20. Februar 2015

Donbas


Wer weiß in der Ukraine schon, dass Innsbruck zwar die Hauptstadt von Tirol ist, Tirol aber eine Burg in Südtirol, die nicht in Österreich, sondern in Italien liegt. Seien wir dankbar, dass wir Frieden haben in Tirol, Gott dankbar!

Ein sowjetisches Poster von 1921
preist das Donezbecken (»Donbass«)
a
ls das Herz Russlands (Wikipedia)
Bei uns kennt keiner die Ukraine, das Donez­becken schon gar nicht. Heeresberichte aus dem Zweiten Weltkrieg mögen nachklingen, vielleicht Chrakow, heute als Charkiw »zweitgrößte Stadt der Ukraine«. Das aber ist lang, lang vergangen, so wie Tobruk (für manche) heute Hauptstadt Lybiens ist, und die Geschichte des vorigen Jahrhunderts damit nichts zu tun hat, gar nichts.
   Wir müssen unsere »Erdkunde« neu lernen, wenn möglich ein wenig Geschichte dazu, um Land und Leute besser zu verstehen, wenn überhaupt.

Speziell im Donbas (mit oder ohne ss, steht für Donezbecken) scheint das so einfach nicht zu sein. Ich schaue gern einmal in die Wikipedia, die nicht immer nur den neuesten »Stand« bringt. Und da beschleicht mich das Gefühl, dass der Donbas gar nicht so un-russisch ist, wie wir uns das heutzutage hinter unserem Horizont (immer noch der Oder-Neiße-Linie?) vorstellen.
   Hätte uns zur Zeit des Eisernen Vorhangs jemand gesagt, der Donbas müsse als Teil Europas verteidigt werden, vor den Russen, wir hätten ihn für verrückt gehalten.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/18/Ruslangsup2001.PNG
Russisch als Muttersprache in der Ukraine,
nach Regionen (Volkszählung 2001). Wikipedia
Ich springe zur Waffen­still­stands­ver­ein­barung von 12. Februar 2015, einem Donnerstag früh, genannt Minsk II. Auffällig war, dass die Waffenruhe erst ein paar Tage nach Vertragsabschluss in Kraft treten sollte, am Sonntag, 15. früh. Inzwischen hätten die ukrainischen Truppen Debalzewe räumen können, das ohnehin unhaltbar war. Sie haben das nicht getan, oder nur zögerlich, zum Teil mit, zum Teil ohne Rückzugsbefehl, wie man in den Nachrichten hörte.
   Kein Wunder, dass die Waffen erst danach einigermaßen ruhten. Mit Putin hat das meines Erachtens wenig zu tun.

Am 18. 2. 2015 schreibt die Neue Zürcher Zeitung zum »Fall von Debalzewe«: »Es ist gut möglich, dass man den Fall der Kleinstadt, die wie ein Keil in das von den Separatisten beherrschte Gebiet hineinragt, in Minsk sogar stillschweigend in Kauf genommen hat, da andernfalls die Verhandlungen gescheitert wären.« Besonders interessant ist einerseits die im Artikel betonte politisch korrekte Standardmeinung, dass Russland völkerrechtswidig expandieren will, und im Gegensatz dazu darunter die Meinung vieler »kleiner« Kommentatoren, die die Politik realistischer, realer sehen: »Es war unglaublich dumm vom Westen, diese rote Linie zu ignorieren. Es bestand auch nicht der geringste Anlass dazu, die Ukraine, die  von einer Westeuropa-Kompatibilität noch Lichtjahre entfernt ist, in den westlichen Einflussbereich holen zu wollen.«
   Betrügen wir uns doch nicht fortwährend selbst. Die Ukraine geht uns Europäer wenig an, Russland hingegen schon. Der Donbas wird – wie die Krim – nie mehr so wie in den letzten Jahren zur Ukraine gehören. Es werden sich in Europa neue Staaten bilden, wie das in Jugoslawien auch passierte, und wir sollten beten, dass das friedlich passiert. Politisch korrekt ist das nicht zu haben.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/02/Normandy_format_talks_in_Minsk_%28February_2015%29_03.jpeg
»Die Staats- und Regierungschefs von Weißrussland, Russland, Deutschland, Frankreich und der Ukraine in Minsk«.
Alexander Lukaschenko, Vladimir Putin, Angela Merkel, François Hollande, Petro Poroshenko.
Foto Wikipedia (Autor unbekannt). 
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 http://blogabissl.blogspot.com/2015/02/donbas.html

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