Dialog mit einem Städter auf Siebenfahr, Sommer 2014 · Foto Jörn |
Es geht darum, wie man mündlich Kühe von der Weide herbeiruft, zum Füttern, Melken, zur Nacht im Stall.
Also: »Kühe!«.
Dazu findet sich wenig im Netz, ich würde sagen: fast nichts. Aus eigener Erinnerung hab’ ich noch im Ohr:
»Köksel« und
»Buischar« mit langem A.
Neunzehnhundertfünfzigerjahre, Sarntal, und auch heute noch, wie mir ein moderner Rittner Rinderzüchter und Dialektfreund bestätigt: »Ich rufe meine Kühe so wie schon ein paar Generationen vor mir mit ›Puischooooo‹«.
Hier ruft Franz Locher (*1965), heute Bürgermeister im Sarntal, die Kühe:
»Keine will hoch hinauf«, 58-Min.-Film von 1999 auf http://onlinefilm.org/-/film/34733
Woher die Ausdrücke kommen, müsste man noch erforschen. Köksal, ein im Türkischen beliebter Name, kommt dort von Kök, Wurzel, und vielleicht salmak, wachsen lassen, im Vokativ (Befehlsform), also »Wurzeln sollst du schlagen« oder sal gleich Floß und Schal, wer weiß. Doch das hat mit unseren Kühen gewiss nichts zu tun. Die beiden Grimm meinten: »nnd. kô mit pl. koie brem. wb., köje Dähn., kö«.Gleich schon kann ich Ergänzungen der Sprachforscherin Monika Obrist vom Südtiroler Kulturinstitut anführen: »In dem Wörterbuch von Josef Schatz ›Wörterbuch der Tiroler Mundarten‹ finde ich ›pusch! pusch!‹ als ›Lockruf für Ochsen und Stiere‹ im Sarntal. ›Mull‹ übersetzt Schatz mit ›Stier‹ und gibt Hinweise auf Vinschgau, Etschtal bzw. ›muller, mullepulle‹ in Ulten [s. die Muhlilan unten. fj].
In Anton Grubers ›Wörterbuch der Sarntaler Mundart‹ finde ich: ›buschar, buscharli, buscharlar‹ für ›1. männliches Jungrind 2. Lockruf an das Rindvieh‹. (Den Ausdruck ›buschilar‹ verwenden übrigens auch meine Eltern, die aus Latzfons (Eisacktal) stammen, für Kälber. Und auch ›Mulilan‹ verwenden sie für Kühe). Als Rufname für ein Pferd führt Gruber ›tschuffl, tschuffili, tschuffilar‹ an. Hier gibt es auch zwei mögliche Worterklärungen: von ital. Ciuffo (Schopf) oder frz. cheval.«
»Muhlilan« stammt aus der Schweiz, aus dem Gailtal von der Frondellalm, hier zu hören und zu sehen. Es hört sich an wie Muhlile (Einzahl, kleine »Muh«?), Muhlilen (Mehrzahl), dazu ein »ele« oder so, wohl für herbei.
»Tschoikilee« kommt auch von dort. Da werden Kälber gerufen.
PS 6.7.2020. In einem wunderschönen Artikel von Birgit Schmid heute in der NZZ, (Nummer 1564594) wörtlich: «Gegen Mittag ist es Zeit, die Kühe und Kälber von der Weide in den Stall zu holen. ‹Chomm, Buschi, chomm!›, ruft [Ivo] Schwizer, und sie kommen, traben den Hang hoch auf ihn zu.»
Soviel in den Alpen. Danke!
Aus Amerika, wo Farmer vielleicht fleißiger youtuben, höre ich verschwommen »come on«, hier. Auch ein einfaches »Juhu« scheint zu wirken, hier. Von einem erfolgreichen »Come on now, cows« wird 2009 in einem Blog berichtet. Kommentatore dort schreiben über »Whoops«, über einfaches Hupen (was hier bei mir nicht zählt!), »and we use ›Coooommmme BAAAAASSS‹ to call our cows. Our riding horses come in to a yell of ›Come on BOYS‹«. Kaum gendergerecht.
Angeblich »richtig« werden dort Kühe mit »Aa« gerufen, nicht sehr originell, aber als Vokal weittragend. Und hier bemüht sich ein Amerikaner bei Gegenwind, durch imitiertes Muhen Kühe zu rufen. Diese Methode scheint mir überschätzt.
Google-Warnungen:
Cow Call (www.cowcall.com) ist ein Gerät zur Geburtsüberwachung, sozusagen ’s Handy in der Gebärmutter: »It’s a small device inserted into a cow two weeks before the expectant date. When the birthing process starts, Cow Call sends an alert to the farmer and up to four other people via SMS or a phone call.«
Cattle Call ist ein Ohrwurm von Tex Owens von 1934, hier zu hören. Und im Showbusiness ist ein Cattle Call zu gut Deutsch ein Casting, engl. Audition, mit Laienspielern.
Link zu diesem Blogeintrag: http://blogabissl.blogspot.com/2015/09/kuhruf.html
Korrespondenz und Kommentare willkommen.
• Aus dem Sarntal wird mir geschrieben: »Hab diesen [Ruf] etwas anders gelernt, und die Kühe reagieren auch darauf. [Ich] verwende ihn, wenn ich das Vieh im Stall oder sie auf einer anderen Weide haben will: ›Kuschale geheeeegeheeee lekleklekleklek‹. – Die Ziegen habe ich so gerufen: ›Godilan sesesesese‹ (wobei die Betonung beim s liegt, und man das e kaum hört). Die Sarner machens ähnlich.«
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*) »lecker« hat sich schon bis in den südlichsten Zipfel des deutschen Sprachraums verbreitet.
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