23. September 2025

Gut, in Brünn geboren zu sein und nicht in Kiritein

In Brünn bin ich geboren, vor langer, langer Zeit: 1941. Mein seliger Großvater Anton Hödl hatte dort eine bedeutende Stellung gehabt, und meine Mutter Marianne lebte dort. In seinen Memoiren schreibt Großvater: Kiritein

Noch eine andere Erinnerung, verbunden mit dem Andenken an »Vater Fritz«, wie wir ihn heute zum Unterschied zu seinem Sohn [mich, fj] nennen. Kiritein war ein Dorf nahe von Brünn [knapp 20 km nördlich, siehe Landkarte, heute Křitiny, östlich Adamsthal gleich Adamov. fj], in wunderschönen Wäldern gelegen. Familie Bittner hatte dort viele Jahre lang eine Sommerwohnung, sodaß wir schon im Frieden bei Sonntagsausflügen, zu Bridgepartien usw. oft nach Kiritein gekommen waren. Nun sollte dort eine der schönsten Villen, einem Juden gehörend, zur »Arisierung« kommen. Ich erwarb sie auf den Namen meines Schwiegersohnes, wissend, daß er nach Kriegsende ein Besitzrecht niemals geltend machen würde. Und dorthin verlegten wir den Wohnsitz des kleinen Fritz, als der Aufenthalt im bombardierten Brünn immer ungemütlicher wurde. Da hatte er seine Juliška, ein tschechisches Mädchen, das ihn herzlich betreute – und noch heute behauptet Mariann, meine Frau, daß er darum zuerst tschechische Worte plapperte.

Mein Vater zieht mich im Schnee in Kiritein

Das Geschick unser Mariandl wurde auch mit den Soldaten verbunden. Der Kommandeur der im März 1939 nach Brünn eingerückten Truppen, Oberst ... hatte einen besonders sympathischen Adjutanten, den Leutnant Jörn. Der machte bei den »prominenten« Familien Antrittsbesuche, kam zu uns und eroberte Mariandl. Das einzige Kind dieser Ehe ist unser Fritz [also ich, fj].
   Unser Schwiegersohn Fritz hatte als Infanterieoffizier ein Leben in steter Gefahr. Ein- oder zweimal kam er verwundet nachhause, ging immer wieder hinaus und fiel bei der verunglückten Ardennen-Gegenoffensive im Dezember 1944 [im Hürtgenwald, siehe https://blogabissl.blogspot.com/2017/11/dann-kam-mit-all-seiner.html ].
   Ein kleines Zwischenspiel, das mit seinem Namen verknüpft ist: Als die Lage auf dem russischen Kriegsschauplatz brenzlig wurde, suchte ich einen Fluchtort, wo sich die ganze Familie bei einem schlimmen Ausgang treffen könnte. Der intensiven und sehr herzlichen Aufforderung von Irene, Marianns Schwester, verdanke ich, daß ich mich auf Kitzbühel, »Haus Michael«, festlegte. Und nun mußten möglichst viele Möbel, Hausrat und dergleichen dorthin abtransportiert werden. Durch »Führerbefehl« war aber allen prominenten Deutschen im Protektorat Böhmen und Mähren, vor allem Industriellen, strengstens verboten, ihr Hab und Gut nach Gebieten außerhalb des Protektorates zu verlegen. Ich tat’s aber doch, packte zwei große Möbelwagen und sandte sie nach Kitzbühel, wo Iren deren mit Mühe ausgepackten Inhalt im verwunschenen Schloß Münichau beim Schwarzsee unterbrachte. Was kommen mußte, kam: Ich wurde zur Geheimen Staatspolizei, zur berühmten Gestapo, vorgeladen. Ein SS-Funktionär, der natürlich in diesem Moment unsere persönliche Bekanntschaft vergessen hatte, lud mich mit eisiger Miene ein, Platz zu nehmen. Er: »Haben Sie zwei Möbelwagen nach Kitzbühel gesendet?« Ich: »Ja.« Er: »Ist Ihnen der Führerbefehl bekannt, wonach solche Sendungen verboten sind?« Ich: »Ja«. Er: »Und wie konnten Sie es doch wagen?«, ich: »Sie gehen von einer falschen Voraussetzung aus. Nicht ich, sondern mein Schwiegersohn, Hauptmann Friedrich Wilhelm Jörn, hat das Heiratsgut seiner Frau verschickt, was sein gutes Recht ist!« Er steht auf, sichtlich erleichtert, hat unsere private Bekanntschaft wieder entdeckt, reicht mir über den Schreibtisch lächelnd die Hand: »Großartig!« ... Heute wohnen Mariandl und wir zu einem guten Teil in den damals nach Schloß Münichau geretteten Möbeln.

Soviel aus Großvaters Memoiren. Wie die Großeltern am 17. April 1945 aus Brünn flohen, das können Sie im Kapitel der Zusammenbruch weiterlesen. Auch wie wir später nach Bozen kamen. Übrigens: Die alte österreichische Staatsbürgerschaft hatten wir uns wohl erschwindeln müssen, weil Österreich die geflohenen Sudetendeutschen, die Böhmen und Mährer staatenlos und ohne Arbeitserlaubnis hielten. Das hat mir ein Verwandter erzählt, der deshalb von Linz nach Südafrika auswanderte, siehe http://www.joern.de/Paul.pdf .  

Nun aber zu Brünn als Geburtsort. Auf allen meinen deutschen und österreichischen Pässen und Ausweisen ist natürlich mein Geburtsort angegeben: Brünn – und sonst nichts! Wäre es zum Beispiel Kiritein gewesen, Krumlau oder Mährisch Ostrau oder Prag, ich wette, jeder Standesbeamte hätte mir Tschechien dazugeschrieben, ČSR oder dergleichen. Als ich hier in Bonn die Beamtin fragte, die mir den neuen Ausweis ausgehändigt hatte, ob sie denn wisse, wo Brünn liegt, so tippte sie wohl wegen meinem  Dialekt auf Oberbayern, so in der Gegend von Berchtesgaden.
   Ja, das bayrische Brünn! Was sagt eigentlich die KI dazu? Das: »
"Bayrisches Brünn" kann sich auf die tschechische Stadt Brünn, Bmo [sic!, BMO, wohl Lesefehler der KI] (die ehemalige deutschsprachige Bevölkerung sprach es als "Brünn" an*) beziehen oder auf den bayerischen Ort Brünn bei Ebern in Unterfranken, einen Ortsteil von Ebern. Der Begriff "Bayrisches" könnte auch auf die bairischen Dialekte anspielen, die zur Bildung der lokalen Brünner Umgangssprache Hantec beitrugen, oder auf historische Verträge, die Bayern betrafen und in Brünn geschlossen wurden.« – Hantec ist scheint’s eine lokale Sprache, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Hantec .

Das ist die Villa in Kiritein.
Meine allererste, einzige Erinnerung ist das runde Fenster hoch oben über meinem Bettchen.

Link zu diesem Blog-Post:
   https://blogabissl.blogspot.com/2025/09/gut-in-brunn-geboren-zu-sein-und-nicht.html

Kiritein 1941


 

 

 

 

 

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*) Ungeschickter, gewundener als diese KI kann man das micht schreiben. Brünn war damals, wie heute vielleicht Brixen, zweisprachig. Und wenn auch nicht: Brünn ist der deutsche Name für Brünn, wie Rom für Rom oder Mailand für Mailand. Mein Prinzip: Sprache richte sich nach dem Leser, was er am besten versteht. Da darf mir ein Italiener italienisch gerne von Monaco di Baviera sprechen oder von Cornovaglia in Inghilterra (siehe http://www.joern.de/tipsn69.htm ). 

15. September 2025

Gedanken zu Hellenbecks »Krieg wie kein anderer«

 

Diesen über fünfhundet Seiten langen Kriegsbericht (sogar ohne den Anhang gezählt) habe ich nur aus persönlichem Interesse gelesen. Von meinem Vater, den ich nie gekannt habe, ist überliefert, dass er sich über die der Front Nachfolgenden sehr abfällig geäußert hat. Außerdem habe ich einen dünnen Handordner von ihm gefunden über den Kuban-Brückenkopf (»Kampf-Erfahrungen«). Das ist noch weiter östlich als die Krim. Der Tod meines Vaters 1944 hier im Hürtgenwald hat mich viel beschäftigt (https://blogabissl.blogspot.com/2017/11/dann-kam-mit-all-seiner.html). Er war einer der Söhne eines protestantischen Predigers und Buchautors, dem frömmsten Mann, den ich als Schüler noch in Tübingen kennenlernen konnte.
   Das Rätsel, wie Deutsche, überhaupt Menschen so grausam sein konnten, hat sich mir durch die schwere Lektüre des »Anderen« nicht gelöst. Schade, dass wir nach dem Krieg nicht darüber gesprochen haben, höchstens über Erlebnisse auf der Flucht. Mein langjähriger Schulfreund Uwe hat sich mir im Internat anvertraut, traumatisiert (wie man heute diagnostizieren würde), und so weiß ich, dass er den Krieg als kleiner Junge nur überlebt hat, weil er die von seinem Vater verteilte Selbstmordpille im Keller heimlich nicht geschluckt hat.
   Über »Ein Krieg wie kein anderer« finden sich zahlreiche Rezensionen, die dessen Alleinstellung mehr oder weniger akzeptieren, die Details aufzeigen, die flüssige Lesbarkeit preisen – das Buch ist eine Übersetzung aus dem Englischen von Karin Hielscher – und natürlich die alle historisch besser gebildet sind als ich, der Techniker mit schlechtem Gedächtnis.
   Ich meine, dass mit Russland und Deutschland, anders als in vielen anderen Reichen, zwei Ideologien aufeinandergeprallt sind: Der Nationalsozialismus mit seinem Rassenwahn und dem gelebten Faschismus einerseits gegen den Kommunismus mit mehr oder weniger Antisemitismus andererseits. Es war der »Überbau«, der damit diesen Krieg einzigartig machte, ihn weit wegführte von normalem Kampf für »Volk und Vaterland«. Was hatten die Deutschen im fernen Russland zu suchen, doch nicht Lebensraum? Dasselbe aber gilt für die im Westen und Süden besetzten Gebiete. Insofern war der Krieg Hybris, überall. Die tiefe Verkommenheit, das wahre Verbrechen – im wörtlichen Sinn – rührt von der scheinheiligen Überhöhung durch Theorieen, der Ideologien, menschenfernen abstrakten Zielen, die man hatte fürchterliche Wirklichkeit werden lassen.

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   https://blogabissl.blogspot.com/2025/09/gedanken-zu-hellenbecks-krieg-wie-kein.html

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PS. Und jetzt begründet Putin seinen Krieg gegen die Ukraine mit Faschisten, die dort angeblich regieren.

10. September 2025

Licht – eine Taschenlampe – als Lesehilfe

Mit dem Alter werden nicht nur die Kniee steifer. Auch die Augen können sich nicht mehr so gut auf nah und fern umstellen. Das ist so bei allen, ob sie nun eine Brille tragen oder nicht.

Als Techniker am Fotoapparat denke ich mir da: Schärfe kriegste durch Abblenden. Genaugenommen nennt sich das so schön »Tiefenschärfe«. Die sagt einem, wie weit was weg sein kann, dann es auf dem platten Bild noch scharf dargestellt wird. Wer immer noch mehr wissen will, gucke in der Wikipedia unter Schärfentiefe, wo die Tiefenschärfe beschrieben wird, wie inzwischen üblich nur für Akademiker: »… Größe des Entfernungsbereichs, innerhalb dessen ein Objekt hinlänglich scharf abgebildet wird«.

Wer abblenden will, der muss auch Licht haben, das er dann abblenden kann. Wenn das zu Sehende hell beleuchtet ist, kann man mit einem Nadelloch als Objektiv scharf abbilden – die ersten Box-Kameras machten das so – , wo wenig Licht ist, üblicherweise, braucht man »viel Glas«, ein großes, schweres, lichtstarkes Objektiv. (Moderne Minikameras haben das übrigens nicht. Die behelfen sich mit elektronischer Überlagerung mehrerer Bilder, was das Endergebnis allerdings meist unschärfer macht). Genug Technik.

Sie können selbst mit einem kleinen Loch schärfer sehen, mit einem ganz kleinen, je kleiner, desto besser! Kringeln Sie einen Finger ganz eng zusammen, oder stechen Sie ein Loch in ein (vielleicht dunkles) Papier und gucken Sie auf einen Testtext wie diesen langen, sonst unlesbaren  Unsinn hier. Das ist aber auf die Dauer etwas unbequem.

Die praktischste Möglichkeit, ohne Lupe schärfer zu sehen, ist, das Objekt heller anzuleuchten. Das tun Sie mit einer Taschenlampe.

So eine mit drei LED-Lichtern habe ich immer bei mir in der rechten Hosentasche. Mein Taschenlampen-Lieblingsmodell heißt »Ultrabright«. Es arbeitet mit drei AAA-Batterien oder Akkus, und wenn die frisch geladen sind, ist die Helligkeit blended und ideal für selbst kleinste Schriften, ganz zu schweigen vom Lesen im Bett oder den Straßenbahnfahrplan am Halteplatz.

Inzwischen hatte ich in beiden Augen eine »Katarakt-Operation«, also vorn neue Linsen bekommen gegen den Grauen Star. Super! Leider können sie sich nicht verformen, also nicht auf nah stellen, und bei viel Licht auch nicht abblenden. Empfehlenswert ist also einerseits eine Gleitsichtbrille« mit keiner Korrektur oben und andererseits unten einem Feld zum Lesen. 

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https://blogabissl.blogspot.com/2025/09/licht-eine-taschenlampe-als-lesehilfe.html

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la Mora – was ist das?

Der Mohr in der Bonner Bonngasse, Foto Dickbauch,
siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_%E2%80%9EIm_Mohren%E2%80%9C#/media/Datei:Beethovenhaus_Shop_2_db.jpg

La morra, oder meist mora mit nur einem r.

Was das alles heißen kann! Außer Mohrin natürlich, das in unserer
einseitig assoziationsaffinen Zeit out ist, unwoke, weil’s wie Bezeichnungen mit -ing (Zögling, Flüchtling, Pfifferling) abschätzig gemeint sein hätte können, bei böswillig Universalmeinenden und aller Art Meinern allgemein. Für Neger habe ich das einmal nachgeforscht und nachvollzogen, siehe
https://blogabissl.blogspot.com/2019/03/neger.html . Sehenswert!
 Aus dem Mohr macht man am einfachsten eine Möhre, und ausgestanden ist der Wandelwunsch. »Gasthaus zur Möhre«: modern, vegetarisch, weltanschaulich neutral.

Also mora, wie in Rocco Granatas «Mia bella mora«, mit langem, tiefem o. https://youtu.be/i9-AtHiVHPo . Man kann’s auch mia amora lesen, etwas gepresst übersetzt: meine Geliebte.

la morra       
die Mora
    
la mora – donna di capelli o carnagione scura   
die Brünette  Pl.: die Brünetten
Eigentlich dann die mit dunklen Haaren, mein’ ich.
    
il moro | la mora   - di capelli   
der Dunkelhaarige | die Dunkelhaarige  Pl.: die Dunkelhaarigen
    
il moro | la mora   - di carnagione   
der Dunkelhäutige | die Dunkelhäutige  Pl.: die Dunkelhäutigen
    
la mora [WIRTSCH.] [JURA] [KOMM.] [JURA]   
der Verzug  Pl.
    
la mora [FINAN.]       
der Säumniszuschlag
    
la mora [FINAN.] [WIRTSCH.] [KOMM.] [JURA]   
der Zahlungsverzug  Pl.: die Zahlungsverzüge
    
il moro | la mora [HIST.]   
der Maure | die Maurin  Pl.: die Mauren, die Maurinnen
    
la mora [BOT.]   - di gelso   
die Maulbeere  Pl.: die Maulbeeren
    
la mora [FINAN.] [WIRTSCH.] [KOMM.] [JURA]   - somma   
der Verzugszins  Pl.: die Verzugszinsen
    
la mora [BOT.]   - di rovo   
die Brombeere  Pl.: die Brombeeren   - Frucht
    
mora del creditore [WIRTSCH.] [JURA] [KOMM.]       
der Gläubigerverzug
    
mora del debitore [WIRTSCH.] [JURA] [KOMM.]       
der Schuldnerverzug
    
mora della consegna [KOMM.]   
der Lieferverzug  Pl.: die Lieferverzüge
    
termine di mora   auch  [KOMM.] [JURA]   
die Nachfrist  Pl.: die Nachfristen
    
danno di mora [KOMM.] [JURA]   
der Verzugsschaden  Pl.: die Verzugsschäden
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Adjektive / Adverbien
    
moro, mora  Adj.   
schwarz
    
moro, mora  Adj.   - di capelli   
dunkelhaarig
    
moro, mora  Adj.   - di carnagione   
dunkelhäutig
    
moro, mora  Adj. [HIST.]   
maurisch
    
mora perlato  inv.   
perlbrombeer
    
more uxorio    
eheähnlich
Verben
    
essere in mora con qc. [KOMM.] [ADMIN.] [JURA]       
sich im Verzug mit jemandem befinden
    
mettere in mora qcn. [JURA]       
Jemanden in Verzug setzen
Phrasen
    
in Verzug
Orthographisch ähnliche Wörter
amor, bora, gora, kora, marà, mira, moca, moda, moka, mola, mona, more, moria, moro, morra, morsa, morta, Mosa, mota, mura, ocra, Ora, ora, orca, orda, orm

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   https://blogabissl.blogspot.com/2025/09/mora.html

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