27. Dezember 2008
Die Bonner »Namen-Jesu-Kirche« – einstweilen ein trauriges Kapitel
Wenn in der fröhlichen Weihnachtszeit die Glöcklein zart klingen, und Monsignore, unser Stadtdechant, predigt, es sei an uns, für Wärme und Licht in der dunklen Nacht dieser Welt zu sorgen, dann mag auch ich über Kirche bloggen, über die »Namen-Jesu-Kirche«. Zumal mich am 25. Dezember in der leeren Früh dort eine Japanerin ansprach, ob dies denn Beethovens Geburtshaus sei und so bedauerlich geschlossen? Ich konnte sie trösten: Das Beethovenhaus ist in der gleichen Straße (der Bonngasse) hundert Meter weiter nördlich. Kommt man vom Hauptbahnhof, aus dem Zentrum von Bonn oder vom üblichen Reisebusparkplatz, so muss man an der Namen-Jesu-Kirche vorbei, wenn man zum Beethovenhaus will.
Hier rechts ein Stück Stadtplan von 1865, da steht die Jesuitenkirche tatsächlich noch dem Gymnasium gegenüber. Die »Hospitalgasse« ist die heutige Friedrichstraße.
An der Namen-Jesu-Kirche prangt heute ein Schild:
Jesuitenkirche
1686—1698 als Kirche der 1590 gegründeten Bonner Jesuitenniederlassung erbaut.
Heute Universitäts- und Gymnasialkirche.
Das Schild ist veraltet. Das Land, dem das ehemalige Gotteshaus gehört, hätte schon längst ein neues, großes Baustellenschild an das schmucke grüne Gerüst hängen müssen:
Hier lässt Ihr Bundesland Nordrhein-Westfalen eine Kirche für Sie verfallen. Das dauerhafte Gerüst schützt in- und ausländische Passanten vor herabfallenden Fassadenteilen der Jesuitengotik Jakob de Candreas. Die neuen Scheinwerferstelen, dem Stil des Hauses aufs Modernste kontrastierend, leuchten Abends ins Grüne und wurden für Sie bereits Graffiti-geschmückt. Wir bitten um Verständnis.
Die Namen-Jesu-Kirche soll 2009 zur altkatholischen Bischofskirche werden, mit Kaffeehaus in Sakristei und Garten und einem Kolumbarium im Keller, wo künftige Stifter urnenbeigesetzt werden könnten. »Allerdings ist noch kein Vertrag unterschrieben,« sagte die Pastorin der Bonner altkatholischen Gemeinde, Henriette Crüwell, Ende November 2008. Es müsse eine Stiftung entstehen, die wenigstens dreihunderttausend Euro zusammenbringt. Das gebe nun Gott!– Die Stiftung finden Sie auf www.StiftungNamenJesuKirche.De und hier rechts ein Foto aus besseren Zeiten, Dezember 2005
Wenn in der fröhlichen Weihnachtszeit die Glöcklein zart klingen, und Monsignore, unser Stadtdechant, predigt, es sei an uns, für Wärme und Licht in der dunklen Nacht dieser Welt zu sorgen, dann mag auch ich über Kirche bloggen, über die »Namen-Jesu-Kirche«. Zumal mich am 25. Dezember in der leeren Früh dort eine Japanerin ansprach, ob dies denn Beethovens Geburtshaus sei und so bedauerlich geschlossen? Ich konnte sie trösten: Das Beethovenhaus ist in der gleichen Straße (der Bonngasse) hundert Meter weiter nördlich. Kommt man vom Hauptbahnhof, aus dem Zentrum von Bonn oder vom üblichen Reisebusparkplatz, so muss man an der Namen-Jesu-Kirche vorbei, wenn man zum Beethovenhaus will.
Hier rechts ein Stück Stadtplan von 1865, da steht die Jesuitenkirche tatsächlich noch dem Gymnasium gegenüber. Die »Hospitalgasse« ist die heutige Friedrichstraße.
An der Namen-Jesu-Kirche prangt heute ein Schild:
Jesuitenkirche
1686—1698 als Kirche der 1590 gegründeten Bonner Jesuitenniederlassung erbaut.
Heute Universitäts- und Gymnasialkirche.
Das Schild ist veraltet. Das Land, dem das ehemalige Gotteshaus gehört, hätte schon längst ein neues, großes Baustellenschild an das schmucke grüne Gerüst hängen müssen:
Hier lässt Ihr Bundesland Nordrhein-Westfalen eine Kirche für Sie verfallen. Das dauerhafte Gerüst schützt in- und ausländische Passanten vor herabfallenden Fassadenteilen der Jesuitengotik Jakob de Candreas. Die neuen Scheinwerferstelen, dem Stil des Hauses aufs Modernste kontrastierend, leuchten Abends ins Grüne und wurden für Sie bereits Graffiti-geschmückt. Wir bitten um Verständnis.
Die Namen-Jesu-Kirche soll 2009 zur altkatholischen Bischofskirche werden, mit Kaffeehaus in Sakristei und Garten und einem Kolumbarium im Keller, wo künftige Stifter urnenbeigesetzt werden könnten. »Allerdings ist noch kein Vertrag unterschrieben,« sagte die Pastorin der Bonner altkatholischen Gemeinde, Henriette Crüwell, Ende November 2008. Es müsse eine Stiftung entstehen, die wenigstens dreihunderttausend Euro zusammenbringt. Das gebe nun Gott!– Die Stiftung finden Sie auf www.StiftungNamenJesuKirche.De und hier rechts ein Foto aus besseren Zeiten, Dezember 2005
5. November 2008
Time for Change
(Plakate vom Museum für Gestaltung Zürich)
Die Bonner Kennedybrücke wird grundrenoviert. Eine Umbenennung kommt nicht in Frage. Also haben die Bonner heute Früh ihre Rheinfähre, die »Rheinnixe«, in »Obama-Boat« umbenannt :–). Klingt etwas bayrisch, finde ich.
(Plakate vom Museum für Gestaltung Zürich)
Die Bonner Kennedybrücke wird grundrenoviert. Eine Umbenennung kommt nicht in Frage. Also haben die Bonner heute Früh ihre Rheinfähre, die »Rheinnixe«, in »Obama-Boat« umbenannt :–). Klingt etwas bayrisch, finde ich.
4. November 2008
Trockner-ReparaturKondens-Wäschetrockner Marke (Quelle) Privileg 165 CD
Bauknecht TK Plus 72A Di mit Wärmerückgewinnung siehe hier.
Ernstes Symptom: Der Trockner läuft und läuft und läuft, doch die Wäsche bleibt nass. Im Kondenswassergefäß kein Wasser, im Flusensieb keine Flusen. Test: Legt man eine Münze – nur eine Münze – in den Trockner und schaltet ihn ein, müsste die dort eigentlich gut hörbar herumkugeln. Tut sie aber nicht, weil sich die Trommel nicht dreht, was man aber hinter dem geschlossenen Deckel nicht sieht.
Diagnose: Trommel-Treibriemen gerissen. Weil der auch dem Ventilator-Treibriemen seine Spannung gibt, ist der Ventilatortreibriemen abgesprungen, sieht zu lang aus, ist es aber nicht. Das ganze Unglück, den zerfetzten Treibriemen, sieht man erst, wenn man den Trockner öffnet.
Details zum Trockner – andere Trockner mögen ähnlich sein:
Das Typenschild findet man vorne unten links nach Öffnen des Deckels.
Bestellnummer 03 15 12 Trockner 165 CD
Produktnummer 0315127 Modell ZTWO128 Priv-Nr. 8213 Prod.-Nr. 031.512-7 Fertig-Nr. 912 00486 (DM 699,– im Jahr 2000)
Die Trommel – viel leichter als eine Waschmaschinentrommel, da nur langsam drehend – ist nur hinten an der Rückwand befestigt, mit einem Sprengring. Man muss die Trommel ausbauen, um deren Treibriemen zu erneuern. Also: Deckel abschrauben – jetzt kann man noch einmal verifizieren, dass sich die Trommel »beim Trocknen« nicht mehr dreht –, Trockner aufs Gesicht legen, »unten« an der Rückwand den Plastikdeckel des Ventilatorriemens abnehmen (eine Schraube) und dann die ganze Rückwand (viele). Ein Akkuschrauber leistet gute Dienste (7-mm-Schrauben). Beim Motor – das gelbe Rad sitzt auf dessen Achse, siehe Bild – die elektrische Verbindung zur Heizung beim Ventilator abstecken und aus dem losen Kabelbinder ausfädeln; das sind die im Bild rechts sichtbaren drei Drähte rot, blau und weiß mit dem grauen Stecker (noch angesteckt), der oben vom Treibriemen etwas verdeckt wird.
Im Foto sieht man auch schön die Führung der beiden Treibriemen. Der untere, schwarze, der ist in dem Stadium natürlich noch gerissen und erst einmal nicht da …
Dann den Sprengring von der Achse lösen. Er verbirgt sich unter einer weißen Schutzkappe.
Jetzt lässt sich die Rückwand abnehmen. Am besten nach vorne klappen, damit die Kabel bei der Zuleitung nicht gestreckt werden.
Hebt man dann die Trommel heraus, springt einem vorne ein abgeschliffener Schleifkontakt entgegen, auch Kohle oder Bürste genannt. (Der Trockner arbeitet ohne diese elektrische Verbindung zur rotierenden Trommel – nur nicht der Trockenfühler. Ohne Kohle denkt der Trockner, die Wäsche sei schon trocken und hört auf. Dann geht er nur mehr mit Zeitschaltung.) Hier im Bild – Blick von oben vorne in den Trockner – sieht man in der unteren Bildmitte noch ein wenig die Feder, die die Kohle – einen länglichen Quader – an die Trommel gedrückt hatte, und die dunklen Kohlestaubreste am ursprünglich rosa Schaumgummiring. Die Kohle fehlt!
Man bestelle also von vorne herein beim Quelle-Service »Profectis«, Telefon 0180-5136050:
• 7708787 (1) Riemen 1975 H7 für Euro 16
• 0728394 (1) Bürste vorn für Euro 8,80
zuzüglich Versand – alles ganz zivil, sogar auf Rechnung.
Den Schleifkontakt baut man bei ausgebauter Trommel ein. Man öffnet den Deckel der Feuchtigkeitsfühlelektronik, die dann so wie hier aussieht – immer noch ohne Bürste. Das graue Kabel in Bildmitte, das zur Bürste führt, muss man abziehen und den kleinen Deckel über der Bodenplatte der Bürstenfeder im Gegenuhrzeigersinn öffnen. Nun kann man die Reste der alten Bürste – kleine Bodenplatte, Feder und Kupferzuleitung – herausnehmen und durch den neuen Kohlenschleifer ersetzen.
Im linken kleinen Bild der Kontakt vor dem Ersetzen, mit etwas hochgeklapptem Deckelchen, rechts schon mit der neuen Bürste aber natürlich noch ohne Trommel, an der der gelblich schimmernde Kohlestift später schleift. Beim Zusammenbauen das graue Kabel und den Deckel nicht vergessen.
Erst jetzt sollte man die Trommel wieder einbauen, den neuen Treibriemen herumwinden – wie, sieht man im ersten Bild – die Achse etwas ölen. Dann die Rückwand wieder auflegen, die beiden Zwischenringe und den Sprengring wieder auf die Achse, eventuell wieder ölen, Achsenschutzdeckel aufschrauben. Nun den elektrischen Anschluss der Heizung – das besagte rote, weiße und blassblaue Kabel – wieder durch den Kabelbinder fädeln und anstecken. Den Ventilatortreibriemen aufsetzen, dann den Schutzdeckel. Jetzt endlich wieder die Rückwand festschrauben. Fertig.
Das letzte Bild zeigt einen provisorischen Schleifkontakt aus einem Stück Gartendraht, der in die Feder passte; seine grüne Umhüllung nicht, sodass der Haken von der Feder gegen die Trommel gedrückt wurde. Den eigentlichen Kontakt macht dann eine kupferne Ablötlitze, ohne die es vermutlich auch gegangen wäre. Achtung: Die Trommel dreht sich in beiden Richtungen, hier links, wie meist, linksherum.
Noch ein Tipp: Das Kondenswasser kann man, wenn man keinen Wasserabfluss in der Nähe hat, in die Waschmaschine schütten.
Stand November 2008. Fragen notfalls an mich, Fritz@Joern.De. Bei der Arbeit Netzstecker ziehen. Keine Garantie für gar nichts. Viel Glück!
PS. April 2017. Wenn unten der dreieckige Filter immer schwerer und dann gar nicht mehr richtig reingeht, wenn dessen Handgriffklappe schlechter und schlechter schließt, keine Gewat anwenden! Bei mir hatte sich unten ganz drin im Gehäuse ein kleiner Filzpropf gebildet. Den musste ich mit einem Draht erst vorsichtig blind herauspopeln, und dann ging wieder alles glatt!
Bauknecht TK Plus 72A Di mit Wärmerückgewinnung siehe hier.
Ernstes Symptom: Der Trockner läuft und läuft und läuft, doch die Wäsche bleibt nass. Im Kondenswassergefäß kein Wasser, im Flusensieb keine Flusen. Test: Legt man eine Münze – nur eine Münze – in den Trockner und schaltet ihn ein, müsste die dort eigentlich gut hörbar herumkugeln. Tut sie aber nicht, weil sich die Trommel nicht dreht, was man aber hinter dem geschlossenen Deckel nicht sieht.
Diagnose: Trommel-Treibriemen gerissen. Weil der auch dem Ventilator-Treibriemen seine Spannung gibt, ist der Ventilatortreibriemen abgesprungen, sieht zu lang aus, ist es aber nicht. Das ganze Unglück, den zerfetzten Treibriemen, sieht man erst, wenn man den Trockner öffnet.
Details zum Trockner – andere Trockner mögen ähnlich sein:
Das Typenschild findet man vorne unten links nach Öffnen des Deckels.
Bestellnummer 03 15 12 Trockner 165 CD
Produktnummer 0315127 Modell ZTWO128 Priv-Nr. 8213 Prod.-Nr. 031.512-7 Fertig-Nr. 912 00486 (DM 699,– im Jahr 2000)
Die Trommel – viel leichter als eine Waschmaschinentrommel, da nur langsam drehend – ist nur hinten an der Rückwand befestigt, mit einem Sprengring. Man muss die Trommel ausbauen, um deren Treibriemen zu erneuern. Also: Deckel abschrauben – jetzt kann man noch einmal verifizieren, dass sich die Trommel »beim Trocknen« nicht mehr dreht –, Trockner aufs Gesicht legen, »unten« an der Rückwand den Plastikdeckel des Ventilatorriemens abnehmen (eine Schraube) und dann die ganze Rückwand (viele). Ein Akkuschrauber leistet gute Dienste (7-mm-Schrauben). Beim Motor – das gelbe Rad sitzt auf dessen Achse, siehe Bild – die elektrische Verbindung zur Heizung beim Ventilator abstecken und aus dem losen Kabelbinder ausfädeln; das sind die im Bild rechts sichtbaren drei Drähte rot, blau und weiß mit dem grauen Stecker (noch angesteckt), der oben vom Treibriemen etwas verdeckt wird.
Im Foto sieht man auch schön die Führung der beiden Treibriemen. Der untere, schwarze, der ist in dem Stadium natürlich noch gerissen und erst einmal nicht da …
Dann den Sprengring von der Achse lösen. Er verbirgt sich unter einer weißen Schutzkappe.
Jetzt lässt sich die Rückwand abnehmen. Am besten nach vorne klappen, damit die Kabel bei der Zuleitung nicht gestreckt werden.
Hebt man dann die Trommel heraus, springt einem vorne ein abgeschliffener Schleifkontakt entgegen, auch Kohle oder Bürste genannt. (Der Trockner arbeitet ohne diese elektrische Verbindung zur rotierenden Trommel – nur nicht der Trockenfühler. Ohne Kohle denkt der Trockner, die Wäsche sei schon trocken und hört auf. Dann geht er nur mehr mit Zeitschaltung.) Hier im Bild – Blick von oben vorne in den Trockner – sieht man in der unteren Bildmitte noch ein wenig die Feder, die die Kohle – einen länglichen Quader – an die Trommel gedrückt hatte, und die dunklen Kohlestaubreste am ursprünglich rosa Schaumgummiring. Die Kohle fehlt!
Man bestelle also von vorne herein beim Quelle-Service »Profectis«, Telefon 0180-5136050:
• 7708787 (1) Riemen 1975 H7 für Euro 16
• 0728394 (1) Bürste vorn für Euro 8,80
zuzüglich Versand – alles ganz zivil, sogar auf Rechnung.
Den Schleifkontakt baut man bei ausgebauter Trommel ein. Man öffnet den Deckel der Feuchtigkeitsfühlelektronik, die dann so wie hier aussieht – immer noch ohne Bürste. Das graue Kabel in Bildmitte, das zur Bürste führt, muss man abziehen und den kleinen Deckel über der Bodenplatte der Bürstenfeder im Gegenuhrzeigersinn öffnen. Nun kann man die Reste der alten Bürste – kleine Bodenplatte, Feder und Kupferzuleitung – herausnehmen und durch den neuen Kohlenschleifer ersetzen.
Im linken kleinen Bild der Kontakt vor dem Ersetzen, mit etwas hochgeklapptem Deckelchen, rechts schon mit der neuen Bürste aber natürlich noch ohne Trommel, an der der gelblich schimmernde Kohlestift später schleift. Beim Zusammenbauen das graue Kabel und den Deckel nicht vergessen.
Erst jetzt sollte man die Trommel wieder einbauen, den neuen Treibriemen herumwinden – wie, sieht man im ersten Bild – die Achse etwas ölen. Dann die Rückwand wieder auflegen, die beiden Zwischenringe und den Sprengring wieder auf die Achse, eventuell wieder ölen, Achsenschutzdeckel aufschrauben. Nun den elektrischen Anschluss der Heizung – das besagte rote, weiße und blassblaue Kabel – wieder durch den Kabelbinder fädeln und anstecken. Den Ventilatortreibriemen aufsetzen, dann den Schutzdeckel. Jetzt endlich wieder die Rückwand festschrauben. Fertig.
Das letzte Bild zeigt einen provisorischen Schleifkontakt aus einem Stück Gartendraht, der in die Feder passte; seine grüne Umhüllung nicht, sodass der Haken von der Feder gegen die Trommel gedrückt wurde. Den eigentlichen Kontakt macht dann eine kupferne Ablötlitze, ohne die es vermutlich auch gegangen wäre. Achtung: Die Trommel dreht sich in beiden Richtungen, hier links, wie meist, linksherum.
Noch ein Tipp: Das Kondenswasser kann man, wenn man keinen Wasserabfluss in der Nähe hat, in die Waschmaschine schütten.
Stand November 2008. Fragen notfalls an mich, Fritz@Joern.De. Bei der Arbeit Netzstecker ziehen. Keine Garantie für gar nichts. Viel Glück!
PS. April 2017. Wenn unten der dreieckige Filter immer schwerer und dann gar nicht mehr richtig reingeht, wenn dessen Handgriffklappe schlechter und schlechter schließt, keine Gewat anwenden! Bei mir hatte sich unten ganz drin im Gehäuse ein kleiner Filzpropf gebildet. Den musste ich mit einem Draht erst vorsichtig blind herauspopeln, und dann ging wieder alles glatt!
1. November 2008
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– Soweit die automatische Ankündigung. Jetzt ich: Bilder auf http://picasaweb.google.com/Fritz.Joern/Bosseln
24. Oktober 2008
Westerwelle liest aus seinem Lieblingsbuch
– so war’s angekündigt in der Stadtbücherei Bonn für Freitag den 24. Oktober 2008 zehn Uhr. Und da bin ich hingegangen. Gekommen waren zwei zehnte Klassen der Gesamtschule Beuel, etwa sechzig Schülerinnen und Schüler um die sechzehn, ihr engagierter Lehrer dazu. Da musste uns’ Guido schon fragen, ob er du sagen darf. Er durfte, fiel aber im Eifer des Vortrags immer wieder ins Sie zurück. Sonst waren noch zwei Lokalreporter und zwei eher Alte gekommen, mich inbegriffen – keine Ahnung, warum so wenige. Also wurde dieses »Deutschland liest« zu einer guten Schulstunde.
Wir saßen wie immer bei Lesungen in der Kinderabteilung auf kindgerechten Teppichstufen und niedrigen Hockern. Gespannt. Herr Lehrer ermahnte wie ein Dirigent zu Aufmerksamkeit: »Handys aus, kein Kaugummi, keine Ohrhörer, wer noch muss …!« Dann Einzug der Entourage, ganz knappe Vorreden. Als erstes ließ Westerwelle die Klasse aufstehen, wie nicht mehr üblich – für das Gruppenfoto mit Politiker in der Zeitung. Die Stimmung lockerte sich. Der Vorleser und Redner, fesch im dunklen Maßanzug und gelb-schwarz-gestreifter Krawatte, hatte ein rundes Tischchen mit Wasser und Kaffee bekommen.
Was mochte Guido Westerwelles Lieblingsbuch sein? Nun, er hatte gleich drei mitgebracht, und empfahl den Schülern, wenn, dann richtig zu lesen: Klassiker wie Faust. Die seien so voller nützlicher Redewendungen, »hier bin ich Mensch« und so. »Vielleicht habt ihr das schon mal gehört.« – Eher nicht. Rat daneben.
Doch dann kam das wichtigste Buch seines Lebens, wie er sagte, und er packte – passend zum Ort – »Pippi Langstrumpf« aus, »von der großen Liberalen« Astrid Lindgren. Das kam gut an.
Wir hörten gut gelesen und doch zu schnell, nur abgelenkt von der Präsenz des Augenblicks, wie eigenartig und selbstbewusst das Mädel war, bis zur Schüsselszene: »›Warum ich rückwärts gegangen bin?‹, sagte Pippi. ›Leben wir nicht in einem freien Land? Darf man nicht gehen, wie man möchte? Übrigens will ich dir sagen, dass in Ägypten alle Menschen so gehen, und niemand findet das auch nur im Geringsten merkwürdig.‹« (Seite 15f). Dann setzte er seine randlose Brille wieder auf und interpretierte das hin auf Toleranz und Selbstbewusstsein. Pippi wäre unter uns gemobbt worden, ist sie aber nicht, weil sie stark war. Und sie war ohne Eltern, da nach dem Krieg geschrieben (1945). Westerwelle: »Das Buch ist eine Freiheitsstatue der Toleranz, Antwort auf das Dritte Reich«. Rückblenden auf Zeiten, die den Schülern ferne waren, wieder und wieder Rückblenden auch später im Vortrag. Dabei stellt sich Westerwelle hervorragend auf sein Publikum ein, erklärt alles und jedes, um ja niemanden zu überfahren, sagt etwa, was eine Biographie ist und was die Mauer, warum ein König von »Gottes Gnaden« regierte und danach nicht mehr. Alles wird zum Tutorial, gut, geschichtlich und gelehrig, nur blieb es mir bei der eindeutig jugendlichen Zuhörerschaft halt eher grundsätzlich, fast platt. Ich googelte derweil Herrn Westerwelles Geburtstag: 27. 12. 1961, über zwanzig Jahre vor dem meinigen.
Das zweite Buch seiner Bücher war das Gundgesetz, Artikel eins: »Die Würde des Menschen ist unantastbar«.
Beim dritten Lieblingsbuch wurde Westerwelle dann schon persönlicher: Christa Wolfs »Kassandra«. Frau Wolf hat andere politische Ansichten, meinte er, und doch sei dies seit über zehn Jahren sein Lieblingsbuch. Er zitierte: »Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg. Falls es da Regeln gäbe, müßte man sie weitersagen. In Ton, in Stein eingraben, überliefern. Was stünde da. Da stünde, unter andern Sätzen: Laßt euch nicht von den Eignen täuschen.« – Auch da hat Westerwelle nicht viel heruminterpretiert (findet man dergleichen doch vielfach im Netz): Wo Toleranz endet, beginnt Krieg. Dennoch habe Toleranz Grenzen, etwa gegenüber Intoleranten. Ab da hätte es interessant werden können.
Nach dieser halben Stunde Lesen eröffnete Westerwelle die Diskussion. Die Schülerinnen hatten artig Fragen erarbeitet, die nun abgespult wurden, nicht alle erwähnenswert. Heraus kam Westerwelles Vorliebe für Liebesromane, für John Irvings Garp. Hat er Zeit zu lesen? – Ja, viel, sagt er, und man wundert sich. Er sei bei der Suche für heute unter seinen Reclamheften wieder auf Michael Kohlhaas gestoßen, der – und wieder alles bestens erläutert – sich ins Unrecht setzt, weil er Recht behalten will und unverhältnismäßige Mittel einsetzt. Der Lehrer kannte Kohlhaasen gut, der sei jedoch kein Thema mehr fürs Zentralabitur. Kein Wort über die Sprache.
Westerwelles Gabe, das, was er sagt, einfach zu sagen und gut zu erklären, hat mich recht beeindruckt (nur könnt’s halt mehr sein …). Oder können Politiker die Kunst, rechtzeitig ’s Maul zu halten? Si tacuisses – Ja, Biographien liest er gern, jetzt gerade die über Rathenau. Wenn der Mann nicht ermordet worden wäre …?
Ich frage ihn dann nach politisch-philosophischer Literatur, von Hayek vielleicht, damit Liberalismus begründet und nicht immer nur mit Laissez-faire in Verbindung gebracht wird. Falsch: Westerwelle hängt sich auf am Laissez faire, erklärt’s natürlich, verwirft’s für den Liberalismus, bejaht Staat – und Ende. Die Jugend möge die Parteiprogramme lesen, sich die Persönlichkeiten ansehen, ansonsten bei Kant nachschlagen, Geist der Aufklärung. Anfangen mit Zeitungslesen. Politik – mein’ ich – ist heute Macht oder Ohnmacht, nicht angewandte Weltanschauung. Praktisch, populistisch, aus einem festen Stand heraus und dann ad hoc. »Mittlere« Überlegungen, Grundsätze etwas höherer Art als »Toleranz«, »Gerechtigkeit«, »Solidarität« bleiben weg. Doch ich schweife ab.
Westerwelle ist gern Politiker, hält auch Opposition für wichtig, will aber 2009 in die Regierung. Wenn’s nach seinem Vater gegangen wäre, wäre er Handwerker geworden. Doch er wechselt mit 15 nach der Mittleren Reife aus der Realschule ans hiesige Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium und macht 1980 Abitur. Schon während dem Gymnasium Schülerzeitung, Jungliberale, und dann, unvergessen, eine erfolgreiche Unterschriftensammlung gegen das Fällen der Poppelsdorfer Allee.
Seine Vorbilder? (Man merkt, die Fragen waren geplant.) – Eher Leitbilder, meint er: Walter Scheel, Otto Graf Lambsdorff, Hans-Dietrich Genscher. Westerwelle nennt Scheels Brief zur deutschen Einheit (»Moskau, 12. August 1970. Seiner Exzellenz dem Minister für Auswärtige Angelegenheiten der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Herrn Andrej Andrejewitsch Gromyko, Moskau. Sehr geehrter Herr Minister, im Zusammenhang mit der heutigen Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken beehrt sich die Regierung der Bundesrepublik Deutschland festzustellen, daß dieser Vertrag nicht im Widerspruch zu dem politischen Ziel der Bundesrepublik Deutschland steht, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Genehmigen Sie, Herr Minister, die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung. Walter Scheel«).
Und dann begeistert sich Westerwelle noch für offene Grenzen, wieder für Freiheit. Er warnt, sie sei keine Selbstverständlichkeit und müsse verteidigt werden. Wann, wie und wo – soweit kommen wir leider nicht. Den Jugendlichen gibt er ein »Erkenne dich selbst« auf den Weg, und das ist ja wirklich schon einmal die halbe Miete. »Lernen Sie!« Die Schüler fanden ihn sympathisch.
Damit endet gegen 11.20 Uhr diese ungewöhnliche, erfrischende Lesung.
– so war’s angekündigt in der Stadtbücherei Bonn für Freitag den 24. Oktober 2008 zehn Uhr. Und da bin ich hingegangen. Gekommen waren zwei zehnte Klassen der Gesamtschule Beuel, etwa sechzig Schülerinnen und Schüler um die sechzehn, ihr engagierter Lehrer dazu. Da musste uns’ Guido schon fragen, ob er du sagen darf. Er durfte, fiel aber im Eifer des Vortrags immer wieder ins Sie zurück. Sonst waren noch zwei Lokalreporter und zwei eher Alte gekommen, mich inbegriffen – keine Ahnung, warum so wenige. Also wurde dieses »Deutschland liest« zu einer guten Schulstunde.
Wir saßen wie immer bei Lesungen in der Kinderabteilung auf kindgerechten Teppichstufen und niedrigen Hockern. Gespannt. Herr Lehrer ermahnte wie ein Dirigent zu Aufmerksamkeit: »Handys aus, kein Kaugummi, keine Ohrhörer, wer noch muss …!« Dann Einzug der Entourage, ganz knappe Vorreden. Als erstes ließ Westerwelle die Klasse aufstehen, wie nicht mehr üblich – für das Gruppenfoto mit Politiker in der Zeitung. Die Stimmung lockerte sich. Der Vorleser und Redner, fesch im dunklen Maßanzug und gelb-schwarz-gestreifter Krawatte, hatte ein rundes Tischchen mit Wasser und Kaffee bekommen.
Was mochte Guido Westerwelles Lieblingsbuch sein? Nun, er hatte gleich drei mitgebracht, und empfahl den Schülern, wenn, dann richtig zu lesen: Klassiker wie Faust. Die seien so voller nützlicher Redewendungen, »hier bin ich Mensch« und so. »Vielleicht habt ihr das schon mal gehört.« – Eher nicht. Rat daneben.
Doch dann kam das wichtigste Buch seines Lebens, wie er sagte, und er packte – passend zum Ort – »Pippi Langstrumpf« aus, »von der großen Liberalen« Astrid Lindgren. Das kam gut an.
Wir hörten gut gelesen und doch zu schnell, nur abgelenkt von der Präsenz des Augenblicks, wie eigenartig und selbstbewusst das Mädel war, bis zur Schüsselszene: »›Warum ich rückwärts gegangen bin?‹, sagte Pippi. ›Leben wir nicht in einem freien Land? Darf man nicht gehen, wie man möchte? Übrigens will ich dir sagen, dass in Ägypten alle Menschen so gehen, und niemand findet das auch nur im Geringsten merkwürdig.‹« (Seite 15f). Dann setzte er seine randlose Brille wieder auf und interpretierte das hin auf Toleranz und Selbstbewusstsein. Pippi wäre unter uns gemobbt worden, ist sie aber nicht, weil sie stark war. Und sie war ohne Eltern, da nach dem Krieg geschrieben (1945). Westerwelle: »Das Buch ist eine Freiheitsstatue der Toleranz, Antwort auf das Dritte Reich«. Rückblenden auf Zeiten, die den Schülern ferne waren, wieder und wieder Rückblenden auch später im Vortrag. Dabei stellt sich Westerwelle hervorragend auf sein Publikum ein, erklärt alles und jedes, um ja niemanden zu überfahren, sagt etwa, was eine Biographie ist und was die Mauer, warum ein König von »Gottes Gnaden« regierte und danach nicht mehr. Alles wird zum Tutorial, gut, geschichtlich und gelehrig, nur blieb es mir bei der eindeutig jugendlichen Zuhörerschaft halt eher grundsätzlich, fast platt. Ich googelte derweil Herrn Westerwelles Geburtstag: 27. 12. 1961, über zwanzig Jahre vor dem meinigen.
Das zweite Buch seiner Bücher war das Gundgesetz, Artikel eins: »Die Würde des Menschen ist unantastbar«.
Beim dritten Lieblingsbuch wurde Westerwelle dann schon persönlicher: Christa Wolfs »Kassandra«. Frau Wolf hat andere politische Ansichten, meinte er, und doch sei dies seit über zehn Jahren sein Lieblingsbuch. Er zitierte: »Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg. Falls es da Regeln gäbe, müßte man sie weitersagen. In Ton, in Stein eingraben, überliefern. Was stünde da. Da stünde, unter andern Sätzen: Laßt euch nicht von den Eignen täuschen.« – Auch da hat Westerwelle nicht viel heruminterpretiert (findet man dergleichen doch vielfach im Netz): Wo Toleranz endet, beginnt Krieg. Dennoch habe Toleranz Grenzen, etwa gegenüber Intoleranten. Ab da hätte es interessant werden können.
Nach dieser halben Stunde Lesen eröffnete Westerwelle die Diskussion. Die Schülerinnen hatten artig Fragen erarbeitet, die nun abgespult wurden, nicht alle erwähnenswert. Heraus kam Westerwelles Vorliebe für Liebesromane, für John Irvings Garp. Hat er Zeit zu lesen? – Ja, viel, sagt er, und man wundert sich. Er sei bei der Suche für heute unter seinen Reclamheften wieder auf Michael Kohlhaas gestoßen, der – und wieder alles bestens erläutert – sich ins Unrecht setzt, weil er Recht behalten will und unverhältnismäßige Mittel einsetzt. Der Lehrer kannte Kohlhaasen gut, der sei jedoch kein Thema mehr fürs Zentralabitur. Kein Wort über die Sprache.
Westerwelles Gabe, das, was er sagt, einfach zu sagen und gut zu erklären, hat mich recht beeindruckt (nur könnt’s halt mehr sein …). Oder können Politiker die Kunst, rechtzeitig ’s Maul zu halten? Si tacuisses – Ja, Biographien liest er gern, jetzt gerade die über Rathenau. Wenn der Mann nicht ermordet worden wäre …?
Ich frage ihn dann nach politisch-philosophischer Literatur, von Hayek vielleicht, damit Liberalismus begründet und nicht immer nur mit Laissez-faire in Verbindung gebracht wird. Falsch: Westerwelle hängt sich auf am Laissez faire, erklärt’s natürlich, verwirft’s für den Liberalismus, bejaht Staat – und Ende. Die Jugend möge die Parteiprogramme lesen, sich die Persönlichkeiten ansehen, ansonsten bei Kant nachschlagen, Geist der Aufklärung. Anfangen mit Zeitungslesen. Politik – mein’ ich – ist heute Macht oder Ohnmacht, nicht angewandte Weltanschauung. Praktisch, populistisch, aus einem festen Stand heraus und dann ad hoc. »Mittlere« Überlegungen, Grundsätze etwas höherer Art als »Toleranz«, »Gerechtigkeit«, »Solidarität« bleiben weg. Doch ich schweife ab.
Westerwelle ist gern Politiker, hält auch Opposition für wichtig, will aber 2009 in die Regierung. Wenn’s nach seinem Vater gegangen wäre, wäre er Handwerker geworden. Doch er wechselt mit 15 nach der Mittleren Reife aus der Realschule ans hiesige Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium und macht 1980 Abitur. Schon während dem Gymnasium Schülerzeitung, Jungliberale, und dann, unvergessen, eine erfolgreiche Unterschriftensammlung gegen das Fällen der Poppelsdorfer Allee.
Seine Vorbilder? (Man merkt, die Fragen waren geplant.) – Eher Leitbilder, meint er: Walter Scheel, Otto Graf Lambsdorff, Hans-Dietrich Genscher. Westerwelle nennt Scheels Brief zur deutschen Einheit (»Moskau, 12. August 1970. Seiner Exzellenz dem Minister für Auswärtige Angelegenheiten der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Herrn Andrej Andrejewitsch Gromyko, Moskau. Sehr geehrter Herr Minister, im Zusammenhang mit der heutigen Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken beehrt sich die Regierung der Bundesrepublik Deutschland festzustellen, daß dieser Vertrag nicht im Widerspruch zu dem politischen Ziel der Bundesrepublik Deutschland steht, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Genehmigen Sie, Herr Minister, die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung. Walter Scheel«).
Und dann begeistert sich Westerwelle noch für offene Grenzen, wieder für Freiheit. Er warnt, sie sei keine Selbstverständlichkeit und müsse verteidigt werden. Wann, wie und wo – soweit kommen wir leider nicht. Den Jugendlichen gibt er ein »Erkenne dich selbst« auf den Weg, und das ist ja wirklich schon einmal die halbe Miete. »Lernen Sie!« Die Schüler fanden ihn sympathisch.
Damit endet gegen 11.20 Uhr diese ungewöhnliche, erfrischende Lesung.
23. Oktober 2008
GPSed Track "zu T-Mobile"
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11. Oktober 2008
Herbst 2008 in Bayern
Alle Bilder klickbar. Eine größere Auswahl von Bildern mit Ortsangaben (“geotagged”)
auf http://picasaweb.google.de/Fritz.Joern/Bayern08
Waren das volle, übervolle Tage! Die Farben, Blicke, die weiten Täler, Seen, Schlösser und barocken Kirchen mit ihren eigens verbreiterten Kuppeln, dazu Berge im Schnee, Gold und Salzburg, eine Fülle, unbeschreiblich (hier links ein Rundblick auf den Hochaltar im Kloster Ettal und weiter hinauf bis über Kopf. Alle Bilder klickbar!). Gelegentlich nasskaltes Herbstwetter haben wir dabei glücklich umfahren, bis auf den letzten Nachmittag im Legoland – wo allerdings Carla ohnehin hauptsächlich Wasser spritzen wollte im Piratenmeer …
Samstag, 27. September 2008: Bonn—Grassau
Gisela hatte schon am Vorabend gepackt. Nur Brote musste sie noch schmieren und Proviant für uns in der Ferienwohnung in die Kühltasche tun. Ich holte das Auto, schleppte den Koffer und die Taschen, überließ das Verstauen der planenden Hand der Gattin. Um Viertel nach Neun kamen wir los (km 32609).
Die Kölner Strecke war gesperrt. Außerdem wollten wir Würzburg und die Staus dort meiden. So fuhren wir die gemütliche Strecke (max. 130 km/h) über Koblenz. Sie stellte sich als gleich lang heraus, die Navigation sprang noch in Bonn auf unsere Route um.
In Rheinböllen wurden wir »dynamisch« vor einem Stau ausgeleitet, woraufhin Carla einen kleinen À-la-carte-Hunger äußerte. Wir stillten ihn im morgendlich-überforderten »Burger King« (Mama Kaffee, Carla einen Riesen-»Bägel«), ein Fehler. Die staufreie Fahrt entlang der Autobahn über die L214 durch ein friedliches Tälchen beruhigte wieder. Dann auf der Autobahn ganz ohne Stau weiter, bis eigentlich fast zum guten Ende.
Von Hockenheim wollte ich nach Stuttgart über Heilbronn fahren statt »unten herum« über Karlsruhe. Doch sonderbarerweise wollte mir das die Navigation bis kurz vor Heidelberg austreiben und mich penetrant bei jeder Autobahnabfahrt wenden lassen. Warum ist diese ganze teure Navigationstechnik so undurchsichtig? In Bonn hatte sie sich flugs auf A61 statt A3 umgestellt, super, aber auf der A6 merkte sie nicht, dass Zurückfahren viel mehr Zeit gekostet hätte. Technik wird gern nebulös gemacht.
Der Tag dagegen war strahlend, Kaiserwetter. Wir fuhren weiter und weiter in den Süden. Erst vor Rosenheim, nach dem Irschenberg mit seinem »Gelobten-Landes-Blick« in die Inntal-Ebene, gab es einen langen Baustellenstau. Ich war versucht, mich verboten rechts in einen der Dienstwege zu schlagen, ließ es dann aber sein. Wir waren eh gut in der Zeit.
Um halb sechs kamen wir in Grassau an (km 33172 = 563, 8 Stunden). Wir fanden eine sehr schöne, gut ausgestattete Ferienwohnung im ersten Stock eines neuen Doppelhauses vor, etwas niedelputz – so Kunstblumen allenthalben –, dafür blitzsauber (Gänsbachstr. 6a, 83224 Grassau, Christel Droese, 08641-2200, mobil 0171-6833292, Euro 72/Tag, dazu Euro 40 Endreinigung).
Die Beine gestreckt haben wir uns dann bei einem Spaziergang zum örtlichen Volksfest, dem »Grassauer Michaeli-Markt«, Modell Wanderzirkus mit Ständen. Allerdings gab es eine Schiffsschaukel alter Art, kurzhubig, genug, dass mir schon bei einmal fahren ganz schlecht wurde. Gisela hat es ganz gelassen. Carla freute sich wie ein Kind, und noch mehr am Karussell. Ich atmete durch, blickte in die Berge, ganz oben die Schnappenkapelle, und war glücklich. (Man beachte bei den Bildern die Zoomspanne meiner Lumix FZ18.)
Zu Abend gegessen haben wir prächtig-bayrisch (bedient sogar von einer einigermaßen einheimischen Kellnerin) im Großgastgaus ***Weßner Hof in Pettendorf, zwischen Grassau und Marquartstein (www.Wessnerhof.De). Dabei ist Carla die Bajuwarischste von uns allen, mit ihrer Vorliebe für Schweinebraten mit Knödl, siehe unser Essen am Königsee. (Mittlerweise muss sie sich da etwas zurückhalten, sie wird sonst selbst so.)
Ein wenig Stress begleitete uns dennoch durch diese Ferien, besonders durch Giselas Blackberry, der überhaupt nicht realisierte, dass wir auf Urlaub waren, und ihr alle möglichen eiligen Aufgaben zuordnete. Gemeinsame Tage voller Programm lassen zuweilen die Blutdrücke steigen, dann sich aber schnell wieder beruhigen.
Sonntag, 28. September 2008: Aschau
Ein herrlicher Tag wieder, feiner Morgendunst bei Sonnenaufgang im Tal; ich unterwegs zum Bäcker in Downtown Grassau, zwanzig Minuten ein Weg. Mein Tal! Da habe ich neun Jahre gelebt, damals mein halbes Leben lang.
Nach einem ausgiebigen Frühstück sind wir über Bernau nach Aschau gefahren, diese schöne Strecke entlang dem Fuß der Alpen, mit Straßenschwüngen durch die Wiesen, vorbei am alten Solepumpwerk.
In Aschau wurden wir vom hundertjährigen Jubiläum der Bahn hinauf auf die Burg Hohenaschau überrascht. Man hatte einen Tag der offenen Tür arrangiert, mit Festreden, mit Frühschoppen und Festreden, vor allem mit herrlicher Herbstsonne. Und wir mittendrin! Außerdem erlebten wir »am Rande« eine Falkenflugvorführung, trefflich erklärt und wahrlich erhebend.
Die Morgensonne schien in die Burgkirche. Die eigentliche Ausstellung im Schloss, »Adel in Bayern«, haben wir uns dann freilich auch noch angesehen, ein erster Eindruck von alldem, was da in diesen Ferien noch kommen sollte an Architektur, Sälen, Gemälden und Möbeln. Hier waren es ein vollständig ausgemalter Saal, oben ein heller Barockfestsaal (Preysing-Ahnensaal), die übliche repräsentative Stiege hinauf, und zum Spass alte Kleider zum Anprobieren. Vieles ein Verdienst des Nürnberger Industriellen Dr. Theodor von Cramer-Klett, den König Ludwig II dann zum »Freÿherrn« diplomierte – siehe Bild und Wikipedia. Cramer-Klett, MAN-Gründer, damals reichster Bayer, sollte uns wieder und wieder begegnen, bei Neuschwanstein, in Ottobeuren.
Dann ein gutes Mittagessen in der strahlenden Sonne unterm Sonnenschirm, das Bier im Bild zeugt davon; Weißwürste und – wie stets zu viel – obendrauf ein Paarl Frankfurter.
Als Abstieg sind wir noch mit der Bahn hinuntergefahren, ein wahrhaft historisches Kleinkabinettstück, vorne und hinten Kondukteurkabinen – wie für den Kutscher –, in der Mitte für die Passagiere. Dafür hatte man auch drei getrennte Schranktüren vorgesehen. Die Bahn hielt davor, präzise wie die U-Bahn in Tokio. Interessant auch die technischen Einzelheiten, eine neue Funkfernsteuerung statt der schnee- und eisanfälligen Signalstromabnehmer, der alte 22-PS-Bitter-Elektromotor. Glück für uns also auf ganzer »Linie«: Burg, Ausstellung, Falken, Bahn.
Am Nachmittag fuhren wir dann die Kampenwandbahn hinauf, eine Kabinenseilbahn mit schön kleinen Kabinen, scheints vom Deux-Chevaux abgeleitet. Gisela wurde blass beim unvermeidlichen Schaukeln. Oben auf der Bergstation in 1450 Meter Höhe tausend Leute, die meisten hochalpin herausgeputzt fürs Herumsitzen im Kaffeehaus. Carla und ich sind dann noch bis zum Kreuz unter der Kampenwand spaziert, haben Kletterer hoch oben beim (harmlosen) Abstieg von der Kampenwand beobachtet. Ich ging nur noch bis zur Kampenwandhütte auf 1510 Meter. Müde waren wir alle schon. Weiter Blick, allerdings dunstig. In die Berge hinein und hinunter in die Täler, ja, das ist wie aus dem Flugzeug: Man weiß nur mit Glück, was was ist. Herrenchiemsee musste man erahnen (oder nachträglich im Foto kontrastanreichern). Dann, wieder an der Bergstation, vielleicht zwanzig Minuten Schlangestehen bis zur Abfahrt. Gisela hatte schon vorher Angst. Während wir warteten, starteten abenteuerlich Drachenflieger zu ihrem langen Gleitflug ins Tal – mutig oder übermütig, das konnten wir nicht beurteilen, jedenfalls zögerlich.
Übrigens sieht man überall in den Bayrischen Alpen größere oder kleinere Gruppen von Käferbäumen, völlig intakt, nicht weggeräumt. Die haben es wohl aufgegeben, gegen den Borkenkäfer anzugehen. Mode Biodiversität. Inzwischen habe ich bemerkt, dass sogar ein Holzabschnitt mit eingebrannten Grüßen vom Königsee, den sich Carla für einen Euro dort aus dem Automaten gezogen hat, voller Käferlöcher und Holzmehl ist!
Zurück von Aschau dann über Sachrang und Österreich, mit meinen Erinnerungen als Schüler an das Porsche-Bergfahrertraining mit Edgar sel. (von Sebi nach Hausern), den Walchsee (nicht »Walchensee«!) entlang nach Kössen, dort Kühe getroffen und am Giesswein-Outlet vorbei durch die Klobensteinerstraße die Tiroler Ache entlang nach Marquartstein (nicht »Achen«, wie’s an der Autobahnbrücke steht, die haben wohl einen Einheimischen schlecht verstanden!) . Der Weg lässt sich im »Track« nachverfolgen, den ich mit dem Blackberry und seinem GPS »aufgenommen« habe.
Abend gegessen haben wir dann dort minder im Prinzregenten. Überhaupt scheint Marquartstein heruntergekommen zu sein. Im alten Zentrum steht die das einst so stolze Alpenrose seit Jahren leer, der große Block gegenüber scheint nicht voll bewohnt zu sein. Carla habe ich noch die Brücke gezeigt mit ihren Bögen, vgl. die Bilder vom Treffen im Juni 2008, dort sieben Bilder weiter die alte Alpenrose.
Montag, 29. September 2008: Kössen, Königsee
Immer noch gutes Wetter. Wir wollen es ausnutzen und zum Königsee fahren, allerdings erst in Kössen shoppen beim Giesswein-Outlet mit seinen »Walkwaren«: Mama und Papa Haussschuhe, Carla eine Jacke, Papa einen Walkjanker aus feinstem Zwirn und eine Schiebermütze. Also über Schleching und die Bärenklamm nach Kössen, wo wir reichlich anzuziehen fanden, manches aber leider dort beließen – dabei hätt’ mir das alpine Ch’misetterl so gut gestanden, na ja, eigentlich eine salontiroler Weste.
Dann endlich ab gen Königsee, den Giselas Audi-Navigation nicht kannte, außer als Kaff bei Ilmenau in Thüringen – völlig falsch. Selbst als Sehenswürdigkeit in Berchtesgaden war der Königsee nicht zu finden. Aber es gibt ja noch Straßenschilder und alte Erinnerungen. Die Anfahrt weiter über Österreich (Erpfendorf, Pass Strub, Lofer, ehem. österr. Bundesstraße 1) war tatsächlich wenige Kilometer kürzer als über Bayern (Reit im Winkl, Seehaus, an Ruhpolding und Inzell vorbei) – ich schwelgte still in Erinnerungen an meine Radfahrten die Ache hinauf nach Kitzbühel durch das breite, schöne Tal (Hager und Kössener Straße). Die Holzmeister-Kirche in Erpfendorf haben wir darüber verpasst. In Lofer verpassten wir auch die neue Umfahrung – da ist schon alles Schnellstraße. Dafür sahen wir den Ort und kamen dann irgendwann einmal über Schneizlreuth und die Ramsau, die wir nur halb tangierten (vor dem Taubensee ab zum Hintersee, Protest von Gisela, also gleich wieder links ab und zurück durch die Graßlergasse auf die B305 Alpenstraße), über die Hinterschönau zum Königsee – in Google Maps sehe ich, dass man navigationstechnisch wohl »Schönau am Königsee« hätte ansteuern müssen. Wetter nach wie vor herrlich, am Spätnachmittag Höhenwolken sich bildend.
Die übliche Bootstour mit Elektrobooten und Echotrompeterei – ich hatte das noch nie gemacht, obwohl ich viele Erinnerungen an den Königsee habe, Wanderungen bis zum Malerwinkel und mehr. Es war wunderschön. Mein alter Wahlspruch: “If a tourist, be a tourist!”, hat sich wieder einmal bewährt. Überall allerdings Menschen in Massen, besonders alte im Pseudo-Safari-Look. Ja, die Würde des Alters weicht einer Wellness- und Seniorensafarimode; knorrige Stöcke mit Erinnerungs-Beschlägen werden zu ausziehbaren Walking-Sticks. Auf »Barthelmä« haben wir Mittag gegessen im Biergarten (»historische Gaststätte«). Carla und Gisela haben um die Wette gezeichnet und gemalt. Danach sind wir weiter zum Ende des Königsees gefahren, dort dann – schon im abendlichen Schatten – zum Obersee gewandert, ein ganz kurzer, flacher Spaziergang, nur mehr wenig Leute. Kleinod. Ganz oben die frisch beschneiten Berge, drunter Felsen, Wasserfälle, unten Wald und Wiesen, der See. Glücklich ging es am Ende wieder den dunkelnden See entlang zurück – nachzuverfolgen über unsere Spur im Netz.
Über Berchtesgaden, Markt Schellenberg (Geld ziehen in Deutschland), Sankt Leonhard (Tanken in Österreich) fuhren wir über die Autobahn heim – vorher noch schnell ein Einkauf im örtlichen Großmarkt, schon um Almdudler auf Vorrat zu haben.
Dienstag, 30. September 2008: Kehlsteinhaus, Salzburg
Die Berge hängen in Wolken. Das lang angekündigte schlechte Wetter will uns wohl erwischen. Also beschließen wir – ’s ist eh unser letzter Tag in Oberbayern – nach Salzburg zu fahren.
Vorher wollen wir aber noch Hitlers Teehaus sehen, das unter den verschiedensten Namen mehr oder weniger bekannt ist: Kehlsteinhaus (korrekt, am Kehlstein, kommt von »Göll-Stein« am Hohen Göll), Adlerhorst oder Eagle’s Nest (amerikanische Bezeichnung), Teehaus, Obersalzberg, Berghof und Alpenfestung (falsch, ist was anderes in der Nähe) – man mache sich in der Wikipedia klug. Dazu fuhren wir von Grassau diesmal über Staudach und Bergen (nicht Bernau!) auf die Autobahn, wie immer lieblich den Alpenfuß entlang. Danach wieder die gewohnte Strecke über den Anfang der österreichischen Tauernautobahn Richtung Berchtesgaden – ein Zehn-Tages-Pickerl (»Vignette«) hatten wir uns brav gekauft, Euro 7,60.
Ab Parkplatz Obersalzberg ging es dann mit dem praktischen Zwangsbus am hässlichen Großhotel vorbei steil hinauf zum Fuß des Kehlsteinhauses, sehr beeindruckend, weil’s neben der Straße steil hinuntergeht. Natürlich sind wir nach der Buchung der Busrückfahrt mit dem historischen unterirdischen Lift hinaufgefahren. Oben war’s kalt, der Hohe Göll (2.522 m) ganz in Wolken. Es schmeckte nach Schnee. Carla kletterte mit anderen Kindern auf die herumstehenden Kleinberge – wir haben dort ja Kalkstein, der so schön romantisch verwittert. Es gab noch einen kleinen Imbiss mit Bergdohlenbeschau (»nicht füttern!«), Gedanken an Adolf, Bormann und den irren Bau in nur einem Jahr (Wikipedia: »Für diese Baumaßnahmen wurden keine Zwangsarbeiter, sondern italienische Spezialisten und deutsche Arbeiter angeheuert. Um ein Zusammenkommen dieser mit ortsansässigen Frauen zu vermeiden, wurde sogar ein Bordell eingerichtet.«) Schöner leichter Grusel, vor allem hoch im Gebirge auf 1820 Meter. Die hölzerne Aufschrift am Haus »1832 m« ist irreführend, so hoch ist der Kehlstein, nicht sein Haus.
Oberalm, Puch, Salzburg konnte man im Dunst erahnen, dank Zoom und Picasas »Auf gut Glück!«-Bildbearbeitung im Foto dann auch sehen. Genug geguckt, wir wollten nach Salzburg.
Bis nach Salzburg sind es nur 25 Kilometer. Dort fuhren wir noch ein wenig um den Mönchsberg herum, um zum Siegmundstor zu kommen und die unterirdische Garage anzusteuern, die südliche. Perfekt. Wir kamen bei der Pferdeschwemme heraus – immer noch ohne Regen. Es war allerdings trüb und beinahe kalt. In der Stadt macht das nichts. Natürlich sind wir durch die Getreidegasse flaniert. Mit Carla haben wir uns ordentlich Mozarts gelbes Geburtshaus angesehen, nett gemacht, weitläufiger als hier unser Beethovenhaus. Eine Ausstellung zeigt Erinnerungen, Opernmodelle, und endet im obligatorischen Gift-Geschäft. Carla bekam ein schönes Buch über die Trapp-Familie, das sie begeistert zu lesen anfing – sogar noch im Café Tomaselli, wohin wir meine Schwester Marianne kurz entführten. Es war schön, sie wiederzusehen. Nachträglich war Gisela allerdings noch mehr von Mme. Porsche beeindruckt (im Armani-Outfit, wie sie’s einschätzte); sie saß auch da und wurde besonders zuvorkommend bedient. Danach ging es – bei gelegentlichem Nieselregen – weiter herum in Salzburg: Residenzplatz, Dom, Franziskanerkirche – für mich die schönste –, Markt, Juwelier N1 in der Churfürststraße (ein Armreif für Carla für zehn Euro), Judengasse. Dort schwelgten meine Damen in Eiern, als Christbaum- und Osterschmuck. Wirklich gebraucht haben wir nur Unterhemden für mich, die wir vergessen hatten mitzunehmen, gab’s bei Zara für € 7,90. Geschäfte hat Salzburg! Und alles auf knappem Raum, elegant und doch unprätentiös. City-Genuss pur.
Am Abend sind wir dann bei immer stärker werdendem Regen zum Friesacher in Anif gefahren. Wir hatten Glück und bekamen einen schönen Tisch in der Zirbenstube. Dort ein sehr gutes, modern-alpines Essen, unser bestes bei dieser Reise, und nicht so teuer.
Im strömenden Regen ging’s nächtens heim über die Autobahn, Übersee nach Grassau. Dort durfte Carla bei Mama schlafen, Papa begnügte ich mit dem Klappbett im Gästezimmer und konnte dafür lesen, ohne zu stören.
Mittwoch, 1. Oktober 2008: Grassau—Schwangau, Linderhof, Ettal, Wieskirche
In der Früh hieß es aufstehen, packen – was ja stets Gisela macht –, frühstücken, Schlüssel übergeben und fahren. Ein paar Nerven lagen blank, als Gisela Carla währeddessen wieder vor den Fernseher schickte. Nach dem Frühstück hatten wir uns beruhigt.
Wir wollten an diesem Tag nach Füssen überwechseln, unserem zweiten Standort in diesen kurzen Ferien. Gisela hatte in Schwangau ein Hotelzimmer (»Familienzimmer«) gebucht, das sich als recht groß aber eher ungemütlich herausstellte – trotz einer sehr netten Familie, die dieses Hotel »Waldmann« betrieb (Parkstraße 5, 87645 Schwangau/Alterschrofen, Telefon: 08362 8426, www.Hotel-Waldmann.De, Euro 95/Tag, insgesamt samt Kurtaxe 196,80). Vielleicht hätte sie die Suche nach Füssen ausweiten sollen oder gar Reutte in Tirol – dafür waren wir wirklich nur Minuten von den Schlössern entfernt.
Erst aber kam die wunderschöne lange Fahrt durch Herbst mit Föhn, vom Chiemsee bis zum Foggensee. Wir ließen uns von der Navigation leiten – unsere Spur (»Track«) kann man ganz gut im Internet bis zum Schloss Linderhof verfolgen, dem ersten Ziel an diesem Tag. Wir wurden erst ganz nach München geleitet auf den südlichen Ring, dann auf die Starnberger Autobahn, wunderbar neu und leer. Ich war dort zuletzt bei ungeheuerem Schneetreiben mit Birte nordwärts gefahren (siehe www.Joern.De/ und dann SchneeBaden.pdf). Jetzt fuhren wir weiter in den Süden, breite Täler, Herbstlaub, alte Erinnerungen an Murnau und den Staffelsee – und vor uns die Berge! Carla hörte endlos den Herrn der Diebe von Cornelia Funke, wir unterhielten uns gemütlich bei hoher Geschwindigkeit. Vor Garmisch geht es ab über Ettal zu Ludwigs Linderhof, der an der Seite einer Seitenstraße nach Österreich liegt. Kennt man Ludwigs Schlösser, so wundert man sich, wie klein das Schlösschen ist, fast wie eine große Villa nur. Dafür im Gegensatz zu Neuschwanstein und Herrenchiemsee ganz ausgebaut und häufig von ihm, dem Einsiedler, bewohnt.
Hinter der Fontäne wird die »Gegenseite« des Schlosses gerade renoviert, die Treppenanlage zum Venustempel (für 650.000 Euro laut offizieller Website). Die Fontäne spritzt nur genau alle halbe Stunde, ein Lichtspiel in der Sonne über frisch vergoldeten FKK-Grazien. Es war kühl (besonders für die), aber herrlich herbstlich, vor allem die Laubengänge, der Park, die Wälder. Im Schloss eine gedrängte Fülle düsteren Rokokos – »bitte nehmen Sie Ihre Rücksäcke vor den Bauch, damit Sie nirgends anstoßen!« Versucht man sich in die Zeit einzudenken – Eisenbahnen, Telegraphenlinien, Strom, Gasbeleuchtung und bald auch Glühbirnen, Erfindungen, Entdeckungen, Kolonien – so sieht man erst, wie abseitig dieser Ludwig war. Schön für uns heute, blöd für damalige Zeiten. Im ersten Zimmer, dem »Vestibül«, ein mittelgroßes Bronze-Reiterstandbild seines französischen Vorbilds Ludwig des XIV mit darüber dessen Wahlspruch »nec pluribus impar« (keinem unterlegen, ’s Wasser kann ihm keiner reichen).
Das »Schärfste« ist die Venusgrotte im Park. Sie soll die größte künstliche Grotte in Europa sein, gebaut für seinen Freund Wagner. Fotografieren soll man in keinem der Schlösser, warum genau, weiß ich nicht, vermutlich, um den dichten Fluss der Besucher nicht stocken zu lassen, doch angeblich aus »urheberrechtlichen« Gründen. Dabei muss das Copyright auf Ludwigs Fresken längst schon abgelaufen sein, mit Respekt. Ich finde das dumm. Französische Museen zum Beispiel sind da viel fortschrittlicher. Allerdings sind Ludwigs Schlösser, etwa Linderhof, amtlich bestens Internet-dokumentiert. Eigene »Postkartenaufnahmen« sind – obwohl Digitalbilder nichts kosten, und irrsinnig viel fotografiert wird – im Zeitalter von Internet und Panoramio ohnehin unsinnig geworden, oder sie belegen und beleben die eigene Sammlung wie einstmals eingeklebte Ansichtskarten in Fotoalben. Das fand ich schon bei meinen Großeltern eher langweilig – falsch.
Wir haben dann noch am Rückweg zum Auto pünktlich die Fontäne und das »Marokkanische Haus« im Park angesehen, zur Abwechslung orientalischer Kitsch.
Nach diesem überwältigenden Eindruck, ja, da wollten wir noch weitere mitnehmen … Wir fuhren also nicht weiter über Österreich nach Füssen, sondern zurück zum Kloster Ettal, an dem wir vorbeigekommen waren. Ein großes Ding, ungeheuer groß für die Gegend. Die zugehörige Kirche hat schon diesen charakteristischen Höcker mitten am Dach, an eine Kotflügelverbreiterung erinnernd. Das haben die gemacht, um innen noch mehr Himmel bemalen zu können. Protz und Pomp, und doch eine ungeheure Kunst, in diesen Deckengemälden die Figuren hinwegschweben zu lassen, leicht in den luftigen Himmel.
Nach Ettal pausierten wir in Oberammergau. Dort gibt es wenig zu sehen, ein ganz bemaltes Forsthaus vielleicht aus dem Jahr 1763. Wir saßen daneben auf der Veranda des guten, teuer renovierten *****Hotels Maximilian in der Sonne.
Und weil wir wie immer das angesagte schlechte Wetter Tag für Tag drohend vor uns fürchteten, haben wir trotz vorgerückter Stunde vorsichtshalber gleich noch die Wieskirche besichtigt, ein kleiner Umweg auf der Fahrt von Oberammergau Richtung Füssen. Wirklich “worth a detour”! Die Kirche – die schönste Barockkirche Deutschlands – liegt sozusagen mitten auf einer Wiese, nebenbei ein Bauernhof, sonst eigentlich nichts. So jedenfalls ist der Eindruck. Wo sollen all die Gläubigen herkommen, die Kirche zu füllen, die Fülle der Verzierungen, die Statuen und Gemälde zu bestaunen? Wie sich neben dem Altar in einem Seitengang zeigte, ist »die Wies« eine Wallfahrtskirche: Rührende Ex Votos zeugen vom tiefen Glauben der Pilger, der Marienverehrer aus aller Welt. Carla war sehr beeindruckt – obwohl sie erst gar nicht mehr aus dem Auto hatte aussteigen wollen. Alle waren wir der Monumente müde, »stuff«. So hatte ich als Kompromiss Carla draußen in der Sonne am Wiesenzaum stehen gelassen. Gisela ging sie dann holen und tröstete sie. Als ich aber nach der Besichtigung auch noch den Abendhimmel fotografierte, platzte selbst ihr der Kragen. Dicke Luft bei Sonnenuntergang.
Ein noch schmalerer Feldweg gegen Südwesten führte uns wieder auf die Hauptstraße zurück (ein Eilig-Ansässiger überholte uns rechts durch die Wiese) und alsbald zur Zielgeraden auf die Königsschlösser und Schwangau (Schwangauer Straße). Trotz Schatten war der Anblick großartig: links auf halber Höhe am Berg das hochgestreckte, weiße Schloss Neuschwanstein, rechts tiefer beim Tal das dottergelbe Schloss Hohenschwangau. Die Allee hatte Standstreifen für Fotografen. Wir nutzen sie. Unser Tagesziel war erreicht. Stress passee.
Nach dem, wie gesagt, eher enttäuschendem Zimmer – mit verstopftem Waschbecken – wollten wir noch Abend essen. Man empfahl uns ein Gasthaus ein paar hundert Meter weiter in der Füssenerstraße (B17), wo’s uns trotz einem raschen Gang Carlas zur Toilette gleich wieder olfaktorisch hinaustrieb. Jetzt in der Nachsaison saß auch nur eine einsame amerikanische Familie da und ließ sich das Menü erklären. Ein älterer Koch lief mit deutlich benutzter Dienstkleidung und lang schon geknoteter weißen Krawatte in der Wirtsstube herum.
Wir also weiter nach Füssen, mehr müde als hungrig, mehr gleichgültig als verärgert. Füssen ist nah. Die scheints beste Pizzeria am Ort hatte über eine Stunde Wartezeit, also wanderten wir in die Fußgängerzone und aßen bei einem Italiener im ersten Stock, einigermaßen gut, sicherlich zu viel (San Marco, Reichenstr. 19, Euro 42,55). Danach todmüde ins Bett und gut geschlafen.
Das war wohl unser »vollster« Tag gewesen. Warum ist diese Ecke Deutschlands so reich an Barock? War so reich? Ich meine mich zu erinnern, dass mein Freund Schorsch erzählte, der normale Weg nach Italien sei damals nicht über München, Rosenheim, Innsbruck und den Brenner gegangen, sondern, da flacher, über Augsburg, Füssen, Fernpass und den Reschen. Dann wär’s kein Wunder. (Eben finde ich in der Wikipedia-Beschreibung des Klosters Ettal: »Als denkbares Gründungsmotiv Ludwigs ist anzunehmen, dass die Klostergründung neben dem Seelenheil des Kaisers auch der Sicherung des Handelsweges von Augsburg nach Verona dienen sollte.«)
Donnerstag, 2. Oktober 2008:
Hohenschwangau und Neuschwanstein, Reutte, letzter ganzer Tag
Nun aber endlich zum Höhepunkt – zumindest aus Sicht allgemeiner Bekanntheit. Für Carla Disneyland und das Schloss von Barbie zugleich, für uns schon ein bekanntes, doch immer wieder gern gesehenes. Da kann man sich so schön moquieren über Kitsch und Co. – Hohenschwanstein.
Das Wetter war (erstmals) wirklich trüb und eher kühl. Dennoch haben wir es ohne Regenschirm gewagt. Passt schon. Mit dem Auto die paar Meter zum Riesenparkplatz, fast fünf Euro. Dann etwas ungewohnt das Besucherzentrum die Alpseestraße hinauf gefunden, amerikanerumgeben, Wikipedia: »Hohenschwangau [der Ort] wird jährlich von etwa zwei Millionen Menschen besucht«. Teuer sind diese Besuche. Die beiden Schlösser sind unter unterschiedlicher Verwaltung, das alte Hohenschwangau im Besitz des »Wittelsbacher Ausgleichfonds« und Neuschwanstein gehört (unter anderem …) mir (oder haben wir hier in Nordrhein-Westfalen keinen Anteil an den Besitztümern von Bayern?).
Hohenschwangau kannten Gisela und ich noch nicht, liegt es doch immer etwas im Schatten von Neuschwanstein (in der Früh vielleicht wörtlich). Wir waren positiv überrascht. Freilich herrscht dort wieder die eher dunkle Atmosphäre von Linderhof, ob wegen dem trüben Wetter, zum Schutz der Farben oder von den immer dunkler werdenden barocken Holzverzierungen, den anlaufenden Silber- und Bronzetischaufsätzen, den die Säle füllenden Leuten? Soll Tudor-Stil sein.
Der Rundgang zeigte halt wieder den Blick zurück in eine erdachte germanische Vergangenheit mit schönen, wohlgenährten nackten Frauen und bärtigen Helden mit komischen Namen wie »Autharis und Theudelinde« (die Story, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Authari, hat noch 1887 ein österreichischer Eisenbahner, Adolf Schweyer, bedichtet, da war mein Großvater schon sechs). Der befreiende Blick aus den Fenstern ging bis zum den Alpsee, leider nicht auf die Berge; zu trüb. Holz und Möbel wurden verarbeitet als sei’s Stuck, Stuck als hielten die Wände sonst nicht – wenn ich noch einmal abschweifen darf: Wollte Großvater in meiner Jugend in Bozen einen Nagel in die Wand schlagen, musste wir erst ein konisches Stück Holz in die Wand gipsen, Dübel waren noch nicht erfunden. Als einzige Neuheit fand ich einen alten Kanaldeckel im Hof: »Gas & Wasser Leitungs-Geschäft Stuttgart 36.Calwer.Strasse36.«
Schon auf diese erste, sozusagen »rechte« Burg waren wir mit der offenen Pferdekutsche gefahren, für Carla wohl die Hauptattraktion der Gegend, fünf Euro je Person, drei beim Kutscher, zweimal vier im Wagen. Unser erster Kutscher war ein eingebürgerter Kosovare (ein s, v), der schon zu Hause Pferde gehabt hatte, zum Holztransport. Nett. Auch den zweiten Aufstieg, den längeren nach Hohenschwanstein, machten wir comme il faut mit der Kutsche, diesmal einer Kutscherin aus der Gegend. Ja, man bräuchte für eine Kutsche acht Pferde, zum Wechseln. Selbst im Winter wird gefahren. Uns wurde es ein wenig knapp. Zuletzt hatte es mit einem kinderfreundlichen Ausländer noch Streit gegeben, der schwupps alle seine Kinder vorne am Kutschbock platziert hatte, sodass weder für ihn noch für Gisela und mich mehr Platz war. Man muss sich gleich beim Kauf der Karten auf bestimmte Führungen zeitlich festlegen. Die Fahrt war dann wieder gemächlich-gemütlich, wenn allerdings schon bei sehr trübem Wetter. Hohenschwanstein selbst brauche ich wohl nicht zu beschreiben (, ist bestens dokumentiert), dicht gedrängte Führungen in raschem Takt, treppauf, wendeltreppab im Rundlauf, staunende Mengen, Köpfe in den Nacken geworfen, ein Thronsaal ohne Thron, ein Sängersaal mit riesiger »Fototapete« und ohne, dass man sich Gesang dort vorstellen könnte. Man muss wohl ein Wagner-Fan und -Kenner sein, um sich einfühlen zu können. Ich bin’s nicht, kenne aber auch die heutigen Traumwelten à la Harry Potter nicht. Bei mir reicht’s höchstens bis zu Schneewittchen oder der Kamphoevenerin.
Hernach waren wir herzhaft müde, Carla dazu hungrig, aßen im Gasthaus in der obersten Kurve in Bahnsteigatmosphäre Wiener Würstchen (Imbiss Schlossrestaurant Neuschwanstein, eine Brezel 3,10). Mir gelang es nicht, die Damen zum Weitergehen zur Marienbrücke zu bewegen, schade. So muss ich’s mir bloß im Netz ansehen, und erfahre, dass Cramer-Klett sie gebaut hat. Also doch neue Technik bei Ludwig …
Stattdessen fuhren wir an den Strand, an den Forggensee unten, nach Brunnen. Bauernhöfe mit Pferden, Wiesen, Wohnwagenpark, Gasthäuser, alles außerhalb der Saison. Gisela und Carla »Innendienst« mit Kuchen (Seeklause, Fam. Geiger), ich einen Rundgang am Strand, optische Erholung. Und dann? Immerhin unser letzter Ferienabend.
Also sind wir nach Füssen hineingefahren, haben bei der Fußgängerzone geparkt, und kleine Einkäufe gemacht. Ein Michelin-Führer – den wir hätten am Anfang haben sollen –, Obst, was aus der Apotheke.
In einem letzten Aufbäumen der Reiselust (und einsetzendem Regen) ging’s dann nach Reutte in Tirol. Weite Täler, Schnellstraßen. In Reutte versuchten wir, das »erste Haus am Platze« zu finden, landeten im Hirschen, aßen meiner Meinung nach gut, jedenfalls gemütlich zu Abend. Neben uns eine feine amerikanische Familie mit Baby und den Großeltern, die eingeladen hatten. Gisela und Carla malten wieder. In Nacht und Regen heimgefahren.
Freitag, 3. Oktober: Rückfahrt, Ottobeuren, Legoland
Heute endlich war Legoland dran. Allerdings goss es dermaßen, dass das Gisela schon absagen wollte. Dafür hatten wir noch Zeit bis vor Ulm …
Auszug aus dem Schlafsaal, gemütliches Frühstück, ein paar Worte mit den Wirtsleuten, ab unter Schirmen.
Erst einmal ging es bei schönem, grünem Regen kurvig und klein-klein übers Land, dann ein gutes Stück Autobahn, und südlich Memmingen wieder ab in die Pampa – der »Track« zeigt’s. Bald einmal sieht man hinunter in das Tal nach Ottobeuren und dort die riesige Kirchenanlage, ungeheuer. Im Kirchenschiff – fast so groß wie der Salzburger Dom – war die Dorfjugend dabei, zum kommenden Erntedankfest einen verschwindenden Obststand mit Schilfdach aufzubauen (Carla hatte sich getraut zu fragen). Barock die Fülle, die Decke allerdings mit einem halbdurchsichtigen Netz abgehängt, weil am Dach renoviert wird. Dabei muss die Statik ein wenig korrigiert werden. Das riesige Höckerdach drückt die Seiten nach außen, wie wir lasen. Und endlich einmal ein Josef mit Kind statt immer nur Maria. Carla hatte danach gefragt, zu meiner Rührung. Josef (oder ist es gar ein anderer?) jedenfalls lieblich lächelnd und so überüppig rokoko, dass man ihm gerne einen Haarschnitt spendiert hätte. Das schlafende Jesuskindelein hält sich an einer goldenen Ranke fest.
Neugier und Zufall führten mich durch eine Tür des rechten Seitenflügels ins Kloster. Nach einem Gang entlang ausrangierter Beichtstühle öffnet sich ein weitläufiges Gebäude, im ersten Stock ein »Museum« mit Zimmern über Zimmern von gesammelten Kostbarkeiten. Der Mann an der Kasse (fünf Euro für alle), leicht behindert, Typ Quasimodo, der schon hatte schließen wollen, hinter uns her mit unverständlich gemurmelten Erklärungen und Hinweisen. Wir eilig auf der Suche nach dem »Kaisersaal« – wirklich ein schöner, hoher Konzertsaal, leider voll mit moderner Bestuhlung. Eine barocke Bibliothek. Wir hasten hinauf und hinab durch bis ins letzte barockisierten, bemalten, beschrifteten Treppenaufgänge, Gängefluchten, über hallende oder knarzende Fußböden durchs Kloster. Da sollen einmal hundert Benediktiner gewohnt haben, heute sind’s höchstens eine Handvoll.
Die klösterliche Erbsensuppe haben wir uns gespart, sind dann wieder hinaus in den Regen, und ab ins Legoland.
Und auch da kamen wir eigentlich um den Regen noch herum, teils durch Tricks wie Essen in einem der Lego-Selbstbedienungsrestaurants beim ärgsten Guss. Allerdings war’s so kalt, dass sich Gisela einen Schnupfen holte. Ich wurde schließlich doch patschnass, weil Gisela sich am Ende doch darüber aufregte, dass ich nicht jede Attraktion – Goldwaschen, zwei Achterbahnen, Ritterspiele und so weiter – mitgemacht hatte. Und dann streikte noch der elektrische Ganzmenschtrockner.
Zum Aufwärmen landeten wir kurz vor Toresschluss im 3D-Kino. Carla hatte ihre Riesenfreude. Wer sie im Legoland in der Sonne sehen will, muss bei mir ein Jahr zurückblättern.
Nach dem Ende der Veranstaltung die lange Rückfahrt, zurück um zehn (km 34621, insgesamt 2012). Auspacken. Bissl Stress bis zur Bettruhe. Carla schlief am Samstag bis in die Putten.
Und dann hatten wir noch eine ganze Woche Ferien hier, hauptsächlich mit Carlas Freundin Ann-Sophie, mit Rudi, zweimal im Viktoriabad, eineinhalbmal dramatisch am Drachenfels, zur Löwenburgruine.
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»Tracks«
Kampenwand—Aschau—Kössen—Marquartstein
http://gpsed.com/track/3deqroTA1KGypdMNeFXbUW8OYDOmPeGRmceKhhsU2RQtUzBcKE
Königsee – Fahrt über den See und Wanderung
http://gpsed.com/track/419618045741050536
Kehlsteinhaus – nur Punkt
http://gpsed.com/track/419618045828157300
Grassau—Linderhof
http://gpsed.com/track/UIF92m8UVpV9CHyeOn9Md8Esmn5Oayw8qfX0RovAv17w5hn2MS
Schwangau—Memmingen mit Ottobeuren
http://gpsed.com/track/419618046070553544
Details
• Kampenwandbahn Familie Berg- und Talfahrt Erw. € 14, Kind € 7,50
Bergfahrt So39 13.50, Talfahrt So39 15.20
• Parkplatz Königsee € 3,00
Königsee Familienkarte bis Salet und zurück insgesamt € 36,00
29. 9. 2008 Boot 34 12.55 Uhr
• Parken Salzburg Altstadtgaragen Garage B Ausfahrt 2 30.9.2008 14.32.37 bis 18.21 € 9,20
• Parken Linderhof € 2,50
Schloss Linderhof mit Venusgrotte
Erwachsener € 7,00, Kind unter 16 gratis
1. 10. 2008 Einlass A 13.20 Uhr Nummer 403 Deutsch
• Parkplatz Königsschlösser, Privatparkplatz Kainz (Preis wie die anderen) € 4,50
Kutschenverkehr € 5,00 je Person / Schloss
· Schloss Hohenschwangau
2. 10. 2008 Tournummer 129" Einlasszeit 11.25 Uhr
Museums-Laden Wittelsbacher Ausgleichsfond Magnet € 3,50
Bastelbuch Entenhochzeit € 6,50: hat sich ausgezahlt. Carla, Ann-Sophie und Rudi haben nachher in Bonn beim Straßengesang € 33 + € 21 eingenommen.
· Schloss Neuschwanstein
2. 10. 2008 Tournummer 454" Einlasszeit 13.30 Uhr
• Museum der Benediktinerabtei Ottobeuren
Erwachsener € 2,50, Kind gratis
• Legoland – Parken € 5,00, Eintritt Carla € 27,50
Weitere Tagebücher und Bilder siehe www.Joern.De/Blog und www.Joern.De/Bilder oder generell www.Joern.De
PS: Technische Frage: Weiß wer, wie man hier im Blog mögliche Silbentrennfugen (vielleicht mit Word) als »­« maschinell in den HTML-Kode bekommt? Ich hab’s an ein paar Stellen neben Bildern (und hier im langen Wort Silbentrennfugen) gemacht, ist aber mühsam. fj
Alle Bilder klickbar. Eine größere Auswahl von Bildern mit Ortsangaben (“geotagged”)
auf http://picasaweb.google.de/Fritz.Joern/Bayern08
Waren das volle, übervolle Tage! Die Farben, Blicke, die weiten Täler, Seen, Schlösser und barocken Kirchen mit ihren eigens verbreiterten Kuppeln, dazu Berge im Schnee, Gold und Salzburg, eine Fülle, unbeschreiblich (hier links ein Rundblick auf den Hochaltar im Kloster Ettal und weiter hinauf bis über Kopf. Alle Bilder klickbar!). Gelegentlich nasskaltes Herbstwetter haben wir dabei glücklich umfahren, bis auf den letzten Nachmittag im Legoland – wo allerdings Carla ohnehin hauptsächlich Wasser spritzen wollte im Piratenmeer …
Samstag, 27. September 2008: Bonn—Grassau
Gisela hatte schon am Vorabend gepackt. Nur Brote musste sie noch schmieren und Proviant für uns in der Ferienwohnung in die Kühltasche tun. Ich holte das Auto, schleppte den Koffer und die Taschen, überließ das Verstauen der planenden Hand der Gattin. Um Viertel nach Neun kamen wir los (km 32609).
Die Kölner Strecke war gesperrt. Außerdem wollten wir Würzburg und die Staus dort meiden. So fuhren wir die gemütliche Strecke (max. 130 km/h) über Koblenz. Sie stellte sich als gleich lang heraus, die Navigation sprang noch in Bonn auf unsere Route um.
In Rheinböllen wurden wir »dynamisch« vor einem Stau ausgeleitet, woraufhin Carla einen kleinen À-la-carte-Hunger äußerte. Wir stillten ihn im morgendlich-überforderten »Burger King« (Mama Kaffee, Carla einen Riesen-»Bägel«), ein Fehler. Die staufreie Fahrt entlang der Autobahn über die L214 durch ein friedliches Tälchen beruhigte wieder. Dann auf der Autobahn ganz ohne Stau weiter, bis eigentlich fast zum guten Ende.
Von Hockenheim wollte ich nach Stuttgart über Heilbronn fahren statt »unten herum« über Karlsruhe. Doch sonderbarerweise wollte mir das die Navigation bis kurz vor Heidelberg austreiben und mich penetrant bei jeder Autobahnabfahrt wenden lassen. Warum ist diese ganze teure Navigationstechnik so undurchsichtig? In Bonn hatte sie sich flugs auf A61 statt A3 umgestellt, super, aber auf der A6 merkte sie nicht, dass Zurückfahren viel mehr Zeit gekostet hätte. Technik wird gern nebulös gemacht.
Der Tag dagegen war strahlend, Kaiserwetter. Wir fuhren weiter und weiter in den Süden. Erst vor Rosenheim, nach dem Irschenberg mit seinem »Gelobten-Landes-Blick« in die Inntal-Ebene, gab es einen langen Baustellenstau. Ich war versucht, mich verboten rechts in einen der Dienstwege zu schlagen, ließ es dann aber sein. Wir waren eh gut in der Zeit.
Um halb sechs kamen wir in Grassau an (km 33172 = 563, 8 Stunden). Wir fanden eine sehr schöne, gut ausgestattete Ferienwohnung im ersten Stock eines neuen Doppelhauses vor, etwas niedelputz – so Kunstblumen allenthalben –, dafür blitzsauber (Gänsbachstr. 6a, 83224 Grassau, Christel Droese, 08641-2200, mobil 0171-6833292, Euro 72/Tag, dazu Euro 40 Endreinigung).
Die Beine gestreckt haben wir uns dann bei einem Spaziergang zum örtlichen Volksfest, dem »Grassauer Michaeli-Markt«, Modell Wanderzirkus mit Ständen. Allerdings gab es eine Schiffsschaukel alter Art, kurzhubig, genug, dass mir schon bei einmal fahren ganz schlecht wurde. Gisela hat es ganz gelassen. Carla freute sich wie ein Kind, und noch mehr am Karussell. Ich atmete durch, blickte in die Berge, ganz oben die Schnappenkapelle, und war glücklich. (Man beachte bei den Bildern die Zoomspanne meiner Lumix FZ18.)
Zu Abend gegessen haben wir prächtig-bayrisch (bedient sogar von einer einigermaßen einheimischen Kellnerin) im Großgastgaus ***Weßner Hof in Pettendorf, zwischen Grassau und Marquartstein (www.Wessnerhof.De). Dabei ist Carla die Bajuwarischste von uns allen, mit ihrer Vorliebe für Schweinebraten mit Knödl, siehe unser Essen am Königsee. (Mittlerweise muss sie sich da etwas zurückhalten, sie wird sonst selbst so.)
Ein wenig Stress begleitete uns dennoch durch diese Ferien, besonders durch Giselas Blackberry, der überhaupt nicht realisierte, dass wir auf Urlaub waren, und ihr alle möglichen eiligen Aufgaben zuordnete. Gemeinsame Tage voller Programm lassen zuweilen die Blutdrücke steigen, dann sich aber schnell wieder beruhigen.
Sonntag, 28. September 2008: Aschau
Ein herrlicher Tag wieder, feiner Morgendunst bei Sonnenaufgang im Tal; ich unterwegs zum Bäcker in Downtown Grassau, zwanzig Minuten ein Weg. Mein Tal! Da habe ich neun Jahre gelebt, damals mein halbes Leben lang.
Nach einem ausgiebigen Frühstück sind wir über Bernau nach Aschau gefahren, diese schöne Strecke entlang dem Fuß der Alpen, mit Straßenschwüngen durch die Wiesen, vorbei am alten Solepumpwerk.
In Aschau wurden wir vom hundertjährigen Jubiläum der Bahn hinauf auf die Burg Hohenaschau überrascht. Man hatte einen Tag der offenen Tür arrangiert, mit Festreden, mit Frühschoppen und Festreden, vor allem mit herrlicher Herbstsonne. Und wir mittendrin! Außerdem erlebten wir »am Rande« eine Falkenflugvorführung, trefflich erklärt und wahrlich erhebend.
Die Morgensonne schien in die Burgkirche. Die eigentliche Ausstellung im Schloss, »Adel in Bayern«, haben wir uns dann freilich auch noch angesehen, ein erster Eindruck von alldem, was da in diesen Ferien noch kommen sollte an Architektur, Sälen, Gemälden und Möbeln. Hier waren es ein vollständig ausgemalter Saal, oben ein heller Barockfestsaal (Preysing-Ahnensaal), die übliche repräsentative Stiege hinauf, und zum Spass alte Kleider zum Anprobieren. Vieles ein Verdienst des Nürnberger Industriellen Dr. Theodor von Cramer-Klett, den König Ludwig II dann zum »Freÿherrn« diplomierte – siehe Bild und Wikipedia. Cramer-Klett, MAN-Gründer, damals reichster Bayer, sollte uns wieder und wieder begegnen, bei Neuschwanstein, in Ottobeuren.
Dann ein gutes Mittagessen in der strahlenden Sonne unterm Sonnenschirm, das Bier im Bild zeugt davon; Weißwürste und – wie stets zu viel – obendrauf ein Paarl Frankfurter.
Als Abstieg sind wir noch mit der Bahn hinuntergefahren, ein wahrhaft historisches Kleinkabinettstück, vorne und hinten Kondukteurkabinen – wie für den Kutscher –, in der Mitte für die Passagiere. Dafür hatte man auch drei getrennte Schranktüren vorgesehen. Die Bahn hielt davor, präzise wie die U-Bahn in Tokio. Interessant auch die technischen Einzelheiten, eine neue Funkfernsteuerung statt der schnee- und eisanfälligen Signalstromabnehmer, der alte 22-PS-Bitter-Elektromotor. Glück für uns also auf ganzer »Linie«: Burg, Ausstellung, Falken, Bahn.
Am Nachmittag fuhren wir dann die Kampenwandbahn hinauf, eine Kabinenseilbahn mit schön kleinen Kabinen, scheints vom Deux-Chevaux abgeleitet. Gisela wurde blass beim unvermeidlichen Schaukeln. Oben auf der Bergstation in 1450 Meter Höhe tausend Leute, die meisten hochalpin herausgeputzt fürs Herumsitzen im Kaffeehaus. Carla und ich sind dann noch bis zum Kreuz unter der Kampenwand spaziert, haben Kletterer hoch oben beim (harmlosen) Abstieg von der Kampenwand beobachtet. Ich ging nur noch bis zur Kampenwandhütte auf 1510 Meter. Müde waren wir alle schon. Weiter Blick, allerdings dunstig. In die Berge hinein und hinunter in die Täler, ja, das ist wie aus dem Flugzeug: Man weiß nur mit Glück, was was ist. Herrenchiemsee musste man erahnen (oder nachträglich im Foto kontrastanreichern). Dann, wieder an der Bergstation, vielleicht zwanzig Minuten Schlangestehen bis zur Abfahrt. Gisela hatte schon vorher Angst. Während wir warteten, starteten abenteuerlich Drachenflieger zu ihrem langen Gleitflug ins Tal – mutig oder übermütig, das konnten wir nicht beurteilen, jedenfalls zögerlich.
Übrigens sieht man überall in den Bayrischen Alpen größere oder kleinere Gruppen von Käferbäumen, völlig intakt, nicht weggeräumt. Die haben es wohl aufgegeben, gegen den Borkenkäfer anzugehen. Mode Biodiversität. Inzwischen habe ich bemerkt, dass sogar ein Holzabschnitt mit eingebrannten Grüßen vom Königsee, den sich Carla für einen Euro dort aus dem Automaten gezogen hat, voller Käferlöcher und Holzmehl ist!
Zurück von Aschau dann über Sachrang und Österreich, mit meinen Erinnerungen als Schüler an das Porsche-Bergfahrertraining mit Edgar sel. (von Sebi nach Hausern), den Walchsee (nicht »Walchensee«!) entlang nach Kössen, dort Kühe getroffen und am Giesswein-Outlet vorbei durch die Klobensteinerstraße die Tiroler Ache entlang nach Marquartstein (nicht »Achen«, wie’s an der Autobahnbrücke steht, die haben wohl einen Einheimischen schlecht verstanden!) . Der Weg lässt sich im »Track« nachverfolgen, den ich mit dem Blackberry und seinem GPS »aufgenommen« habe.
Abend gegessen haben wir dann dort minder im Prinzregenten. Überhaupt scheint Marquartstein heruntergekommen zu sein. Im alten Zentrum steht die das einst so stolze Alpenrose seit Jahren leer, der große Block gegenüber scheint nicht voll bewohnt zu sein. Carla habe ich noch die Brücke gezeigt mit ihren Bögen, vgl. die Bilder vom Treffen im Juni 2008, dort sieben Bilder weiter die alte Alpenrose.
Montag, 29. September 2008: Kössen, Königsee
Immer noch gutes Wetter. Wir wollen es ausnutzen und zum Königsee fahren, allerdings erst in Kössen shoppen beim Giesswein-Outlet mit seinen »Walkwaren«: Mama und Papa Haussschuhe, Carla eine Jacke, Papa einen Walkjanker aus feinstem Zwirn und eine Schiebermütze. Also über Schleching und die Bärenklamm nach Kössen, wo wir reichlich anzuziehen fanden, manches aber leider dort beließen – dabei hätt’ mir das alpine Ch’misetterl so gut gestanden, na ja, eigentlich eine salontiroler Weste.
Dann endlich ab gen Königsee, den Giselas Audi-Navigation nicht kannte, außer als Kaff bei Ilmenau in Thüringen – völlig falsch. Selbst als Sehenswürdigkeit in Berchtesgaden war der Königsee nicht zu finden. Aber es gibt ja noch Straßenschilder und alte Erinnerungen. Die Anfahrt weiter über Österreich (Erpfendorf, Pass Strub, Lofer, ehem. österr. Bundesstraße 1) war tatsächlich wenige Kilometer kürzer als über Bayern (Reit im Winkl, Seehaus, an Ruhpolding und Inzell vorbei) – ich schwelgte still in Erinnerungen an meine Radfahrten die Ache hinauf nach Kitzbühel durch das breite, schöne Tal (Hager und Kössener Straße). Die Holzmeister-Kirche in Erpfendorf haben wir darüber verpasst. In Lofer verpassten wir auch die neue Umfahrung – da ist schon alles Schnellstraße. Dafür sahen wir den Ort und kamen dann irgendwann einmal über Schneizlreuth und die Ramsau, die wir nur halb tangierten (vor dem Taubensee ab zum Hintersee, Protest von Gisela, also gleich wieder links ab und zurück durch die Graßlergasse auf die B305 Alpenstraße), über die Hinterschönau zum Königsee – in Google Maps sehe ich, dass man navigationstechnisch wohl »Schönau am Königsee« hätte ansteuern müssen. Wetter nach wie vor herrlich, am Spätnachmittag Höhenwolken sich bildend.
Die übliche Bootstour mit Elektrobooten und Echotrompeterei – ich hatte das noch nie gemacht, obwohl ich viele Erinnerungen an den Königsee habe, Wanderungen bis zum Malerwinkel und mehr. Es war wunderschön. Mein alter Wahlspruch: “If a tourist, be a tourist!”, hat sich wieder einmal bewährt. Überall allerdings Menschen in Massen, besonders alte im Pseudo-Safari-Look. Ja, die Würde des Alters weicht einer Wellness- und Seniorensafarimode; knorrige Stöcke mit Erinnerungs-Beschlägen werden zu ausziehbaren Walking-Sticks. Auf »Barthelmä« haben wir Mittag gegessen im Biergarten (»historische Gaststätte«). Carla und Gisela haben um die Wette gezeichnet und gemalt. Danach sind wir weiter zum Ende des Königsees gefahren, dort dann – schon im abendlichen Schatten – zum Obersee gewandert, ein ganz kurzer, flacher Spaziergang, nur mehr wenig Leute. Kleinod. Ganz oben die frisch beschneiten Berge, drunter Felsen, Wasserfälle, unten Wald und Wiesen, der See. Glücklich ging es am Ende wieder den dunkelnden See entlang zurück – nachzuverfolgen über unsere Spur im Netz.
Über Berchtesgaden, Markt Schellenberg (Geld ziehen in Deutschland), Sankt Leonhard (Tanken in Österreich) fuhren wir über die Autobahn heim – vorher noch schnell ein Einkauf im örtlichen Großmarkt, schon um Almdudler auf Vorrat zu haben.
Dienstag, 30. September 2008: Kehlsteinhaus, Salzburg
Die Berge hängen in Wolken. Das lang angekündigte schlechte Wetter will uns wohl erwischen. Also beschließen wir – ’s ist eh unser letzter Tag in Oberbayern – nach Salzburg zu fahren.
Vorher wollen wir aber noch Hitlers Teehaus sehen, das unter den verschiedensten Namen mehr oder weniger bekannt ist: Kehlsteinhaus (korrekt, am Kehlstein, kommt von »Göll-Stein« am Hohen Göll), Adlerhorst oder Eagle’s Nest (amerikanische Bezeichnung), Teehaus, Obersalzberg, Berghof und Alpenfestung (falsch, ist was anderes in der Nähe) – man mache sich in der Wikipedia klug. Dazu fuhren wir von Grassau diesmal über Staudach und Bergen (nicht Bernau!) auf die Autobahn, wie immer lieblich den Alpenfuß entlang. Danach wieder die gewohnte Strecke über den Anfang der österreichischen Tauernautobahn Richtung Berchtesgaden – ein Zehn-Tages-Pickerl (»Vignette«) hatten wir uns brav gekauft, Euro 7,60.
Ab Parkplatz Obersalzberg ging es dann mit dem praktischen Zwangsbus am hässlichen Großhotel vorbei steil hinauf zum Fuß des Kehlsteinhauses, sehr beeindruckend, weil’s neben der Straße steil hinuntergeht. Natürlich sind wir nach der Buchung der Busrückfahrt mit dem historischen unterirdischen Lift hinaufgefahren. Oben war’s kalt, der Hohe Göll (2.522 m) ganz in Wolken. Es schmeckte nach Schnee. Carla kletterte mit anderen Kindern auf die herumstehenden Kleinberge – wir haben dort ja Kalkstein, der so schön romantisch verwittert. Es gab noch einen kleinen Imbiss mit Bergdohlenbeschau (»nicht füttern!«), Gedanken an Adolf, Bormann und den irren Bau in nur einem Jahr (Wikipedia: »Für diese Baumaßnahmen wurden keine Zwangsarbeiter, sondern italienische Spezialisten und deutsche Arbeiter angeheuert. Um ein Zusammenkommen dieser mit ortsansässigen Frauen zu vermeiden, wurde sogar ein Bordell eingerichtet.«) Schöner leichter Grusel, vor allem hoch im Gebirge auf 1820 Meter. Die hölzerne Aufschrift am Haus »1832 m« ist irreführend, so hoch ist der Kehlstein, nicht sein Haus.
Oberalm, Puch, Salzburg konnte man im Dunst erahnen, dank Zoom und Picasas »Auf gut Glück!«-Bildbearbeitung im Foto dann auch sehen. Genug geguckt, wir wollten nach Salzburg.
Bis nach Salzburg sind es nur 25 Kilometer. Dort fuhren wir noch ein wenig um den Mönchsberg herum, um zum Siegmundstor zu kommen und die unterirdische Garage anzusteuern, die südliche. Perfekt. Wir kamen bei der Pferdeschwemme heraus – immer noch ohne Regen. Es war allerdings trüb und beinahe kalt. In der Stadt macht das nichts. Natürlich sind wir durch die Getreidegasse flaniert. Mit Carla haben wir uns ordentlich Mozarts gelbes Geburtshaus angesehen, nett gemacht, weitläufiger als hier unser Beethovenhaus. Eine Ausstellung zeigt Erinnerungen, Opernmodelle, und endet im obligatorischen Gift-Geschäft. Carla bekam ein schönes Buch über die Trapp-Familie, das sie begeistert zu lesen anfing – sogar noch im Café Tomaselli, wohin wir meine Schwester Marianne kurz entführten. Es war schön, sie wiederzusehen. Nachträglich war Gisela allerdings noch mehr von Mme. Porsche beeindruckt (im Armani-Outfit, wie sie’s einschätzte); sie saß auch da und wurde besonders zuvorkommend bedient. Danach ging es – bei gelegentlichem Nieselregen – weiter herum in Salzburg: Residenzplatz, Dom, Franziskanerkirche – für mich die schönste –, Markt, Juwelier N1 in der Churfürststraße (ein Armreif für Carla für zehn Euro), Judengasse. Dort schwelgten meine Damen in Eiern, als Christbaum- und Osterschmuck. Wirklich gebraucht haben wir nur Unterhemden für mich, die wir vergessen hatten mitzunehmen, gab’s bei Zara für € 7,90. Geschäfte hat Salzburg! Und alles auf knappem Raum, elegant und doch unprätentiös. City-Genuss pur.
Am Abend sind wir dann bei immer stärker werdendem Regen zum Friesacher in Anif gefahren. Wir hatten Glück und bekamen einen schönen Tisch in der Zirbenstube. Dort ein sehr gutes, modern-alpines Essen, unser bestes bei dieser Reise, und nicht so teuer.
Im strömenden Regen ging’s nächtens heim über die Autobahn, Übersee nach Grassau. Dort durfte Carla bei Mama schlafen, Papa begnügte ich mit dem Klappbett im Gästezimmer und konnte dafür lesen, ohne zu stören.
Mittwoch, 1. Oktober 2008: Grassau—Schwangau, Linderhof, Ettal, Wieskirche
In der Früh hieß es aufstehen, packen – was ja stets Gisela macht –, frühstücken, Schlüssel übergeben und fahren. Ein paar Nerven lagen blank, als Gisela Carla währeddessen wieder vor den Fernseher schickte. Nach dem Frühstück hatten wir uns beruhigt.
Wir wollten an diesem Tag nach Füssen überwechseln, unserem zweiten Standort in diesen kurzen Ferien. Gisela hatte in Schwangau ein Hotelzimmer (»Familienzimmer«) gebucht, das sich als recht groß aber eher ungemütlich herausstellte – trotz einer sehr netten Familie, die dieses Hotel »Waldmann« betrieb (Parkstraße 5, 87645 Schwangau/Alterschrofen, Telefon: 08362 8426, www.Hotel-Waldmann.De, Euro 95/Tag, insgesamt samt Kurtaxe 196,80). Vielleicht hätte sie die Suche nach Füssen ausweiten sollen oder gar Reutte in Tirol – dafür waren wir wirklich nur Minuten von den Schlössern entfernt.
Erst aber kam die wunderschöne lange Fahrt durch Herbst mit Föhn, vom Chiemsee bis zum Foggensee. Wir ließen uns von der Navigation leiten – unsere Spur (»Track«) kann man ganz gut im Internet bis zum Schloss Linderhof verfolgen, dem ersten Ziel an diesem Tag. Wir wurden erst ganz nach München geleitet auf den südlichen Ring, dann auf die Starnberger Autobahn, wunderbar neu und leer. Ich war dort zuletzt bei ungeheuerem Schneetreiben mit Birte nordwärts gefahren (siehe www.Joern.De/ und dann SchneeBaden.pdf). Jetzt fuhren wir weiter in den Süden, breite Täler, Herbstlaub, alte Erinnerungen an Murnau und den Staffelsee – und vor uns die Berge! Carla hörte endlos den Herrn der Diebe von Cornelia Funke, wir unterhielten uns gemütlich bei hoher Geschwindigkeit. Vor Garmisch geht es ab über Ettal zu Ludwigs Linderhof, der an der Seite einer Seitenstraße nach Österreich liegt. Kennt man Ludwigs Schlösser, so wundert man sich, wie klein das Schlösschen ist, fast wie eine große Villa nur. Dafür im Gegensatz zu Neuschwanstein und Herrenchiemsee ganz ausgebaut und häufig von ihm, dem Einsiedler, bewohnt.
Hinter der Fontäne wird die »Gegenseite« des Schlosses gerade renoviert, die Treppenanlage zum Venustempel (für 650.000 Euro laut offizieller Website). Die Fontäne spritzt nur genau alle halbe Stunde, ein Lichtspiel in der Sonne über frisch vergoldeten FKK-Grazien. Es war kühl (besonders für die), aber herrlich herbstlich, vor allem die Laubengänge, der Park, die Wälder. Im Schloss eine gedrängte Fülle düsteren Rokokos – »bitte nehmen Sie Ihre Rücksäcke vor den Bauch, damit Sie nirgends anstoßen!« Versucht man sich in die Zeit einzudenken – Eisenbahnen, Telegraphenlinien, Strom, Gasbeleuchtung und bald auch Glühbirnen, Erfindungen, Entdeckungen, Kolonien – so sieht man erst, wie abseitig dieser Ludwig war. Schön für uns heute, blöd für damalige Zeiten. Im ersten Zimmer, dem »Vestibül«, ein mittelgroßes Bronze-Reiterstandbild seines französischen Vorbilds Ludwig des XIV mit darüber dessen Wahlspruch »nec pluribus impar« (keinem unterlegen, ’s Wasser kann ihm keiner reichen).
Das »Schärfste« ist die Venusgrotte im Park. Sie soll die größte künstliche Grotte in Europa sein, gebaut für seinen Freund Wagner. Fotografieren soll man in keinem der Schlösser, warum genau, weiß ich nicht, vermutlich, um den dichten Fluss der Besucher nicht stocken zu lassen, doch angeblich aus »urheberrechtlichen« Gründen. Dabei muss das Copyright auf Ludwigs Fresken längst schon abgelaufen sein, mit Respekt. Ich finde das dumm. Französische Museen zum Beispiel sind da viel fortschrittlicher. Allerdings sind Ludwigs Schlösser, etwa Linderhof, amtlich bestens Internet-dokumentiert. Eigene »Postkartenaufnahmen« sind – obwohl Digitalbilder nichts kosten, und irrsinnig viel fotografiert wird – im Zeitalter von Internet und Panoramio ohnehin unsinnig geworden, oder sie belegen und beleben die eigene Sammlung wie einstmals eingeklebte Ansichtskarten in Fotoalben. Das fand ich schon bei meinen Großeltern eher langweilig – falsch.
Wir haben dann noch am Rückweg zum Auto pünktlich die Fontäne und das »Marokkanische Haus« im Park angesehen, zur Abwechslung orientalischer Kitsch.
Nach diesem überwältigenden Eindruck, ja, da wollten wir noch weitere mitnehmen … Wir fuhren also nicht weiter über Österreich nach Füssen, sondern zurück zum Kloster Ettal, an dem wir vorbeigekommen waren. Ein großes Ding, ungeheuer groß für die Gegend. Die zugehörige Kirche hat schon diesen charakteristischen Höcker mitten am Dach, an eine Kotflügelverbreiterung erinnernd. Das haben die gemacht, um innen noch mehr Himmel bemalen zu können. Protz und Pomp, und doch eine ungeheure Kunst, in diesen Deckengemälden die Figuren hinwegschweben zu lassen, leicht in den luftigen Himmel.
Nach Ettal pausierten wir in Oberammergau. Dort gibt es wenig zu sehen, ein ganz bemaltes Forsthaus vielleicht aus dem Jahr 1763. Wir saßen daneben auf der Veranda des guten, teuer renovierten *****Hotels Maximilian in der Sonne.
Und weil wir wie immer das angesagte schlechte Wetter Tag für Tag drohend vor uns fürchteten, haben wir trotz vorgerückter Stunde vorsichtshalber gleich noch die Wieskirche besichtigt, ein kleiner Umweg auf der Fahrt von Oberammergau Richtung Füssen. Wirklich “worth a detour”! Die Kirche – die schönste Barockkirche Deutschlands – liegt sozusagen mitten auf einer Wiese, nebenbei ein Bauernhof, sonst eigentlich nichts. So jedenfalls ist der Eindruck. Wo sollen all die Gläubigen herkommen, die Kirche zu füllen, die Fülle der Verzierungen, die Statuen und Gemälde zu bestaunen? Wie sich neben dem Altar in einem Seitengang zeigte, ist »die Wies« eine Wallfahrtskirche: Rührende Ex Votos zeugen vom tiefen Glauben der Pilger, der Marienverehrer aus aller Welt. Carla war sehr beeindruckt – obwohl sie erst gar nicht mehr aus dem Auto hatte aussteigen wollen. Alle waren wir der Monumente müde, »stuff«. So hatte ich als Kompromiss Carla draußen in der Sonne am Wiesenzaum stehen gelassen. Gisela ging sie dann holen und tröstete sie. Als ich aber nach der Besichtigung auch noch den Abendhimmel fotografierte, platzte selbst ihr der Kragen. Dicke Luft bei Sonnenuntergang.
Ein noch schmalerer Feldweg gegen Südwesten führte uns wieder auf die Hauptstraße zurück (ein Eilig-Ansässiger überholte uns rechts durch die Wiese) und alsbald zur Zielgeraden auf die Königsschlösser und Schwangau (Schwangauer Straße). Trotz Schatten war der Anblick großartig: links auf halber Höhe am Berg das hochgestreckte, weiße Schloss Neuschwanstein, rechts tiefer beim Tal das dottergelbe Schloss Hohenschwangau. Die Allee hatte Standstreifen für Fotografen. Wir nutzen sie. Unser Tagesziel war erreicht. Stress passee.
Nach dem, wie gesagt, eher enttäuschendem Zimmer – mit verstopftem Waschbecken – wollten wir noch Abend essen. Man empfahl uns ein Gasthaus ein paar hundert Meter weiter in der Füssenerstraße (B17), wo’s uns trotz einem raschen Gang Carlas zur Toilette gleich wieder olfaktorisch hinaustrieb. Jetzt in der Nachsaison saß auch nur eine einsame amerikanische Familie da und ließ sich das Menü erklären. Ein älterer Koch lief mit deutlich benutzter Dienstkleidung und lang schon geknoteter weißen Krawatte in der Wirtsstube herum.
Wir also weiter nach Füssen, mehr müde als hungrig, mehr gleichgültig als verärgert. Füssen ist nah. Die scheints beste Pizzeria am Ort hatte über eine Stunde Wartezeit, also wanderten wir in die Fußgängerzone und aßen bei einem Italiener im ersten Stock, einigermaßen gut, sicherlich zu viel (San Marco, Reichenstr. 19, Euro 42,55). Danach todmüde ins Bett und gut geschlafen.
Das war wohl unser »vollster« Tag gewesen. Warum ist diese Ecke Deutschlands so reich an Barock? War so reich? Ich meine mich zu erinnern, dass mein Freund Schorsch erzählte, der normale Weg nach Italien sei damals nicht über München, Rosenheim, Innsbruck und den Brenner gegangen, sondern, da flacher, über Augsburg, Füssen, Fernpass und den Reschen. Dann wär’s kein Wunder. (Eben finde ich in der Wikipedia-Beschreibung des Klosters Ettal: »Als denkbares Gründungsmotiv Ludwigs ist anzunehmen, dass die Klostergründung neben dem Seelenheil des Kaisers auch der Sicherung des Handelsweges von Augsburg nach Verona dienen sollte.«)
Donnerstag, 2. Oktober 2008:
Hohenschwangau und Neuschwanstein, Reutte, letzter ganzer Tag
Nun aber endlich zum Höhepunkt – zumindest aus Sicht allgemeiner Bekanntheit. Für Carla Disneyland und das Schloss von Barbie zugleich, für uns schon ein bekanntes, doch immer wieder gern gesehenes. Da kann man sich so schön moquieren über Kitsch und Co. – Hohenschwanstein.
Das Wetter war (erstmals) wirklich trüb und eher kühl. Dennoch haben wir es ohne Regenschirm gewagt. Passt schon. Mit dem Auto die paar Meter zum Riesenparkplatz, fast fünf Euro. Dann etwas ungewohnt das Besucherzentrum die Alpseestraße hinauf gefunden, amerikanerumgeben, Wikipedia: »Hohenschwangau [der Ort] wird jährlich von etwa zwei Millionen Menschen besucht«. Teuer sind diese Besuche. Die beiden Schlösser sind unter unterschiedlicher Verwaltung, das alte Hohenschwangau im Besitz des »Wittelsbacher Ausgleichfonds« und Neuschwanstein gehört (unter anderem …) mir (oder haben wir hier in Nordrhein-Westfalen keinen Anteil an den Besitztümern von Bayern?).
Hohenschwangau kannten Gisela und ich noch nicht, liegt es doch immer etwas im Schatten von Neuschwanstein (in der Früh vielleicht wörtlich). Wir waren positiv überrascht. Freilich herrscht dort wieder die eher dunkle Atmosphäre von Linderhof, ob wegen dem trüben Wetter, zum Schutz der Farben oder von den immer dunkler werdenden barocken Holzverzierungen, den anlaufenden Silber- und Bronzetischaufsätzen, den die Säle füllenden Leuten? Soll Tudor-Stil sein.
Der Rundgang zeigte halt wieder den Blick zurück in eine erdachte germanische Vergangenheit mit schönen, wohlgenährten nackten Frauen und bärtigen Helden mit komischen Namen wie »Autharis und Theudelinde« (die Story, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Authari, hat noch 1887 ein österreichischer Eisenbahner, Adolf Schweyer, bedichtet, da war mein Großvater schon sechs). Der befreiende Blick aus den Fenstern ging bis zum den Alpsee, leider nicht auf die Berge; zu trüb. Holz und Möbel wurden verarbeitet als sei’s Stuck, Stuck als hielten die Wände sonst nicht – wenn ich noch einmal abschweifen darf: Wollte Großvater in meiner Jugend in Bozen einen Nagel in die Wand schlagen, musste wir erst ein konisches Stück Holz in die Wand gipsen, Dübel waren noch nicht erfunden. Als einzige Neuheit fand ich einen alten Kanaldeckel im Hof: »Gas & Wasser Leitungs-Geschäft Stuttgart 36.Calwer.Strasse36.«
Schon auf diese erste, sozusagen »rechte« Burg waren wir mit der offenen Pferdekutsche gefahren, für Carla wohl die Hauptattraktion der Gegend, fünf Euro je Person, drei beim Kutscher, zweimal vier im Wagen. Unser erster Kutscher war ein eingebürgerter Kosovare (ein s, v), der schon zu Hause Pferde gehabt hatte, zum Holztransport. Nett. Auch den zweiten Aufstieg, den längeren nach Hohenschwanstein, machten wir comme il faut mit der Kutsche, diesmal einer Kutscherin aus der Gegend. Ja, man bräuchte für eine Kutsche acht Pferde, zum Wechseln. Selbst im Winter wird gefahren. Uns wurde es ein wenig knapp. Zuletzt hatte es mit einem kinderfreundlichen Ausländer noch Streit gegeben, der schwupps alle seine Kinder vorne am Kutschbock platziert hatte, sodass weder für ihn noch für Gisela und mich mehr Platz war. Man muss sich gleich beim Kauf der Karten auf bestimmte Führungen zeitlich festlegen. Die Fahrt war dann wieder gemächlich-gemütlich, wenn allerdings schon bei sehr trübem Wetter. Hohenschwanstein selbst brauche ich wohl nicht zu beschreiben (, ist bestens dokumentiert), dicht gedrängte Führungen in raschem Takt, treppauf, wendeltreppab im Rundlauf, staunende Mengen, Köpfe in den Nacken geworfen, ein Thronsaal ohne Thron, ein Sängersaal mit riesiger »Fototapete« und ohne, dass man sich Gesang dort vorstellen könnte. Man muss wohl ein Wagner-Fan und -Kenner sein, um sich einfühlen zu können. Ich bin’s nicht, kenne aber auch die heutigen Traumwelten à la Harry Potter nicht. Bei mir reicht’s höchstens bis zu Schneewittchen oder der Kamphoevenerin.
Hernach waren wir herzhaft müde, Carla dazu hungrig, aßen im Gasthaus in der obersten Kurve in Bahnsteigatmosphäre Wiener Würstchen (Imbiss Schlossrestaurant Neuschwanstein, eine Brezel 3,10). Mir gelang es nicht, die Damen zum Weitergehen zur Marienbrücke zu bewegen, schade. So muss ich’s mir bloß im Netz ansehen, und erfahre, dass Cramer-Klett sie gebaut hat. Also doch neue Technik bei Ludwig …
Stattdessen fuhren wir an den Strand, an den Forggensee unten, nach Brunnen. Bauernhöfe mit Pferden, Wiesen, Wohnwagenpark, Gasthäuser, alles außerhalb der Saison. Gisela und Carla »Innendienst« mit Kuchen (Seeklause, Fam. Geiger), ich einen Rundgang am Strand, optische Erholung. Und dann? Immerhin unser letzter Ferienabend.
Also sind wir nach Füssen hineingefahren, haben bei der Fußgängerzone geparkt, und kleine Einkäufe gemacht. Ein Michelin-Führer – den wir hätten am Anfang haben sollen –, Obst, was aus der Apotheke.
In einem letzten Aufbäumen der Reiselust (und einsetzendem Regen) ging’s dann nach Reutte in Tirol. Weite Täler, Schnellstraßen. In Reutte versuchten wir, das »erste Haus am Platze« zu finden, landeten im Hirschen, aßen meiner Meinung nach gut, jedenfalls gemütlich zu Abend. Neben uns eine feine amerikanische Familie mit Baby und den Großeltern, die eingeladen hatten. Gisela und Carla malten wieder. In Nacht und Regen heimgefahren.
Freitag, 3. Oktober: Rückfahrt, Ottobeuren, Legoland
Heute endlich war Legoland dran. Allerdings goss es dermaßen, dass das Gisela schon absagen wollte. Dafür hatten wir noch Zeit bis vor Ulm …
Auszug aus dem Schlafsaal, gemütliches Frühstück, ein paar Worte mit den Wirtsleuten, ab unter Schirmen.
Erst einmal ging es bei schönem, grünem Regen kurvig und klein-klein übers Land, dann ein gutes Stück Autobahn, und südlich Memmingen wieder ab in die Pampa – der »Track« zeigt’s. Bald einmal sieht man hinunter in das Tal nach Ottobeuren und dort die riesige Kirchenanlage, ungeheuer. Im Kirchenschiff – fast so groß wie der Salzburger Dom – war die Dorfjugend dabei, zum kommenden Erntedankfest einen verschwindenden Obststand mit Schilfdach aufzubauen (Carla hatte sich getraut zu fragen). Barock die Fülle, die Decke allerdings mit einem halbdurchsichtigen Netz abgehängt, weil am Dach renoviert wird. Dabei muss die Statik ein wenig korrigiert werden. Das riesige Höckerdach drückt die Seiten nach außen, wie wir lasen. Und endlich einmal ein Josef mit Kind statt immer nur Maria. Carla hatte danach gefragt, zu meiner Rührung. Josef (oder ist es gar ein anderer?) jedenfalls lieblich lächelnd und so überüppig rokoko, dass man ihm gerne einen Haarschnitt spendiert hätte. Das schlafende Jesuskindelein hält sich an einer goldenen Ranke fest.
Neugier und Zufall führten mich durch eine Tür des rechten Seitenflügels ins Kloster. Nach einem Gang entlang ausrangierter Beichtstühle öffnet sich ein weitläufiges Gebäude, im ersten Stock ein »Museum« mit Zimmern über Zimmern von gesammelten Kostbarkeiten. Der Mann an der Kasse (fünf Euro für alle), leicht behindert, Typ Quasimodo, der schon hatte schließen wollen, hinter uns her mit unverständlich gemurmelten Erklärungen und Hinweisen. Wir eilig auf der Suche nach dem »Kaisersaal« – wirklich ein schöner, hoher Konzertsaal, leider voll mit moderner Bestuhlung. Eine barocke Bibliothek. Wir hasten hinauf und hinab durch bis ins letzte barockisierten, bemalten, beschrifteten Treppenaufgänge, Gängefluchten, über hallende oder knarzende Fußböden durchs Kloster. Da sollen einmal hundert Benediktiner gewohnt haben, heute sind’s höchstens eine Handvoll.
Die klösterliche Erbsensuppe haben wir uns gespart, sind dann wieder hinaus in den Regen, und ab ins Legoland.
Und auch da kamen wir eigentlich um den Regen noch herum, teils durch Tricks wie Essen in einem der Lego-Selbstbedienungsrestaurants beim ärgsten Guss. Allerdings war’s so kalt, dass sich Gisela einen Schnupfen holte. Ich wurde schließlich doch patschnass, weil Gisela sich am Ende doch darüber aufregte, dass ich nicht jede Attraktion – Goldwaschen, zwei Achterbahnen, Ritterspiele und so weiter – mitgemacht hatte. Und dann streikte noch der elektrische Ganzmenschtrockner.
Zum Aufwärmen landeten wir kurz vor Toresschluss im 3D-Kino. Carla hatte ihre Riesenfreude. Wer sie im Legoland in der Sonne sehen will, muss bei mir ein Jahr zurückblättern.
Nach dem Ende der Veranstaltung die lange Rückfahrt, zurück um zehn (km 34621, insgesamt 2012). Auspacken. Bissl Stress bis zur Bettruhe. Carla schlief am Samstag bis in die Putten.
Und dann hatten wir noch eine ganze Woche Ferien hier, hauptsächlich mit Carlas Freundin Ann-Sophie, mit Rudi, zweimal im Viktoriabad, eineinhalbmal dramatisch am Drachenfels, zur Löwenburgruine.
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»Tracks«
Kampenwand—Aschau—Kössen—Marquartstein
http://gpsed.com/track/3deqroTA1KGypdMNeFXbUW8OYDOmPeGRmceKhhsU2RQtUzBcKE
Königsee – Fahrt über den See und Wanderung
http://gpsed.com/track/419618045741050536
Kehlsteinhaus – nur Punkt
http://gpsed.com/track/419618045828157300
Grassau—Linderhof
http://gpsed.com/track/UIF92m8UVpV9CHyeOn9Md8Esmn5Oayw8qfX0RovAv17w5hn2MS
Schwangau—Memmingen mit Ottobeuren
http://gpsed.com/track/419618046070553544
Details
• Kampenwandbahn Familie Berg- und Talfahrt Erw. € 14, Kind € 7,50
Bergfahrt So39 13.50, Talfahrt So39 15.20
• Parkplatz Königsee € 3,00
Königsee Familienkarte bis Salet und zurück insgesamt € 36,00
29. 9. 2008 Boot 34 12.55 Uhr
• Parken Salzburg Altstadtgaragen Garage B Ausfahrt 2 30.9.2008 14.32.37 bis 18.21 € 9,20
• Parken Linderhof € 2,50
Schloss Linderhof mit Venusgrotte
Erwachsener € 7,00, Kind unter 16 gratis
1. 10. 2008 Einlass A 13.20 Uhr Nummer 403 Deutsch
• Parkplatz Königsschlösser, Privatparkplatz Kainz (Preis wie die anderen) € 4,50
Kutschenverkehr € 5,00 je Person / Schloss
· Schloss Hohenschwangau
2. 10. 2008 Tournummer 129" Einlasszeit 11.25 Uhr
Museums-Laden Wittelsbacher Ausgleichsfond Magnet € 3,50
Bastelbuch Entenhochzeit € 6,50: hat sich ausgezahlt. Carla, Ann-Sophie und Rudi haben nachher in Bonn beim Straßengesang € 33 + € 21 eingenommen.
· Schloss Neuschwanstein
2. 10. 2008 Tournummer 454" Einlasszeit 13.30 Uhr
• Museum der Benediktinerabtei Ottobeuren
Erwachsener € 2,50, Kind gratis
• Legoland – Parken € 5,00, Eintritt Carla € 27,50
Weitere Tagebücher und Bilder siehe www.Joern.De/Blog und www.Joern.De/Bilder oder generell www.Joern.De
PS: Technische Frage: Weiß wer, wie man hier im Blog mögliche Silbentrennfugen (vielleicht mit Word) als »­« maschinell in den HTML-Kode bekommt? Ich hab’s an ein paar Stellen neben Bildern (und hier im langen Wort Silbentrennfugen) gemacht, ist aber mühsam. fj
30. September 2008
GPSed Track "Kehlsteinhaus"
View my new track "Kehlsteinhaus" started in Germany, Bavaria, Berchtesgaden.
Powered by GPSed.com - Free Mobile GPS Tracking Service
5. September 2008
Wo bin ich? – Hier unten folgt, was ich vom Handy (in diesem Fall einem Blackberry mit GPS) automatisch ausgelöst habe. Wer aktueller sehen will, wo ich bin: auf www.Joern.De/Wo. Es erscheint eine kleine Landkarte »mit mir«. Klickt man drauf, so kommt erst die zugehörige Welt und dann automatisch der genaue Standort in Google-Maps – oder? Ich bitte um Rückmeldungen!
View my new track "FreitagFrankfurt" started in Germany, Land Nordrhein-Westfalen, Bonn.
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3. September 2008
Googles neuer Browser …
PS: Macht er das nicht brav? Beim richtigen, neueren Portal sieht es schon schöner aus.
… läuft ja schön schnell an, jedenfalls in der allgemeinen medialen Aufmerksamkeit. Ich schließe mich mit der ironischen Bemerkung an, dass er mir scheinbar weitere CPUs (Rechenwerke) vorspiegelt, siehe Screenshot hier links (im Chrome rechts oben »Aktuelle Seite
bearbeiten«, dann »Entwickler« und »Task-Manager«, wie sich’s gehört mit Bindestrich geschrieben!). Zwei Prozessoren hab’ ich ja drin in meinem X60s, aber doch nicht drei. Und ich habe hier schon neunzehn angezeigt gesehen. ’s muss was anderes sein.
Die Java-Interpretiererei scheint eine schnellere zu sein. Bei http://blazinggames.com/table/misc/fourInARow_p.htm geht sie halt gar
nicht: »Kein Plug-in zum Anzeigen dieses Contents verfügbar«. In Firefox und Explorer klappt’s. Außerdem fehlt mir der Google-Toolbar, wo man so schön sehen kann (allerdings nicht immer), welche Seiten auf die gerade geöffnete verweisen (»PageRank«, »Verweisseiten«). Und auf Windows 2000 kann ich die Zierde eines Chrome erst gar nicht anbringen.
20. August 2008
Wieder was Technisches – zu E-Mail, Outlook, Pop etc.
Verwaiste E-Mail-Header löschen.
Meine E-Mail hole ich mit Outlook vom Server, per Pop (post office protocol). Das geht schneller und sparsamer als Synchronisieren mit Imap, vor allem unterwegs. Dabei hole ich mir in einer ersten Runde immer nur die Header, die Kopfzeilen, sprich Absendername und Betreff. Das geht auch ohne ›flachgeratene‹ Breitbandanbindung ins Internet, das geht auch mim Modem vom Festnetz in ländlichen Gebieten. Gelegentlich nutze ich Webmail und sehe mir die Mail komplett nur im Internet an.
Nun hatte ich einerseits alte Mail-Köpfe in Outlooks Posteingang, andrerseits ein paar dieser Mails hinter dem Rücken von Outlook via Webmail am Server gelöscht. Blöd: Die Header ließen sich partout nicht mehr aus dem Outlook-Posteingang löschen. Das geschäftige Outlook wollte die Mails unbedingt zugleich am Server löschen, wie normalerweise gewünscht. Dort waren die aber nimmer. Also blieben sie auch im Outlook. Monatelang. Stur. Zwar durchgestrichen, dennoch wie in Stein gemeißelt. Mich hat das dann immer mehr gestört.
Die Lösung. Löschen von am Server bereits gelöschten Mails aus der Inbox macht man in Outlook mit einem Klick auf Extras, dort dann Senden/Empfangen, In diesem Ordner ausgewählte Kopfzeilen verarbeiten. Vorher sollte man die (ich wollt schon schreiben Hurenkinder) verwaisten und ganz zu löschenden Einträge im Posteingang durchgestrichen (Löschen) und markiert haben. Nach diesem besonderen Verarbeiten lösen sich die längst überholten Einträge ohne weiteren Serverzugriff in Luft auf. Und der Postkasten ist wieder sauber.
Verwaiste E-Mail-Header löschen.
Meine E-Mail hole ich mit Outlook vom Server, per Pop (post office protocol). Das geht schneller und sparsamer als Synchronisieren mit Imap, vor allem unterwegs. Dabei hole ich mir in einer ersten Runde immer nur die Header, die Kopfzeilen, sprich Absendername und Betreff. Das geht auch ohne ›flachgeratene‹ Breitbandanbindung ins Internet, das geht auch mim Modem vom Festnetz in ländlichen Gebieten. Gelegentlich nutze ich Webmail und sehe mir die Mail komplett nur im Internet an.
Nun hatte ich einerseits alte Mail-Köpfe in Outlooks Posteingang, andrerseits ein paar dieser Mails hinter dem Rücken von Outlook via Webmail am Server gelöscht. Blöd: Die Header ließen sich partout nicht mehr aus dem Outlook-Posteingang löschen. Das geschäftige Outlook wollte die Mails unbedingt zugleich am Server löschen, wie normalerweise gewünscht. Dort waren die aber nimmer. Also blieben sie auch im Outlook. Monatelang. Stur. Zwar durchgestrichen, dennoch wie in Stein gemeißelt. Mich hat das dann immer mehr gestört.
Die Lösung. Löschen von am Server bereits gelöschten Mails aus der Inbox macht man in Outlook mit einem Klick auf Extras, dort dann Senden/Empfangen, In diesem Ordner ausgewählte Kopfzeilen verarbeiten. Vorher sollte man die (ich wollt schon schreiben Hurenkinder) verwaisten und ganz zu löschenden Einträge im Posteingang durchgestrichen (Löschen) und markiert haben. Nach diesem besonderen Verarbeiten lösen sich die längst überholten Einträge ohne weiteren Serverzugriff in Luft auf. Und der Postkasten ist wieder sauber.
14. August 2008
Gleich noch ein Sprachtipp:
mitsammen statt zusammen, wenn’s geht
Dunkel erinnere ich mich an einen Tipp, eine Korrektur damals in der Schule in Bayern:
Schreib doch ›mitsammen‹ statt ›zusammen‹!
Wenn ichs nun tue, wundern sich manche. Mitsammen scheint nicht so gängig zu sein hier im Norden.
Zusammen kann man einen schlagen, zusammen kann man Mehl, Eier und Milch mischen, mitsammen geht das nicht oder nur sprachlich etwas mühsam. Mitsammen Karten spielen, Heu hüpfen, zum Baden oder Skilaufen fahren, eine Karre aus dem Dreck ziehen, das geht prima. Warum also nicht bitte wenn immer möglich das freundlichere mitsammen setzen.
In Österreich scheint mitsammen tatsächlich populärer als zusammen, siehe hier. Die Gebrüder Grimm (Link) platzierten mitsammen mitsammen eher ins Thüringische und wollten ihm nicht die höheren Weihen geben: »in der schriftsprache meist nur in nachahmung volksmäsziger rede« und schlossen nach Ludwig Tieck’s Kaiser Octavianus (1. Band, Seite 31) mit:
Freundlich wollen wir mitsammen
viele Märchen, Possen reden.
Ein gutes Motto!
PS: Da muss uns Google den Tieck aus der Stanford University digitalisieren, damit wir ihn im Netz finden. Armes neues Deutschland!
mitsammen statt zusammen, wenn’s geht
Dunkel erinnere ich mich an einen Tipp, eine Korrektur damals in der Schule in Bayern:
Schreib doch ›mitsammen‹ statt ›zusammen‹!
Wenn ichs nun tue, wundern sich manche. Mitsammen scheint nicht so gängig zu sein hier im Norden.
Zusammen kann man einen schlagen, zusammen kann man Mehl, Eier und Milch mischen, mitsammen geht das nicht oder nur sprachlich etwas mühsam. Mitsammen Karten spielen, Heu hüpfen, zum Baden oder Skilaufen fahren, eine Karre aus dem Dreck ziehen, das geht prima. Warum also nicht bitte wenn immer möglich das freundlichere mitsammen setzen.
In Österreich scheint mitsammen tatsächlich populärer als zusammen, siehe hier. Die Gebrüder Grimm (Link) platzierten mitsammen mitsammen eher ins Thüringische und wollten ihm nicht die höheren Weihen geben: »in der schriftsprache meist nur in nachahmung volksmäsziger rede« und schlossen nach Ludwig Tieck’s Kaiser Octavianus (1. Band, Seite 31) mit:
Freundlich wollen wir mitsammen
viele Märchen, Possen reden.
Ein gutes Motto!
PS: Da muss uns Google den Tieck aus der Stanford University digitalisieren, damit wir ihn im Netz finden. Armes neues Deutschland!
13. August 2008
Ein Sprachtipp zwischendurch:
Wider den Stachel löcken
nicht (und ich schreibe das hoffnungsvoll für Suchmaschinen, wo wider den Stachel löcken richtig 637 Mal vorkommt):
wider den Stachel löken (13×),
wieder den Stachel löcken (9×),
wieder den Stachel löken (0×),
auch nicht mehr wider den Stackel löcken (2×) oder
wider den Stachel lecken.
Ochsen wurden mit einem spitzen Stock, einem Stachel, auf dem rechten Weg gehalten. Dagegen löcken, früher lecken, hieß sich widersetzen. Ursprünglich stammt das Bild aus der Apostelgeschichte in der Bibel. Die neueren Übersetzungen lassen zwar den Stachel drin, umschreiben aber das Löcken …
Eine nette Erklärung fand ich in einem Bibelcenter für Kinder, wo auch dieses Bild her ist.
Lecken als mit den Füßen ausschlagen, hüpfen und springen ist ausgestorben. Auch dazu muss man bei Grimm nachsehen. Unter Punkt 4) meinen die Grimms (in ihrer typischen Kleinschreibung): der gebrauch dieses biblischen bildes hat sich bis heute erhalten, man wollte das verständnis des verbums schützen, indem man es auch läcken oder löcken schrieb (letztere schreibung in den bibelausgaben seit dem 17. jh.), und so von lecken lambere abhob …
Apg 9,12 in der Lutherbibel 1912: Er aber sprach: HERR, wer bist du? Der HERR sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Es wird dir schwer werden, wider den Stachel zu lecken.
Lutherbibel 1912: Da wir aber alle zur Erde niederfielen, hörte ich eine Stimme reden zu mir, die sprach auf hebräisch: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Es wird dir schwer sein, wider den Stachel zu lecken.
Apg 26,14: Wir alle stürzten zu Boden, und ich hörte eine Stimme auf Hebräisch zu mir sagen: Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Es wird dir schwer fallen, gegen den Stachel auszuschlagen.
Sieht man im Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm nach – Stichwort Stachel, Absatz 2) b) – , so findet man das Sprichwort bei Lessing sogar mit läcken, bei Schiller und anderen mit lecken. Die Herren konnten bei Rechtschreibfragen nicht im Internet nachsehen.
Wider den Stachel löcken
nicht (und ich schreibe das hoffnungsvoll für Suchmaschinen, wo wider den Stachel löcken richtig 637 Mal vorkommt):
wider den Stachel löken (13×),
wieder den Stachel löcken (9×),
wieder den Stachel löken (0×),
auch nicht mehr wider den Stackel löcken (2×) oder
wider den Stachel lecken.
Ochsen wurden mit einem spitzen Stock, einem Stachel, auf dem rechten Weg gehalten. Dagegen löcken, früher lecken, hieß sich widersetzen. Ursprünglich stammt das Bild aus der Apostelgeschichte in der Bibel. Die neueren Übersetzungen lassen zwar den Stachel drin, umschreiben aber das Löcken …
Eine nette Erklärung fand ich in einem Bibelcenter für Kinder, wo auch dieses Bild her ist.
Lecken als mit den Füßen ausschlagen, hüpfen und springen ist ausgestorben. Auch dazu muss man bei Grimm nachsehen. Unter Punkt 4) meinen die Grimms (in ihrer typischen Kleinschreibung): der gebrauch dieses biblischen bildes hat sich bis heute erhalten, man wollte das verständnis des verbums schützen, indem man es auch läcken oder löcken schrieb (letztere schreibung in den bibelausgaben seit dem 17. jh.), und so von lecken lambere abhob …
Apg 9,12 in der Lutherbibel 1912: Er aber sprach: HERR, wer bist du? Der HERR sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Es wird dir schwer werden, wider den Stachel zu lecken.
Lutherbibel 1912: Da wir aber alle zur Erde niederfielen, hörte ich eine Stimme reden zu mir, die sprach auf hebräisch: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Es wird dir schwer sein, wider den Stachel zu lecken.
Apg 26,14: Wir alle stürzten zu Boden, und ich hörte eine Stimme auf Hebräisch zu mir sagen: Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Es wird dir schwer fallen, gegen den Stachel auszuschlagen.
Sieht man im Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm nach – Stichwort Stachel, Absatz 2) b) – , so findet man das Sprichwort bei Lessing sogar mit läcken, bei Schiller und anderen mit lecken. Die Herren konnten bei Rechtschreibfragen nicht im Internet nachsehen.
8. Juli 2008
Ein Feriendienstag – Das ägyptische Museum in Bonn
Carla sollte mittags nach Limperich gebracht werden, das ist auf der anderen Rheinseite, südöstliches Beuel. Es ist regnerisch. Also fuhren wir mit der Straßenbahn. Die aber fährt nicht. Mitten in Beuel ist große Baustelle, ein neues Schienenbett wird gelegt, Schwellen, die nach Karbolineum riechen, blitzende Schweißarbeiten, kunstvolles Teeren, ein Bild hoher Kosten, wie es sich für das mittellose Bonn und dieses rein öffentliche Verkehrsmittel gehört. »Schienenersatzverkehr« war angekündigt, dessen Haltestellen nicht zu finden, jedenfalls nicht für mich Gelegenheitsverkehrsverbundenen. Also haben wir die Beueler City zu Fuß gequert, sind am alten Beueler Bahnhof wieder eingestiegen in die Linie, und dann aus unbändiger Fahrfreude gleich noch eine Station zu weit gefahren. Carla ging nur unter Protest wieder zurück. (Bild links: Uschebtis und Gesicht einer Königsfigur, Fayence, Spätzeit und neues Reich, um 600 und 1200 v. Chr., mit Blick auf die Adenauerallee; rechts: Frauenfigur auf einem Bett, bemalter Kalkstein, Neues Reich, ca. 1550—1290 v. Chr, im Hintergrund der schöne Kopf einer Grabstatue eines hohen Beamten, Altes Reich, ca. 2300 v. Chr.)
Ich bin dann zur Strafe ganz zu Fuß zurückgegangen von Beuel-Limperich nach Bonn, zwischendurch eine Schiffsreise mit der Fähre. Eine Stunde. Schön, erlebnisreich – große Wiesen, zwei reife Brombeeren, ein Wegkreuz (das, wo Birte ihren Radunfall hatte), an der Anlegestelle ein sehnsüchtiger Anschlag mit der Suche nach der am 29. Juni verlorenen »wunderschönen Frau. … Zuerst trafen sich unsere Blicke, als ich auf einer Bank saß, und dann einige Minuten später an der Fähre. …« Da wird einem doch gleich warm ums Herz. Mögen sie sich treffen und mögen.
Oben im Hofgarten hatte ich immer noch nicht genug »Exkursion«. Ich suchte mir das ägyptische Museum. Ein großer, schöner Saal im ersten Stock des Palais, Eingang östlich der Durchfahrt der Adenauerallee vom Park aus. Eine wahre »Musterausstellung«: genug für Reminiszenzen, ein bisschen Bildung, nicht zu viel für eine kurze Visite. Ein viertausend Jahre alter Holzsarg, Modelle wie Spielzeug, die Eleganz bescheidener Mittel, künstlerisch und handwerklich perfekt bearbeitet. Eine wilde Schlachtszene als großes Platten-Halbrelief. Katzen (Bilder: Mumienmasken, Karton bemalt, vergoldet, ptolomäisch, 3.—1. Jh. v. Chr.) Ewiges Leben. Für mich eine Erinnerung an Berlin, Pergamon (noch DDR-verstaubt), 6×6-Schwarzweißfotos mit der Mamiyaflex. Nun, da höre ich jetzt hier aus dieser meiner Studentenzeit dazu Chanson pour l’Auvergnat etc.
Carla sollte mittags nach Limperich gebracht werden, das ist auf der anderen Rheinseite, südöstliches Beuel. Es ist regnerisch. Also fuhren wir mit der Straßenbahn. Die aber fährt nicht. Mitten in Beuel ist große Baustelle, ein neues Schienenbett wird gelegt, Schwellen, die nach Karbolineum riechen, blitzende Schweißarbeiten, kunstvolles Teeren, ein Bild hoher Kosten, wie es sich für das mittellose Bonn und dieses rein öffentliche Verkehrsmittel gehört. »Schienenersatzverkehr« war angekündigt, dessen Haltestellen nicht zu finden, jedenfalls nicht für mich Gelegenheitsverkehrsverbundenen. Also haben wir die Beueler City zu Fuß gequert, sind am alten Beueler Bahnhof wieder eingestiegen in die Linie, und dann aus unbändiger Fahrfreude gleich noch eine Station zu weit gefahren. Carla ging nur unter Protest wieder zurück. (Bild links: Uschebtis und Gesicht einer Königsfigur, Fayence, Spätzeit und neues Reich, um 600 und 1200 v. Chr., mit Blick auf die Adenauerallee; rechts: Frauenfigur auf einem Bett, bemalter Kalkstein, Neues Reich, ca. 1550—1290 v. Chr, im Hintergrund der schöne Kopf einer Grabstatue eines hohen Beamten, Altes Reich, ca. 2300 v. Chr.)
Ich bin dann zur Strafe ganz zu Fuß zurückgegangen von Beuel-Limperich nach Bonn, zwischendurch eine Schiffsreise mit der Fähre. Eine Stunde. Schön, erlebnisreich – große Wiesen, zwei reife Brombeeren, ein Wegkreuz (das, wo Birte ihren Radunfall hatte), an der Anlegestelle ein sehnsüchtiger Anschlag mit der Suche nach der am 29. Juni verlorenen »wunderschönen Frau. … Zuerst trafen sich unsere Blicke, als ich auf einer Bank saß, und dann einige Minuten später an der Fähre. …« Da wird einem doch gleich warm ums Herz. Mögen sie sich treffen und mögen.
Oben im Hofgarten hatte ich immer noch nicht genug »Exkursion«. Ich suchte mir das ägyptische Museum. Ein großer, schöner Saal im ersten Stock des Palais, Eingang östlich der Durchfahrt der Adenauerallee vom Park aus. Eine wahre »Musterausstellung«: genug für Reminiszenzen, ein bisschen Bildung, nicht zu viel für eine kurze Visite. Ein viertausend Jahre alter Holzsarg, Modelle wie Spielzeug, die Eleganz bescheidener Mittel, künstlerisch und handwerklich perfekt bearbeitet. Eine wilde Schlachtszene als großes Platten-Halbrelief. Katzen (Bilder: Mumienmasken, Karton bemalt, vergoldet, ptolomäisch, 3.—1. Jh. v. Chr.) Ewiges Leben. Für mich eine Erinnerung an Berlin, Pergamon (noch DDR-verstaubt), 6×6-Schwarzweißfotos mit der Mamiyaflex. Nun, da höre ich jetzt hier aus dieser meiner Studentenzeit dazu Chanson pour l’Auvergnat etc.
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