9. November 2014

Impedanz

Im Mittelohr hinter dem Trommelfell:
1. Hammer (grün), 2. Amboss (rot), 3. Steigbügel (blau)
Der (hellbraune) »Stöpsel« im Vordergrund,
das anteriore malleolare Band,
hält die Achse von Amboss und Steigbügel.
© Lauxmann, Uni Stuttgart
Ausschnitt mit freundlicher Genehmigung
Unlängst schrieb ich über Coch­lea­im­plan­ta­te als Hörgeräte. Da kam ich auf die Gehörknöchelchen, die kleinsten Knochen des Menschen, im Modell links grün, rot und blau*).
   Sie passen die Impedanz am »Ausgang« des Trommelfells an das ovale Fenster (»Vorhofmembran«) am Eingang der Cochlea, der Ge­hör­schnecke, an. Und das kommt daher: Luft, überhaupt Gas, ist leicht komprimierbar. Schall­­wellen laufen leicht und locker durch die Luft, das heißt die Ausschläge (Am­pli­tu­den) der Schall­schwin­gun­gen sind groß. Dafür ist die Kraft der Schwingung schwach, außer das Geräusch ist eine Explosion. In der Cochlea dagegen soll Körperflüssigkeit den Schall weiterleiten (Perilymphe), schon damit er in der engen Röhre weit kommt (und wir nicht nur hohe Töne hören). Das braucht Kraft, aber wenig Bewegung. Die Übersetzung macht das Hebelwerk der Gehörknöchelchen. Die Wikipedia sagt das hier so: »Hierzu sind die Gehörknöchelchen als Hebelsystem ausgelegt, die niedrige Kräfte und hohe Auslenkungen (= niedrige Impedanz) am Trommelfell in hohe Kräfte und niedrige Auslenkungen (= hohe Impedanz) an der Vorhofmembran umsetzen.« Mehr dazu hier.

Das hat mich auf die Impedanz gebracht. Man kennt sie praktisch nur von der Anpassung von Lautsprechern an den Verstärker, ans Radio. Typische Lautsprecher haben eine Impedanz von 4 oder 8 Watt. Früher gab es »hochohmige« Kopfhörer mit ein paar tausend Ohm Wellenwiderstand. Wikipedia definiert Impedanz unter anderem so: »Die Impedanz (lat. impedire ›hemmen‹, ›hin­dern‹) … gibt das Verhältnis von elektrischer Spannung … zu aufgenommenem Strom an«. Richtig, man hat’s so gelernt:
                                                U                                                                       V
                                       R = —               ( und in Maßeinheiten:  Ω = — )
                                                 I                                                                        A
Impedanz hat aber, wie wir im Ohr gesehen haben, eine viel weitere Bedeutung.
   Ohne »Impedanz«, genauer »Anpassung der Impedanz« oder nur »Anpassung«, geht nichts im Leben.
   Das fängt an bei Resonanz: Schwänge der Geigenkasten nicht mit, klänge die Geige dünn.
   »Ein Schlag ins Wasser« verursacht hauptsächlich Schallwellen, es klatscht; das Wasser aber schert sich wenig darum. Um ordentlich Wellen zu machen, braucht man ein Paddel.
   Menschliche Nerven lassen sich durch Strom reizen, es muss aber der »richtige« sein. So arbeiten »Tens«-Geräte zur Muskelstimulation im Bereich von einem bis hundert Hertz, weit weg von Hoch­fre­quenz (Mega­hertz) à la Handy. Wärmende Diathermie nutzt zwar Hochfrequenz, aber nicht wie ein Handy nur Bruchteile eines Watts sondern »bis zu mehreren hundert«.
   Dünne Fahrradreifen drehen durch in Sand und Matsch, Breitreifen nicht: »Nie mehr schieben mit fetten Reifen
   Neutrinos flitzen ungebremst durch die ganze dicke Weltkugel, weil sie nur schwach »wech­sel­wir­ken«. Ozon dagegen blockt UV-Strahlung.
   Mit nassem Finger verbrennt man sich an der heißen Herdplatte zunächst nicht.
   Etcetera.
   Überdehnt lässt sich sagen: Wer nicht hört (weil er Musikstöpsel im Ohr hat und den Player laut aufgedreht), muss fühlen. Wer nicht süddeutsch kann, wird auf »Obacht« nicht reagieren. Ich kann kein Chinesisch.

Zurück zur Physik. Meine These:  
   Man sehe sich in erster Linie die Energie an, um die es gehen kann, 
und dann, ob sie überhaupt wirksam werden kann: die Impedanz.

Link zu diesem Blog: http://blogabissl.blogspot.com/2014/11/impedanz.html

*) PS. Eine ganz phantastische Geschichte zu den Gehörknöchelchen. 
   Ich hatte mich als Ingenieur gefragt, wie die denn geschmiert werden – in der Luft des Mittelohrs? Die bewegen sich doch, sagen wir bei einem Tausend-Hertz-Ton, tausendmal in der Sekunde hin un her! Dazu schreibt mir nun Herr Lauxmann:
   »Die Gelenkschmiere ist eine synoviale Flüssigkeit, welche die Knochen am Leben erhält. Sie hat viskoelastische Eigenschaften, und die Relativbewegung der Knöchelchen selbst ist notwendig, dass die Knöchelchen und auch die Gelenke aus der synovialen Flüssigkeit heraus mit Nährstoffen versorgt werden. Die Dokotorarbeit von Sebastian Ihrle geht über das Gelenk zwischen Hammer und Amboss
   Mehr zu diesem Gelenkschmalz hier und besonders hier (englisch). Weitere Gedanken dazu. 

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