20. November 2013

Willy

Über Verstorbene soll man nichts Böses sagen. Wenn einer aber derart posthum bejubelt wird wie zurzeit Willy Brandt, dann möcht’ ich doch meinen persönlichen Dämpfer auspacken.

Schlechtes, gar Böses habe ich über ihn nicht zu sagen. Ich habe nur meine eigene Meinung zu seiner Politik, speziell zu seiner Ostpolitik. Das hat mit dem Menschen nichts zu tun, den ich das eine oder andere Mal persönlich in Berlin erlebt habe – etwa bei seiner Rede nach der Mauer, man sieht mich deutlich im Bild (Originalartikel hier, das Bild aus Urheberrechtsgründen nur »zitiert« :–). Doch auch da war er der Politiker.
   Mein Freund Henning, ja, der mag den Menschen Brandt gekannt haben, hat er doch auch das zweitbekannteste Bild von ihm gemacht, das mit der Mandoline. Jüngst hat er mir erzählt, eine »Willy-Brandt-Schule« habe daraus die Zigarette wegretuschiert, zwecks politischer Korrektheit …
   Die »neue deutsche Ostpolitik« haben damals viele vertreten, letztlich sogar Franz Josef Strauß. Die Wikipedia vermeldet zwar aus dem Jahr 1969: »Strauß entwickelte sich zum vehementen Kritiker der Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt«. Dann aber: »1983 sorgte Strauß durch das Einfädeln eines Milliardenkredits für die DDR für Aufregung«. An der Ostpolitik hat mich alten »Zwangsmigranten« die Versöhnung nie gestört. Wir alle hatten persönlich und privat stets gute Bekannte, Freunde im Osten. Bei der Politik haben wir aber alle immer mehr weggesehen, hatten die Wiedervereinigung schon aufgegeben, kurz vor der »Wende«. Dieses Ceterum Censeo für die Wiedervereinigung, ja für den Sturz des Kommunismus’, das war dank Ostpolitik längst gefallen. Westpolitiker kamen sich weltmännisch vor, gentlemenlike, nobel, wenn sie auf Augenhöhe mit denen aus dem Osten verhandelten. Die »DDR« hatte längst aufgehört, nur in Anführungszeichen zu stehen. Die kommunistische Gesellschaft war gesellschaftsfähig.
   Ich war nie Politiker, aber immer stur. Ich bin zwar nicht gegen den Strom geschwommen, wider den Stachel gelöckt hab’ ich immer. Ich meine, dass der Ostblock ohne die Unterstützung durch den Westen früher pleite gegangen wäre – freilich eine bloße Meinung, über die sich streiten lässt.
   Inzwischen sind weite Gebiete des Westens ebenfalls pleite, was nach traditionell gemeinnützigen (marxistischen?) Gepflogenheiten den Staat immer mehr übernehmen und an immer mehr Schrauben planwirtschaftlich drehen lässt. Moloch Staat zieht dann einfach Privatvermögen ein (und seien es Bilder eines alten Mannes) oder entwertet sie (etwa mit einer EU-weit vorgeschriebenen Mindestinflationsrate). Statt sich zurückzuziehen, Rahmenbedingungen für eine freie Wirtschaft zu schaffen, und sich ansonsten um Recht und Ordnung zu kümmern, gibt er immer mehr selbstgedrucktes Geld aus, Konfetti für das Volk.

Link zu diesem Eintrag: http://blogabissl.blogspot.com/2013/11/willy.html

Lachnit: Mann und Frau am Fenster, »gefundenes« Bild, mehr hier

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