Stellt man sich die Staaten als eine Reihe von Motelzimmern vor, so ergibt sich die Frage: Wer darf wo was? Und umgekehrt: Wann sollte wer wem dreinreden?
Das
Kapitel »Souveränität«kommt selbst in der Wikipedia kompliziert und unbeholfen daher und »ist nicht hinreichend mit Belegen ausgestattet«, jedenfalls aktuell (Mai 2016). Schon das Einleitungskapitel ist eher unverständlich und gewunden; ein Auszug: »In der
Politikwissenschaft versteht man darunter [unter Souveränität] die Eigenschaft einer
Institution, innerhalb eines politischen Ordnungsrahmens einziger Ausgangspunkt der gesamten
Staatsgewalt zu sein«
Ich habe das Selbstbestimmungsrecht der Völker immer als alle anderen Rechte überragend angesehen. Einzige Einschränkung: Es darf andere Länder nicht ungefragt tangieren. »Tu, was du nicht lassen kannst, aber lass’ mich dabei in Ruh’«. Diese Auffassung lässt Krisen nicht über die Staatsgrenzen wuchern, schottet ab. Ganz so einfach ist auch das nicht, wie der Nebensatz »innerhalb eines politischen Ordnungsrahmens« erahnen lässt. Am Motel-Trivialbeispiel erklärt: Hat jedes Zimmer seine eigene Sicherung, so wirkt sich ein Kurzschluss durch ein fehlerhaftes Netzteil in einem Zimmer nicht auf die anderen aus; ist nur den ganze Gang abgesichert, geht dann in allen Zimmen das Licht aus. Explodierte in Frankreich ein Atomkraftwerk, zöge die Radioaktivität auch zu uns.
Als zum Beispiel 1975—1978 die
Roten Khmer rund zwei Millionen »ihrer« Menschen umbrachten, hat sich in der restlichen, jedenfalls westlichen Welt niemand drum gekümmert.
Auch an die »gescheiterten Staaten« denkt man wenig, sofern einem nicht Flüchtlinge von dort ins Haus stehen.
Nicht aufgeführt sind hier europäische Gebiete wie
Transnistrien (seit 1990), der Donbass oder die Krim.
Praktisch laufen externe Eingriffe in innerstaatliche Zustände immer nur bis zu einer mehr oder weniger stabilen Waffenruhe. Danach übernehmen vielleicht
Blauhelme,
Beobachter und oder Hilfsorganisationen. So lebten im weltgrößten
Flüchtlingslager Daadab in Kenia im Jahr 2011 über 450.000 Flüchtlinge. Deutschland
finanzierte damals 8 Prozent der UN.
Ich will aber zurück zur Souveränität. Sie hat nicht nur bei Ein- und Nichteinmischung etwas zu tun. Sie hat auch innerstaatlich viel mit (unserem Gefühl für) Demokratie zu tun. Einmischung untergräbt zunehmend die Demokratie, was man (je nach Situation) unterschiedlich bewerten kann.
Von Souveränität gibt’s eine moderne Auffassung. Ich zitiere wieder die Wikipedia: »Im internationalen Diskurs um
Responsibility to Protect
wird daher seit einiger Zeit versucht, Souveränität neu zu definieren:
nicht mehr als absolutes Abwehrrecht eines Staates, sondern als
Verpflichtung, für den Schutz seiner Bürger zu sorgen. Komme er dieser
Verpflichtung nicht nach, gehe die Verantwortung auf die internationale
Staatengemeinschaft über. Das Konzept der Schutzverantwortung wurde von
150
UN-Mitgliedstaaten im Schlussdokument der
UN-Vollversammlung 2005 akzeptiert und gilt als sich entwickelndes internationales Recht.« – Damit wären wir z.B. für Transnistrien mit zuständig, oder?
Ganz aktuell fragt man sich, ob wir der Türkei Vorschriften machen sollen, wie sie’s mit ihren aufständigen Kurden halten soll. Man kann sich ja erkundigen – Völkerrecht hin oder her.
Ich muss zugeben, dass ich mit meiner alten (veralteten?) Auffassung degegen bin, sich in Situationen einzumischen, die man sich hier nicht einmal vorzustellen vermag – solange sich nicht der Freistaat Bayern (mit Waffengewalt) an Österreich anschließen möchte (oder gar Kalifornien?)
Für viele, so vermute ich, spricht diese sukzessive Aufgabe von Souveränität gegen ihr Demokratieempfinden. Konkret:
• Brüssel hat eine »höhere« Souveränität als wir, und keiner wurde gefragt, ob wir das wollen.
• »Völkerrecht« steht sogar noch über EU-Recht. Es wird in New York von den Vereinten Nationen »gesetzt«, durch Abstimmungen, ähnlich wie bei der Fifa. Aber ich bin schon wieder polemisch.
• Innerhalb Deutschlands hat nicht nur die Bundesrepublik eine »Verfassung«, die noch aus Zeiten von Souveränität der Staaten stammt, auch die Bundesländer haben Verfassungen. Ähnlich, wie es hier eine Vielfalt von Polizeien gibt, siehe »
öffentliche Hoheiten«.
Es wäre an der Zeit, hier Klarheit und Einfachheit voranzutreiben, nicht nur immer »Alternativlosigkeit«.
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