Mit dem Rad war ich gerade schnell in Rom, in Florenz. Und jetzt sitze ich im Esszimmer, nach Mitternacht. Gisela baut ein Playmobilhaus zusammen, Nr. 3965, ist begeistert von deutscher Ingenieurskunst. Eigentlich ists ein Geburtstagsgeschenk der Großeltern an Carla. Hier der Stand um ein Uhr zehn.
Doch zurück zu mir und meinem Fahrrad. Ich hatte mich hinausgesetzt in den Garten – ’s ist ja wieder warm geworden –, Gisela hat derweil die Kinder gebadet und sie ins Bett gebracht (heute zwei: Alma ist zu Besuch, etwas nervös). Da hatte ich Zeit. Ich kopierte aus der »Sonntags-Zeitung fürs Deutsche Haus«, Heft 8, Seite 183, über die »Postbeförderung in alter und neuer Zeit« ein paar Zitate heraus. Der Witz ist, dass diese Sonntagszeitung von 1907 ist, hundert Jahre alt. Ein paar alte Ortsnamen (»Kiachta«) und Ausdrücke (»unterlegte Pferde«) musste ich im Web nachschlagen.
Danach kam ich irgendwie wieder auf mein altes Rennrad, und ob ich irgendwie die Originalfarbe, die sich vom heutigen aggressiveren Bianchi-Grün unterscheidet, herausfinden könnte. Je nun, da ich nun schon virtuell aufs Radl gestiegen war »landete« ich natürlich in Italien, fand ein noch älteres aus dem Jahr 1938:
noch mit dem Kettenspannungsausgleich in der Mitte und im Gegensatz zu meinem in gutem Zustand. Weiter radelte ich in Italien.
Neben dem Weg, immer noch im Web, hielt ich an bei einem Blog wohl einer Lehrerin, Pia. Zugegeben, ihr Layout und vor allem die Fotos springen zuerst ins Aug. Was die attraktiven Fotos mit der Dame zu tun haben, weiß ich nicht, sie selbst ists jedenfalls nicht.
Ich fing an zu lesen. Nun lese ich Italienisch, das ich so mittelgut kann, wie ein Gedicht: Ganz versteh ich’s nicht, aber es klingt wunderbar! (Nicht bös sein, Dichter!). Eine Fremdsprache hat etwas so herrlich Romantisches, wie eine fremde, zum ersten Mal gesehene Landschaft, empfohlen von Freunden und Baedeker. Man weiß, ist sicher, dass es da schön ist, sagen wir in Amalfi oder am Comer See. Assoziationen wie in der Muttersprache bleiben einem erspart, Enttäuschungen. Wie ein berühmtes Bild, so sind auch berühmte Orte garantiert schön (außer ’s regnet, à la Salzburger Schnürlregen, der nimmt selbst Salzburg den Charme). Mir geht es so mit Italienisch. Jedenfalls las ich mich ein in Pias Sprache, traf sie ein wenig in Florenz an im vorigen Jahr, in Rom jetzt, und sah, ›las‹ sie dann zurückkehren in ihre Klasse. Zu viel mehr hat es nicht gereicht. Stippvisite, wie so oft im Internet. Ein Blick halt, nur. Wie aus einem vorbeifahrenden Zug – oder eben vom Fahrrad beim Vorbeiradeln, was bekanntlich ein wenig mehr Zeit lässt zum Gucken (und Denken und Fühlen). Sätze, die man nur zu 83 Prozent versteht, die sind geheimnisvoll; und geheimnisvoll ist gefühlvoll; und gefühlvoll ist ganz schön.
Spät in der Nacht wurde Gisela fertig mit dem Haus.
Hier spielen die Kinder (Carla mit Freundin Alma) bereits damit, am Samstagmorgen, glücklich. Das dritte Kind ist auch dabei, noch glücklicher.
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