6. November 2016

Internet im Himmel, im Himmel Musik

Gibt’s Internet im Himmel? »Free W-Lan«? Es führt da keine Leitung hin, kein DSL, kein Kabel – drahtloses, schnelles LTE vielleicht? Dazu kommt, dass Klassik-Freunde dort ihre Musik vermissen werden, und andere auch (wenn es denn überhaupt diesen Himmel gibt … ), weil sich Musik ohne Zeit nicht denken lässt. Kein Chopin ohne milli­se­kun­den­ge­naues Retardieren, kein Ton ohne Dauer, kein Atmen ohne Wiederholung, kein Herzschlag ohne Puls. Und der Himmel ist bekanntlich ewig, ewig ohne Zeit, logisch ohne Musik und natürlich ohne »Synchronisation« von Daten.
Zeit im Himmel? Ewig oder nie. Kinotrailer

Dagegen, schon zu biblischen Zeiten – schreibt Lukas bei Lk 20, 27:
   
Von den Sadduzäern, die die Auferstehung leugnen, kamen einige zu Jesus und fragten ihn:  
   »Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein Mann, der einen Bruder hat, stirbt und eine Frau hinterlässt, ohne Kinder zu haben, dann soll sein Bruder die Frau heiraten und seinem Bruder Nachkommen verschaffen. Nun lebten einmal sieben Brüder.
Der erste nahm sich eine Frau, starb aber kinderlos. Da nahm sie der zweite, danach der dritte und ebenso die anderen bis zum siebten; sie alle hinterließen keine Kinder, als sie starben. Schließlich starb auch die Frau.

   Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben haben sie doch zur Frau gehabt.«
   Da sagte Jesus zu ihnen: »Nur in dieser Welt heiraten die Menschen. Die aber, die Gott für würdig hält, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, werden dann nicht mehr heiraten. Sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und durch die Auferstehung zu Söhnen und Töchtern Gottes geworden sind. Dass aber die Toten auferstehen, hat schon Mose in der Geschichte vom Dornbusch angedeutet, in der er den Herrn  den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt.

   Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn sind alle lebendig.«
   Da sagten einige Schriftgelehrte: »Meister, du hast gut geantwortet.« Und man wagte nicht mehr, ihn etwas zu fragen. 


Da haben wir die »Lösung«: Wir wissen’s nicht! Wenn wir soweit kommen, zu glauben, dass es überhaupt einen Himmel gibt, so soll uns das schon genug sein. Nur nicht immer dran rühren, am Glauben. Wie’s dort aussieht, in Himmel oder Hölle, im Purgatorium gar, darum brauchen wir uns keine Gedanken zu machen, keine Vorstellung. Einfach mal: ’s nicht wissen. Lassen wir uns überraschen.
   Unser Priester erzählte uns dazu heute noch eine Geschichte. Zwei alte Mönche … aber lesen Sie sie selbst auf Wikipedia, Stichwort totaliter aliter, ganz anders.
   Und ein Gedicht las er uns vor, ein »Kindertotenlied« von Friedrich Rückert geschrieben, nachdem im Winter 1833-34 zwei seiner sechs Kinder an Scharlach gestorben waren:
Ausschnitt dank Google und Harward

 































Ernst Rückert,
4. Januar 1829 – 16. Januar 1834
Luise Rückert,
25. Juni 1830 – 31. Dezember 1833

Hier nochmals für die, die sich schwertun mit Fraktur, Rückerts Gedicht in Antiqua:

            Wiedersehn

            Deine Kinder, hier verloren,
Wirst du droben wiedersehn;
Denn was aus dir ist geboren,
Kann dir nicht verloren gehn. Daß du einst sie wiedersehest,
Dieses kannst du wohl verstehn,
Wenn du auch nicht das verstehest,
Wie du sie wirst wiedersehn.
Nicht als Kinder; oder wolltest
Du sie ewig halten klein?
Nicht gealtert; oder solltest
Du entfremdet ihnen seyn?
Die hier streitenden Gestalten,
Dort wo sie verglichen sind,
Wo nicht Mann und Weib sich spalten,
Trennt sich auch nicht Greis und Kind.
http://gutenberg.spiegel.de/buch/kindertodtenlieder-5068/440
http://gutenberg.spiegel.de/buch/kindertodtenlieder-5068/8
http://gutenberg.spiegel.de/buch/kindertodtenlieder-5068/63

Svea gewidmet.                                                                                                          Permalink hierher:
http://blogabissl.blogspot.com/2016/11/internet-im-himmel-im-himmel-musik.html 


PS. Wenn ich daran denke, dass sich in unseren Breiten und Lebensumständen keiner wirklich sehnt nach dem Himmel, so kommt das nicht bloß vom schwindenden religiösen Glauben.
   Es geht uns einfach hier schon gut. »Gaffen«, jedenfalls auf der Autobahn, ist verpönt, also sehen wir Schlimmes einfach weg, übersehen es. Weit ist das Mittelmeer, noch weiter die Küste Afrikas. »Gutes« gönnen wir uns, weil ja sonst nichts. Da mag es Gott geben oder eher nicht, was tut’s, vor allem: Was tut Er? Hält sich heraus wie die EU, mehr noch: immer nur Apelle.
   Wer von uns »unterscheibt« noch das Kirchenlied aus dem 18. Jh., wo es heißt: »Alles sei dir übergeben; was du tust, ist wohlgetan. Es sei Sterben oder Leben, dankbar nehm’ ich alles an.«? Oder noch früher, 1675, da dichtete Samuel Rodigast: »Was Gott tut, das ist wohlgetan, dabei will ich verbleiben.« 
   In unserer Zeit ist immer wer schuld. Selbst bei Erdbeben kam das Unglückliche daran vom Pfusch am Bau, gerade in Italien. Der Rest soll wiederaufgebaut werden. Waren früher vielleicht die Priester die Mittler zu Gott, so sind’s heute die Rechtsanwälte (zahlreicher, oder?) zur irdischen Gerechtigkeit.
   Doch zurück zum Himmel. 
Auszug aus der zwanzigsten Predigt der »Sitten-Lehr«, 2. Teil, von 1739
So verzichten inzwischen Weise bescheiden auf den Himmel …

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