Aus j.mp/fj2HjRxnv = https://www.nzz.ch/meinung/cdu-der-kuenftige-chef-muss-buergerlichen-waehlern-wieder-eine-heimat-geben-ld.1539589
Und http://bit.ly/fj3bwmq62 = https://www.nzz.ch/international/deutschland/tabubruch-ein-skandal-das-ist-demokratie-ld.1538784
Eine seltene klassische Stimme. Ich bin also doch nicht allein, wenn ich schrieb:
Ich verstehe es nicht. Als sei ich Alter aufgewacht und anderswo, in einer anderen Welt. Ja nicht einmal erwacht. Ich mein’, mir träumt.
Zugegeben, ich bin nicht konform, denke vor mich hin, für mich hauptsächlich, immer und oft »gefühlt« alleine.
Sicher weiß ich, dass ich kein AfD-Anhänger bin – aber auch nicht links stehe. Ich sehe mich in der Mitte, liberal (was für micht nicht FTPisch heißt).
Ich habe Sympathien. Ich binde sie nicht jedem gleich auf die Nasee. So schätze ich die lang schon vergangenen Prager Juden, gestatte mir als alter Österreicher nach wie vor »großdeutsch« zu sein. Ich gebe mich (eher unerlaubt) als Südtiroler aus, spreche deutsch mit bayrischem Akzent und englisch mit italienischem, was alles allerdings keine politische Orientierung ist …
Denn Demokratie hab’ ich, wie die meisten, in der Schule gelernt, noch in den Fünfzigerjahren, und als Student beim Leben im ummauerten Berlin.
Die AfD ist eine zugelassene deutsche Partei, umstritten. Für mich ist sie eher ein Symptom, als eine politische Kraft. Sie kann Hass auf sich ziehen, ja, aber politische AfD-Partei-Taten sind mir nicht bekannt. Allerdings forsche ich da auch nicht nach.
Wieso ein Symptom?
Weil mir die AfD – immer: für mich Laien – Staatsverdrossenheit aufzeigt. Die Meinungen, die die AfD gelegentlich herausschreit (laut Medien), lassen mich wie eine Blitzlichtaufnahme im Dunkeln etwas sehen, dem ich dann bei Tageslicht – dem Licht des Verstandes – nachgehen möchte. Ein Irrlicht? Die Leute sagen A und tun dann B, wobei B oft bequemer ist, vom Rauchenaufgeben bis zum Ruhebewahren oder den Tod nicht fürchten. Nicht notwendigerweise ist B böser.
Selbst in meiner Familie heißt es zur AfD: »diese Nazis«. Meine übliche Frage dann: »Wieso?« Daraufhin halten mich die Leute auch für einen Nazi und reden nicht mehr mit mir. Dabei bin ich nur ein sturer, sehr deutscher Intellektueller. Heute, für Heutige, pol. Korrekte, sind alle von damals Nazis, mein gefallener Vater, bald ich selbst, in Brünn geboren. (Wo ist Brünn? Am Amt sage ich immer Bayern, damit man mir nicht Brno einträgt … )
Ich komme mir vor wie in den Zeiten der beiden deutschen Staaten BRD und der DDR (Österreich wird immer vergessen!). »Drüben« in der DDR (offiziell noch lange SBZ oder anführungsgezeichnete „DDR“) wohnten in den dort festgehaltenen »Arbeitern und Bauern« zwei Seelen, eine linientreue offen auf Anfrage, und eine eigene, persönliche ganz heimlich.
Die Leute dachten anders, als sich das die Politiker wünschten. Big Brother regelt dir deine Meinung, das genügt. Selbst denken darfst du nicht. Nach der Wende hat sich dieser Trend fortgesetzt, nur ohne Politiker. Denken ist altmodisch geworden – find’ ich, auch im Westen. Wir lesen uns Meinungen an.
Wenn ich so in Bonn und privat mit den Leuten rede, so höre ich nur Ablehnung des gegenwärtigen Staates. Erstens der schieren Staatsmenge. Dann der Korruption, nicht einzeln, sondern generell. Grad’ gestern hat mir ein erfolgreicher Unternehmer erzählt, wie der Prüfer vom Finanzamt Vorgaben für Nachversteuerungsbeträge bekommt, widrigenfalls man ihn in eine Gegend mit geringerem Steuerpotential (die Pampa) versetzt. Wie sich die Kosten für ein blechrohrbefestigtes Loch für den Sonnenschirm im Gehsteig vor seinem Geschäft in den letzten paar Jahren von 45 auf 90 Euro im Jahr verdoppelt hat.
Zurück. Frage ich nach einer Definition von »Rechter«, »Ultrarechter«, »Nazi«, oder harmloser nach »Flüchtling«, »Türke«, so wird mir das nicht und nirgends klar gesagt, bloß als Begriff verwendet. Sowas widerspricht meinem ingenieurhaften Denken: Da sollte man erst wissen, worüber man spricht, bevor man drüber redet.
Zu Thüringen. Das ist ein Bundesland mit über zwei Millionen Einwohnern und eigenem Parlament. Dieses Parlament wird dort gewählt, Die Volksvertreter bilden dann eine Regierung.
Aus den Medien erfahre ich, dass diese Erfurter Regierung in Berlin bestimmt werden soll. Ja, haben wir hier eine Bundesrepublik ohne Anführungszeichen oder gibt’s wieder Gauleiter und Reichswalter?
Die Bank deutscher Länder 1.3.1948—1.8.1957 |
Oder neu durchdenken. Was darf ein Land, ein Bundesland? Was für Leute möchten wir in unserer Gesellschaft? Wie definieren wir uns als »Deutsche«? Wären kleinere Solidargemeinschaften nicht besser, wo dann nicht achtzig Millionen dem Erfurter Parlament dreinreden? Sind Minderheitsregierungen nicht sogar besser als »große Koalitionen«, die den geplanten Lauf der Politik in monatelangen Abstimmungen hinter geschlossenen Türen vertraglich regeln, wie ein Orchester vor dem Auftritt hinter der Bühne übt?
Übrigens: »Populistisch« ist auch nicht definiert, wird nur verurteilt, und zum Schimpfwort in einer für demokratisch sich haltenden Gesellschaft geworden.
Wie gesagt, ich versteh’s nicht. Ich blicke auf eine hitzewabernde Meinungswelt voller nimmersatter Gefühle. Sieht trüb aus.
11.2.2020 Nach der großen ARD-Abendsendung gestern wurde mir klar: Selbst ein Landespolitiker wird ausschließlich nach seiner Gesinnung beurteilt, ausgedrückt und gedruckt in seinem Parteibuch oder – in diesem Fall – durch eine Stimme übertragen. Dabei geht es im Land um (aktuell, hier) die von einer Kultusministerkonferenz abhängige Ferienordnung oder die Länge des Gymnasiums. Hier erst neun Jahre, dann acht, dann wieder neun, unter Beschäftigung unzähliger kompetenter Beamten zwecks Lehrplan. Lesestoff https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/gute-kita-gesetz-so-wollen-die-laender-die-5-5-milliarden-euro-nutzen-a-1279806.html und https://www.sueddeutsche.de/politik/gute-kita-gesetz-1.4253384
Als Polemiker könnte ich noch mehr über dieses »Brandmauern« schreiben, einer Diskriminierung, Spaltung der Gesellschaft, die selbst einzelne Stimmen für einen Kandidaten für ansteckend hält. (Pardon, streichen, jetzt verlauf’ ich mich … Mein Ärger übers Nichtbesprechen einfachster Fragen, dem Warum.)
Permlink hierher j.mp/fj377RkhB
= https://blogabissl.blogspot.com/2020/02/die-thuringer-krise.html
Dazu passen gut
zur Sache
https://www.nzz.ch/international/wahl-thomas-kemmerichs-in-thueringen-empoerung-und-ns-vergleiche-ld.1538773
Kommentar dazu
https://www.nzz.ch/international/deutschland/tabubruch-ein-skandal-das-ist-demokratie-ld.1538784
Global gesehen
https://www.nzz.ch/feuilleton/geschlecht-sexuelle-orientierung-ethnie-der-neue-kulturkampf-ld.1539066?mktcid=smch&mktcval=twpost_2020-02-08
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Eine Stimme zum selben Thema, von Frank Fremerey, hier:
»Zu Thüringen
Wir lehnen menschenverachtende Verhaltensweisen ab. Um selber unsere Menschlichkeit zu bewahren, s ollten wir auch im Ärgsten stets noch den Menschen sehen können. Sonst befördern wir die Spaltung der Gesellschaft, die wir eigentlich überwinden wollen.
›Die Würde des Menschen ist unantastbar.‹
Kleben wir ein Etikett auf den anderen wie ›Faschist‹, besteht die Gefahr, dass wir sein Menschsein nicht mehr sehen. Der Mitmensch wird zum Feindbild. Am Ende verraten wir so unsere eigenen Grundsätze.
Es ist schwer. Wer das Volk verhetzt, der soll für sein Verhalten bestraft werden seine Menschenwürde ist jedoch zu achten, sonst färbt sein Verhalten unser Verhalten.
Als Gandhi gefragt wurde, warum er nicht gegen Hitler kämpft, sagte er, dass der Geist des Besiegten auf den Sieger übergeht. Was ich erträume ist, dass die Krieger aller Seiten ihre Waffen sinken lassen, weil ihnen ihr eigenes Handeln sinnlos vorkommt und sie im ›Feind‹ sich selber erkennen.
ommnia vincit amor.«
1. Die Gandhi-Geschichte findet sich in Eve Curie: Madame Curie, Berlin 1966. Lothar von Balluseck hat in »Erläuterungen für Deutsche«, Bonn-Bad Godesberg 1972, S. 6 auf Eve Curies Versuch hingewiesen, Gandhi für den Kampf gegen Hitler zu gewinnen. Gandhi aber lehnte dies ab mit der Begründung, der Geist des Besiegten gehe in den Sieger ein.
2. Spiegel vom 8.9.2019: »Gerichtsbeschluss: Björn Höcke darf als ›Faschist‹ bezeichnet werden« und Gerichtsbeschluss dazu. In der Wikipedia glänzt Björn Höcke mit zurzeit 234 Fußnoten.
3. Anderswo in »Europa« ist man weniger zimperlich. Die italienische Wikipedia nennt diese 17 Parteien und Bewegungen »post-faschistisch (Partiti e movimenti considerati post-fascisti nell'Italia repubblicana [Parteien und Bewegungen die im republikanischen Italien für post-faschistisch gehalten werden]. In ordine di comparsa nel panorama politico [Sortiert nach dem Erscheinen im »politischen Panorama«]):
- Fasci di Azione Rivoluzionaria
- Partito Democratico Fascista
- Movimento Sociale Italiano - Destra Nazionale
- Raggruppamento Sociale Repubblicano
- Avanguardia Nazionale
- Ordine Nuovo
- Lotta di Popolo
- Terza Posizione
- Democrazia Nazionale - Costituente di Destra
- Movimento Fascismo e Libertà - Partito Socialista Nazionale
- Movimento Sociale Fiamma Tricolore
- Fronte Sociale Nazionale
- Azione Sociale
- Movimento Idea Sociale
- Forza Nuova
- CasaPound Italia
- La Destra
»Forza Nuova (FN, deutsch ‚Neue Kraft‘) ist eine rechtsextreme politische Partei in Italien«. Website. Null Abgeordnete im Senat oder in Brüssel.
Etwas erfolgreicher war die Casa Pound – rechts ihr rassistisches Wahlplakat 2018 in Südtirol »Südtirol reinigen«. »Bei den Parlamentswahlen in Italien 2018 erreichte CasaPound 0,95 % der Stimmen, bei der Landtagswahl in Südtirol 2018 0,9 %.« (Wikipedia). Die Partei hat sich am 25. Juni 2019 als Partei aufgelöst, will aber als Bewegung weiter aktiv bleiben.
Ich meine: Ein gesittetes Umgehen miteinander ist immer gut und christlich. Auf den Einfluss einer bestimmten Meinung hat das aber wenig Wirkung. Wenn die AfD starke Stimmenanteile bekommt, sollte man sich mit ihr beschäftigen und sie nicht einfach tabuisieren. Das heißt, s.o., ihre Fragen und Lösungsvorschläge – so sie welche anbietet – aufgreifen und diskutieren.
Und übrigens: Gandhi hat zwei Briefe an Hitler geschrieben, eine knappen vor dem Krieg, einen langen im Krieg. Dass der Geist des Besiegten auf den Sieger übergeht – ist nicht belegt, nicht als Aussage, als Tatsache schon gar nicht – vielleicht aber auch nicht so wichtig.
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