2. Mai 2017

Der Großbauer und der Tod

Den Reichen hab’ ich schnell einmal konkretisiert, auf dass einer ihn besser findet. Hier sucht der Tod ihn auf – mit dem sich Georg Britting sehr häufig beschäftigt hat und viele andere auch, schon im Alten Testament. Ich zitiere hier einmal aus dem Neuen, Lukas 12, ab Satz 13:
   Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile. Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Schlichter über euch gesetzt? Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.
  
Der reiche Kornbauer
Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Land hatte gut getragen. Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Güter und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut! Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Und wem wird dann gehören, was du bereitet hast? So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.

Jetzt Georg Britting, etwas humorvoller:




Mir ist der Keller voll von Wein. Die Scheuer
Platzt mir vom Korn. Im Stall das liebe Vieh
Steht breit und glänzend, wie seit Jahren nie,
Die Pächter zahlen pünktlich Zins und Steuer –
Und jetzt kommst du, du bleiches Ungeheuer!
Hast du vielleicht gehört, dass ich dir schrie?
Die Lerche wars! Es war ihr Tirili!
Es war der Knecht, einsam beim Reisigfeuer!
So geh zu ihm! Er liegt auf seiner Schütte,
Auf einem Auge blind, und lahm dazu!
»Den will ich nicht«, sagte der Tod voll Ruh.
»Der kann auf seinen Krücken weit noch gehen,
Ein Auge hat er, durch den Rauch der Hütte
Vom Fenster aus dein Grabgeleit zu sehen.«

Kleine Erklärungen dazu: 
   Früher rief man jemanden in der Form: »Ich rufe dir!«, das heute übliche »dich« kam später. So tät’ man inzwischen sagen: »Ich schrie nach dir«.
   Eine Schütte ist in der Wikipedia heute nur mehr ein Einschub in ein Küchenregal, aus dem man Körniges herausschütten kann. Grimm kannte noch viel mehr Schütten, hier etwa als 7. ein dürftiges Lager aus gedroschenem Stroh. Da »pennt« der Knecht darauf, oder wie die Grimms zitieren, hatte er » … eine Schütte Stroh zu seinem Lager«.
   Zum Gedicht selbst schreibt mein Freund: »Nein, nein, der Reiche, das bin ich nicht«, und sieht sich schon eher in der Rolle des Knechts: »Was les ich da? Ein Auge hat er noch und lahm ist er dazu! – ›Den will ich nicht‹, das las ich gern.«
   Und ich meine, dass der moderne Mensch nicht mehr wirklich glaubt an den Tod, und an das göttliche Gericht danach auch nicht, an Hölle schon gar nicht, und höchstens noch »palliativ« an den Himmel, Motto: »Man könnte sich ja trösten mit dem Gedanken daran«. Außerdem hat der moderne Tod kein zu erfüllendes Todespensum, nimmt nicht diesen statt jenem, sondern nimmt im Zweifel einfach alle. Bum.
   Brittings Reicher ist wie wir alle: Er will einfach weiter leben. 

Link zu anderen Britting-Interpretationen:
• Komödieantengeschichte: http://blogabissl.blogspot.com/2017/03/latwergen-britting-ladbergen.html
Achill: http://blogabissl.blogspot.de/2017/04/achill.html
• Die kleine Welt in Bayern: http://blogabissl.blogspot.com/2017/04/brittings-kleine-welt-in-bayern.html 

Link hierher: http://blogabissl.blogspot.com/2017/05/der-grobauer-und-der-tod.html

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