10. März 2018

Ist Deutschland reich?

»Deutschland ist doch ein reiches Land!« – Wenn diese Meinung nicht immer nur dann vetreten würde, wenn es um zusätliche öffentliche oder private Ausgaben geht, so könnte man darauf vielleicht gelassen antworten. Natürlich sind wir reich! Nur leider hat das mit der Frage der Verteilung, der Umverteilung nichts zu tun. Dagobert Duck könnte seinen ganzen Geldspeicher verteilen, mehr als ein Strohfeuer wäre das nicht, auf ganz Entenhausen gesehen. 
Vor zehn Jahren hatte ich mich schon einmal zum Thema ausgelassen, hier nachzulesen
   Heute geht es mir nur um die Frage, seit wann Deutschland gegen den »Europäischen Stabilitätspakt« von 1993 verstößt. Der am 1. November 1993 in Kraft getretene Stabilitätspakt war ja nicht einfach nur eine guter Vorsatz für 1994, oder? Da wird sich doch jemand was gedacht haben? Oder sind Verträge in Europa nicht erst gemeint? »Nächstes Jahr gebe ich dann das Rauchen auf!«.
   Am 17. Juni 1997 wurde der Stabilitätspakt dann geltenes EU-Recht, verbindlich. Wir Bürger haben uns darauf verlassen. Das waren die vereinbarten Regeln:
Neuverschuldung maximal 3% Prozent des Bruttoinlandsprodukts,
• Schuldenstand maximal 60 % des Bruttoinlandsprodukts.

   Deutschland war dann gleich das erste Land, das den Maastricht-Vertrag unter Bundeskanzler Schröder gebrochen hat. Dazu wurde nach der Hochwasserkatastrophe in Ostdeutschland eine Katastrophenklausel herangezogen, Schröder populistisch: »Maastricht interessiert mich nicht« (Quelle).
   Danach waren die Dämme gebrochen, die Dämme gepumpten Geldes. Weil Deutschland nicht wie im Vertrag vorgesehen sanktioniert wurde, haben anschließend auch viele andere EU-Länder den Maastricht-Vertrag gebrochen. Inzwischen ist diese »Schuldenbremse« Makulatur, eine bloß historische Erinnerung an strengere Vorsätze. Heute liegt die Staatsverschuldung Deutschlands bei 68 Prozent.
   Besonders die Entwicklung ist erschreckend (Quelle):


Schulden des öffentlichen Gesamthaushalts von 1950 bis 2016
Jahr in Millionen Euro
1950
  
9.574
1951
  
10.747
1952
  
12.276
1953
  
14.775
1954
  
18.311
1955
  
21.357
1956
  
22.362
1957
  
23.158
1958
  
23.991
1959
  
25.463
1960
  
28.998
1961
  
32.215
1962
  
33.129
1963
  
36.026
1964
  
39.797
1965
  
44.697
1966
  
50.294
1967
  
58.018
1968
  
62.402
1969
  
62.982
1970
  
64.210
1971
  
71.661
1972
  
79.392
1973
  
86.421
1974
  
97.368
1975
  
130.008
1976
  
150.904
1977
  
167.119
1978
  
188.579
1979
  
210.950
1980
  
238.897
1981
  
278.221
1982
  
313.733
1983
  
343.279
1984
  
366.682
1985
  
388.436
1986
  
409.300
1987
  
433.788
1988
  
461.525
1989
  
474.704
1990
  
538.334
1991
  
599.511
1992
  
686.356
1993
  
769.898
1994
  
848.057
1995
  
1.018.767
1996
  
1.082.970
1997
  
1.132.442
1998
  
1.165.414
1999
  
1.199.582
2000
  
1.210.918
2001
  
1.223.503
2002
  
1.277.271
2003
  
1.357.723
2004
  
1.429.749
2005
  
1.489.853
2006
  
1.545.364
2007
  
1.552.371
2008
  
1.577.881
2009
  
1.694.368
2010
  
2.011.677
2011
  
2.025.438
2012
  
2.068.289
2013
  
2.043.344
2014
  
2.043.918
2015
  
2.020.704
2016
  
2.005.641
Datenquelle: Statistisches Bundesamt.

Thomas Fuster von der NZZ schreibt am 1. März 2018 in einem Kommenar zu Staatsschulden, »Austerität – also Sparsamkeit – muss nicht weh tun«: Die Staatsschulden liegen bei Industrieländern bei 104 % des Bruttoinlandsprodukts nahe dem Höchststand seit dem Zweiten Weltkrieg. Er kommt zum Schluss: Der derzeitige Aufschwung bietet eine ideale Gelegenheit, um den Schuldenabbau endlich  in Angriff zu nehmen – und zwar ausgabenseitig.« Er stützt sich dabei auf eine Studie von Alberto Alesina, Carlo Favero und Francesco Giavazzi von Harward, “What do we know about the effects of austerity?”, hier nachzulesen.

Links
 https://www.gold.de/staatsverschuldung-deutschland/
Eine ausführliche Studie über das Thema, samt einer »Schuldenuhr«:
Besonders interessant die Leserkommentare. die die ganze populäre Unsicherheit mit dem Thema aufzeigen.

Schulden sind gut, zu hohe Schulden sind schlecht. NZZ 4.11.2017

Der Staatschulden-Eisberg, NZZ 25.2.2013

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