24. September 2014

Legasthenie

Foto vermutlich Daniel Decker
Legasthenie, Leseschwäche, ist für Leute wie mich, die sie eher nicht haben, ein Rätsel. So fiel mein Urteil über »Leichte Sprache«, die unter anderen Legasthenikern helfen soll, negativ aus, hier im Blog.
   Eine gute Erklärung, zumindest der Mechanismen im Hirn, fand ich heute in der Neuen Zürcher Zeitung, hier. Das Problem scheint ziemlich weit »hinten« in der Erkennenskette zu sein, dort wo Schriftzeichen in Sprachlaute umgewandelt weden. Scheinbar liest man immer »laut« mit.
   »An dieser Schnittstelle zwischen Schrift- und Sprachebene orten Experten heute ein Kernproblem der meisten Legastheniker.« Sie orten das ganz real und entdecken sogar einen zu dünn geratenen Nervenstrang im Kopf, kurz: »Es scheint sich um ein Problem der Verarbeitung gesprochener Sprache zu handeln«.
   »Ein Training von gesamthaft nur dreieinhalb Stunden, verteilt über acht Wochen, reichte aus, um bei den Kindern jene Hirnregionen zu aktivieren, die sonst nur bei Lesekundigen aktiv werden.« Wenn man dann, wie ich, weiter herumgoogelt, stößt man immer wieder auf ein amerikanisches Lernprogramm von Lexia, »Early Reading«, aus dem Jahr 2003, hier etwa. Richtig gefunden hab’ ich’s nicht, vor allem nicht deutsch, aber geben wird’s das schon, fürs Ipad. Sogar ins Ungarische soll das Lernspiel übertragen worden sein (mit Schwierigkeiten, Boglárka Brezovszky aus Finnland).
   Doch zurück zur »leichten Sprache«: Wo man gegen Leseschwierigkeiten gesellschaftlich ansetzt, bleibt nach wie vor eine Frage. Engpässe ich Gehirn zu bekämpfen ist vermutlich effizienter, als alle Texte zweimal zu schreiben. Mein Vorschlag, siehe unten, erstmal klar schreiben.

Die NZZ ergänzt ihren Artikel mit einem Hinweis im Kasten: »Gleiche Schaltkreise [im Gehirn] für verschiedene Sprachen« (bis jetzt nicht noch im Internet).  Da wird erklärt, dass wir Deutsche es leicht haben dank Buchstabenschrift und Fast-so-Geschriebenem wie Gesprochenem. Italiener lesen noch leichter, Engländer und Franzosen schwerer usw. »In England benötigen Schulkinder mindestens zwei Jahre länger als ihre italienischsprachigen Altersgenonnen, bis sie das Schreiben beherrschen.«
   Wirklich schade, dass das »Jahrhundertwerk« der letzten deutschen Rechtschreibreform so mickrig ausgefallen ist! Siehe italienische Rechtschreibung.

Link hierher: http://blogabissl.blogspot.com/2014/09/legasthenie.html

Lit.
• engl. Beschreibung des Programms z. B. hier
• Brem S. et al. (2010), « Brain sensitivity to print emerges when children learn letter-speech sound correspondences », PNAS, vol. 107, n° 17, p. 7939-7944.

Amerikanisches Werbevideo von Lexia, 11 Minuten

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