmaschine gab’s in Deutschland 1951. 

Ein uneheliches Kind war eine Kathastrophe, bürgerlich. – Genug, wir werden’s nicht mehr verstehen.

Tatsache ist, dass man keusch leben kann. Angenehm ist es nicht. Eine große Portion Menschlichkeit fehlt. Die schönste Ablenkung ist verboten*).

Keuschheit vs. Friends with Benefits, FWB
oder »Freundschaft plus«

Gerade lese ich, wie sich in diesen Corona-Zeiten die Sitten geändert haben. »Der One-Night-Stand wurde durch Twelve-Night-Stands mit einem Bekannten ersetzt« und »Eine FWB-Beziehung ist weniger anstrengend als eine Nacht mit einem Fremden« meint die NZZ und bezieht sich dabei sogar auf eine englische Studie
   Längst ist es nicht mehr die Kirche, die Moral lehrt – Religionslehrerinnen dürfen das gar nicht, das Kultusministrium mag’s nicht –, sondern höchstens der staatliche Gesetzgeber, ein Beispiel hier: § 177 StGB  .
(Nicht § 175 , der ist weggefallen.)
  
Die staatlichen Gesetze sind noch zahlreicher als im Katechismus, allerdings im Gegensatz zum Katechismus demokratisch abgestimmt und sehr flexibel.
   Möchten wir mehr dieser staatlichen Gesetze in die Kirche bekommen, müssen wir die Kirchenverträge ändern, siehe https://blogabissl.blogspot.com/2022/02/die-konkordate-kundigen.html .
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*) Siehe die peinliche Geschichte mit dem Fünfmarkstück .

Die Mittagsandacht (Hore) im Bonner Stift hier.

»Etwa 83 Prozent der Amerikaner mittleren Alters glauben, so eine andere Umfrage, wahre Liebe in einer Ehe komme ohne Geschlechtsverkehr aus.« – aus dem NZZ-Artikel »Lieber einen Plasmafernseher als Geschlechtsverkehr«, hier.

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