15. September 2025

Gedanken zu Hellenbecks »Krieg wie kein anderer«

 

Diesen über fünfhundet Seiten langen Kriegsbericht (sogar ohne den Anhang gezählt) habe ich nur aus persönlichem Interesse gelesen. Von meinem Vater, den ich nie gekannt habe, ist überliefert, dass er sich über die der Front Nachfolgenden sehr abfällig geäußert hat. Außerdem habe ich einen dünnen Handordner von ihm gefunden über den Kuban-Brückenkopf (»Kampf-Erfahrungen«). Das ist noch weiter östlich als die Krim. Der Tod meines Vaters 1944 hier im Hürtgenwald hat mich viel beschäftigt (https://blogabissl.blogspot.com/2017/11/dann-kam-mit-all-seiner.html). Er war einer der Söhne eines protestantischen Predigers und Buchautors, dem frömmsten Mann, den ich als Schüler noch in Tübingen kennenlernen konnte.
   Das Rätsel, wie Deutsche, überhaupt Menschen so grausam sein konnten, hat sich mir durch die schwere Lektüre des »Anderen« nicht gelöst. Schade, dass wir nach dem Krieg nicht darüber gesprochen haben, höchstens über Erlebnisse auf der Flucht. Mein langjähriger Schulfreund Uwe hat sich mir im Internat anvertraut, traumatisiert (wie man heute diagnostizieren würde), und so weiß ich, dass er den Krieg als kleiner Junge nur überlebt hat, weil er die von seinem Vater verteilte Selbstmordpille im Keller heimlich nicht geschluckt hat.
   Über »Ein Krieg wie kein anderer« finden sich zahlreiche Rezensionen, die dessen Alleinstellung mehr oder weniger akzeptieren, die Details aufzeigen, die flüssige Lesbarkeit preisen – das Buch ist eine Übersetzung aus dem Englischen von Karin Hielscher – und natürlich die alle historisch besser gebildet sind als ich, der Techniker mit schlechtem Gedächtnis.
   Ich meine, dass mit Russland und Deutschland, anders als in vielen anderen Reichen, zwei Ideologien aufeinandergeprallt sind: Der Nationalsozialismus mit seinem Rassenwahn und dem gelebten Faschismus einerseits gegen den Kommunismus mit mehr oder weniger Antisemitismus andererseits. Es war der »Überbau«, der damit diesen Krieg einzigartig machte, ihn weit wegführte von normalem Kampf für »Volk und Vaterland«. Was hatten die Deutschen im fernen Russland zu suchen, doch nicht Lebensraum? Dasselbe aber gilt für die im Westen und Süden besetzten Gebiete. Insofern war der Krieg Hybris, überall. Die tiefe Verkommenheit, das wahre Verbrechen – im wörtlichen Sinn – rührt von der scheinheiligen Überhöhung durch Theorieen, der Ideologien, menschenfernen abstrakten Zielen, die man hatte fürchterliche Wirklichkeit werden lassen.

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PS. Und jetzt begründet Putin seinen Krieg gegen die Ukraine mit Faschisten, die dort angeblich regieren.

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