So 22.04.2007 09:03
Von: Hotel Seebrücke Zingst [info@hotel-seebruecke.net]
Betreff: Notruf zum Blackberry aus dem Ostseeheilbad Zingst
Hallo Herr Jörn,
dies ist eigentlich ein „Notruf“. Wir haben einen Gast in unserem Hotel, welcher einen Blackberry sein eigen nennt. Nun hat er, weil er sein Ladekabel vergessen hat und um Strom zu sparen, sein Blackberry ausgeschaltet.
Jetzt wollte er ihn wieder anmachen, weiß aber nicht, wie es geht. Sollten Sie diese Nachricht heute (22.04.07/ 08:40 Uhr) lesen und unserem Hausgast helfen können, so mailen Sie uns doch bitte oder rufen kurz an (038232 / 840).
Sie würden somit einem verzweifelten Gast viel Freude bereiten.
mit ostseefrischen Grüßen
Mirko Bark
Hotel & Restaurant Seebrücke
Soweit die Nachricht. Das kommt davon, bei der Google-Suche nach »Blackberry-Tipps« vornean zu stehen. Dabei stehen meine Tipps längst auf einer Wiki-Seite. Auf jeden Fall konnte dem Mann geholfen werden, sogar mit dem Extra-Tipp, seinen Blackberry doch einfach über einen PC und den USB-Anschluss zu laden – sofern ein passendes USB-Kabel zur Hand ist. Ja, das simpelste Ein- und Ausschalten unserer elektronischer Begleiter wird zur Seltenheit: Die Dinger bleiben permanent an.
So, jetzt aber wieder was Politico-Philosophisches. Die Machbarkeit dieser Welt. Das Austauschen, Ersetzen, einfach neu Kaufen. Das geht an bei den Alleebäumen in unserer Friedrichstraße, eingepflanzt in voller Blüte und Saft, veredelt, fix und fertig nach zehn Jahren Baumschule. Wer dörrt, wird dann ersetzt. Second Life!
Das Berliner Stadtschloss wird wieder aufgebaut.
Kunstschnee. Vielleicht könnte man den Klimawandel durch Gipsgletscher vertuschen?
Überhaupt ist Wandel böse. Dass mir ja keine »Arten« aussterben! (Na, vielleicht Grippeviren oder Karieserreger, die dürften verschwinden.)
Kein Wunder, dass selbst moralische Fragen mechanistisch gelöst werden. Metalldetektoren gegen Mörder. Bald wohl Rauchmelder in Kneipen gegen Zigaretten, wenn es schon immer höhere Steuern nicht tun.
Sind ja nicht nur die Kirchen Wächter von Sitte und Anstand. Der Staat (›res publica‹) ist mindestens ebenso stark dran interessiert, hat Ombudsmänner, empfiehlt Schlichter, schreibt vor Scheidungen Vergleichsversuche vor oder ein halbes Jahr Trennung, was als eheliche Zerrüttung gilt. Nur, dass sich in den letzten fünfzig Jahren keiner die Mühe gemacht hat, den Moral-Kanon weiterzuschreiben, vernünftig fortzuführen. Die Kirche hält einfach am Alten fest. Den Staat interessieren nur Steuern und Ruhe und Ordnung. Aber: Ist Brettern ab 200 Stundenkilometer unmoralisch, ab 250 eine Todsünde? Oder beginnt das schlechte Öko-Gewissen schon bei 140? Ach was: allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzungen müssen her, 120 oder so, dann wird die Welt wieder heil und kühl.
Genug der Suada.
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