Ist Nationalismus gut oder schlecht?
Wobei das nur ein Einzelfall ist. Denn die Wörter ändern sich in ihrer Konnotation – also wie man sie »nimmt« –, und es ändern sich die Meinungen über die Sache – ob man sie gut oder schecht findet.
Beispiel für eine Konnotationsänderung: »Bescheidenheit«, früher eine Tugend, heute abfällig dumm.
Beispiel für eine Meinungsänderung: Selbstmord, früher verurteilt, heute anerkannt und strafrechtlich erlaubt. Kirchlich weiterhin nicht: Man denke nur an Begräbnissitten. Wikipedia leitet sofort auf das politisch korrektere Wort Suizid weiter.
Oder Homosexualität, und viele andere Begriffe, Eigenschaften und Einstellungen.
So ist der Lauf der Welt … tempora mutantur …
Das Thema Ismus greift sogar die Wikipedia auf, samt Konnotationswandel, hier.
Nun aber zum Nationalismus. Auch den bringt die Wikipedia, dröselt ihn in fünf »Ausprägungen« auf, und beurteilt dann die.
Endspiel Deutschland gegen Argentinien am Sonntag, 13. Juli 2014, 21 Uhr. Foto Wikipedia. |
»Seine Exzellenz BENITO MUSSOLINI, Regierungschef, Duce des Faschismus’ und Gründer des Reichs, liebt sehr die Balilla, die ›Kleinen Italienerinnen‹ und die ›kleinen Eritreer‹. Ich werde ein besonders guter Soldat sein für die Größe Italiens! |
Da mag jeder seine Meinung haben – eine allgemeine Beurteilung des deutschen oder gar des österreichischen Nationalismus’ könnte ich als alter Doppelbürger nicht geben.
»Die Umſiedlungen des Führers«, gezeichnet von »Erik«, 14. Februar 1941 Volksdeutsches Kameradschaftsopfer der deutschen Jugend Volksbund für das Deutschtum im Ausland |
Was macht eine »Nation« aus? So richtig kann das keiner sagen. Vielleicht ist das auch nicht so wichtig.
Was aber hält eine Gemeinschaft zusammen? Sicher nicht eine »Schengen-Grenze«. Dieses »Europa« gewiss auch nicht, das sich anmaßt, eine geographische Bezeichung oder eine Währung nach Gusto quasi-supranational zu interpretieren. Sind Briten Europäer? Und bald nicht mehr?
Eine genaue geographische Verortung sagt’s auch nicht. Obwohl: Schweizer sind Schweizer und oder Auslandsschweizer und so weiter. Im Ausland zeigt’s der Pass, in der Schweiz fast auch; doch was ist mit Leuten, die schon lang dort leben? Schweizer wird man nie, ohne Schweizer zu werden.
Unsere Gemeinschaften (à la EWG, Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, die noch funktionierte) werden zu groß, um als Nation zu taugen. Deshalb heißen sie auch bloß »Organisation« oder »Union« wie Nato oder EU und kürzen sich ab vom Nationalismus.
Selbst Gemeinschaften mit dem Slogan »Wir sind das Volk« sind wechselhaft und überall andere. Was verbindet sie? Eine Solidargemeinschaft, und das ist schon etwas. Ist die Gemeinschaft zu groß, zu multikulti, zu heterogen, wird sie nicht empfunden, funktioniert im Notfall auch nicht. Die Empathie ist weg, das Mitgefühl. Funktioniert haben noch die kleinen Auswandergemeinschaften am Anfang des 18. Jahrhunderts; lesen Sie über »die Deutschen in der Kaukasusregion«.
Schreiben müsste ich noch über Heimatliebe, Sprache, Religion, Geschichte als Bindung.
• Über die langwierige Entwicklung des Nationalismus’ in und für Österreich schreibt die Wikipedia unter dem Oberbegriff »Österreichische Identität« und zitiert dessen großdeutsche Verfassung nach dem Ersten Weltkrieg: »Deutschösterreich ist ein Bestandteil der Deutschen Republik.«
Was mich natürlich zur Frage verleitet, ob ich inzwischen als österreichischer und deutscher Staatsbürger nun »binational« bin? Weil ich dabei recht bayrisch spreche, halte ich den Stolz, Österreicher zu sein, ähnlich hoch wie die Bayern ihre »Nationalität« oder das Bewusstsein, (sprachlich) aus Süddeutschland zu kommen. Wenn Umfragen Österreich ein hohes Nationalgefühl attestieren, so hat das mit klassischem Nationalismus nichts zu tun. NRW (für Fremde: Das ist das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem ich lebe) ist doppelt so groß wie Österreich, und hat nicht einmal einen Namen für NRWler und -innen, siehe meine Glosse »Ich bin ein Schengener« und »Was ist deutsch?«. Außerdem bin ich ein »Migrant ohne eingene Migrationserfahrung«, weil ich die Flucht aus Brünn nicht in Erinnerung habe: »Heimatvertriebener«, »Ostflüchtling«.
• »Nationalismus kann jederzeit in Militarismus umschlagen«, meint der Philosoph Heiner Mühlmann am 15.12.16 in der NZZ. Doch in den Kommentaren sind seine Pointierungen umstritten. So erwidert Hans-Werner Sinn: » … ich hätte gesagt, Österreich solle aus der EU austreten. Diese Behauptung ist unwahr. … «
Permalink hierher:
http://blogabissl.blogspot.com/2017/02/ismen.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen