Noch heute freut’s mich, oh Runkelstein,
dass einstmals zu guter Stunden
in der Talfer felsiges Tal hinein,
zu dir den Weg ich gefunden.
Schloss Runkelstein bei Bozen nach der Sanierung um 1898. 1868 war die Nordwand (das »Sommerhaus«) mit schönen profanen Fresken abgebrochen, weil man versucht hatte, die Talfer entlang einen Weg in den Fels zu bauen. Ob es davon Fotos gibt, bezweifle ich.
Foto der Nordseite vor dem 1868er Felssturz. Foto Moosbrugger (Tiroler Landesmuseum BR10), Quelle.
Peter Moosbrugger (1831-1883 Meran) – Südtiroler (Wander-)Fotograf in Meran der 1850-70er)
Vor der Fotografie war man auf mehr oder weniger phantasievolle Darstellungen angewiesen. Siehe http://blogabissl.blogspot.de/2016/04/erste-fotografische-veduten-roms.html
»Schloß Rungelſtein b. Botzen«, Tonlithographie v. P. Herwegen aus L. Neelmeyer »Erinnerungen an Süd Tirol« München 1853-56
Nun zum Gedicht
aus dem Buch »Gaudeamus« (Stuttgart 1887) von Joseph Viktor von Scheffel (1826—1886)
Runglstein bei Bozen
(1855.)
Noch heute freut’s mich, o Runglstein,
Daß einstmals zu guter Stunden
In der Talfer felsenges Tal hinein
Zu dir den Weg ich gefunden.
Melodisch scholl aus der Tiefe empor
Des Wildbachs entströmendes Tosen.
Am Burgpfad erblühten in lustigem Chor
Glutnelken und wilde Rosen.
Des Runglsteins verfallen Gebäu
Weiß nichts von Grämen und Trauern,
Der Geist der Dichtung, fröhlich und frei,
Nistet in seinen Mauem.
Herr Konrat Vintler einst oben saß
Des Kurzweil war allerwegen
Beim Klang der Laute und Stengelglas
Der freien Künste zu pflegen.
Längst war des Minnelieds Glanz vorbei
Und anderes wollt’ sich gestalten.
Drum dacht’ er, ein künstlerisch Konterfei
Entschwundener Pracht zu behalten.
Viel sinnige Männer malten ihm gern
Die Helden der altdeutschen Lieder;
Noch schauen Herr Hagen und Dietrich von Bern
Vom Söller zum Burghof hernieder.
Und Grau in Grau – dort den Saal entlang.
Wer deutet die Gruppen, die holden?
’s ist Gottfrieds von Straßburg minniger Sang
Von Tristan und lsolden.
Tristan und lsolde auf weitem Meer –
Isolde und Tristan im Walde –
Brangäne lächelt – betrüblich sehr
Steht König Marke der Alte ...
Noch heute freut’s mich, o Runglstein,
Daß einstmals zu guter Stunden
In der Talfer felsenges Tal hinein
Zu dir den Weg ich gefunden.
Durch der Fenster farbige Scheiben entsandt
Die Sonne ihr Gold vor dem Scheiden;
Es umflammte die Schilderelen der Wand
Wie ein Gruß vergehender Zeilen.
Im Rittersaale am hohen Kamin
Saß lang’ ich, in Sinnen versunken,
Und habe im feurigen Wein von Tramin
Des Vinters Gedächtnis getrunken.
Wer immer ins sonnige Etschland fährt,
Halt’ Einkehr in diesen Räumen,
Und ist ihm eine lsolde beschert,
Mag er von ihr hier träumen.
Permalink hierher: https://blogabissl.blogspot.com/2017/12/runkelstein.html
(1855.)
Noch heute freut’s mich, o Runglstein,
Daß einstmals zu guter Stunden
In der Talfer felsenges Tal hinein
Zu dir den Weg ich gefunden.
Melodisch scholl aus der Tiefe empor
Des Wildbachs entströmendes Tosen.
Am Burgpfad erblühten in lustigem Chor
Glutnelken und wilde Rosen.
Des Runglsteins verfallen Gebäu
Weiß nichts von Grämen und Trauern,
Der Geist der Dichtung, fröhlich und frei,
Nistet in seinen Mauem.
Herr Konrat Vintler einst oben saß
Des Kurzweil war allerwegen
Beim Klang der Laute und Stengelglas
Der freien Künste zu pflegen.
Längst war des Minnelieds Glanz vorbei
Und anderes wollt’ sich gestalten.
Drum dacht’ er, ein künstlerisch Konterfei
Entschwundener Pracht zu behalten.
Viel sinnige Männer malten ihm gern
Die Helden der altdeutschen Lieder;
Noch schauen Herr Hagen und Dietrich von Bern
Vom Söller zum Burghof hernieder.
Und Grau in Grau – dort den Saal entlang.
Wer deutet die Gruppen, die holden?
’s ist Gottfrieds von Straßburg minniger Sang
Von Tristan und lsolden.
Tristan und lsolde auf weitem Meer –
Isolde und Tristan im Walde –
Brangäne lächelt – betrüblich sehr
Steht König Marke der Alte ...
Noch heute freut’s mich, o Runglstein,
Daß einstmals zu guter Stunden
In der Talfer felsenges Tal hinein
Zu dir den Weg ich gefunden.
Durch der Fenster farbige Scheiben entsandt
Die Sonne ihr Gold vor dem Scheiden;
Es umflammte die Schilderelen der Wand
Wie ein Gruß vergehender Zeilen.
Im Rittersaale am hohen Kamin
Saß lang’ ich, in Sinnen versunken,
Und habe im feurigen Wein von Tramin
Des Vinters Gedächtnis getrunken.
Wer immer ins sonnige Etschland fährt,
Halt’ Einkehr in diesen Räumen,
Und ist ihm eine lsolde beschert,
Mag er von ihr hier träumen.
Permalink hierher: https://blogabissl.blogspot.com/2017/12/runkelstein.html
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