28. August 2013

»Buße und Bußsakrament«


Eine sehr schöne Messe habe ich wieder erlebt, im Bonner Collegium Albertinum. Das schöne Gebäude von 1892 liegt frisch revoviert an der Adenauerallee, Nummer 19, nahe dem Beethoven-Gymnasium Carlas, Nummer 51. So können die Schüler am Mittwoch in der ersten Stunde dort in die Messe gehen, statt schon zur Schule. Am liebsten wird die Zeit freilich zum Ausschlafen genutzt. Eine engagierte Religionslehrerin vergibt fleißig Aufgaben wie Ministrieren oder Fürbittenlesen an ihre Schüler. Schon ist es ihnen eine Selbstverständlichkeit, diesen ehrenvollen Tätigkeiten nachzukommen. Meist kommen rund zwanzig zusammen. Ich als frommer Vater gehe dann gerne mit, und habe dort schon sehr schöne, kleine Messen, fast nach alter Art, erlebt, sogar eine kleine Fronleichnamsprozession in den Garten zum Rhein hin.

   Der Priester predigt stets kindgerecht, was meinem einfachen Glauben entgegenkommt. Ich hab's gern holzschnittartig – deine Rede sei: Ja,ja, Nein, nein (Matth. 5, 37).

Ich wollte aber von einem kleinen grünen Pamphlet erzählen, das unten am Empfang zum Mitnehmen auslag: Klaus Stadel, »Laßt euch mit Gott versöhnen«, Buße und Bußsakrament. Aus dem ß in »Laßt« sieht man schon: Die Botschaft ist so neu nicht, aber immerhin nachkonziliär. »1. Auflage 1986« steht drin, was inzwischen nicht für viel Nachfrage spricht. (Da habe ich in Rom viel mehr Interesse an christlichen Themen gesehen, in San Giacomo in Augusta in der Via Corsa.)    Schon auf Seite zwei stoße ich mich an der Definition: »So hat – in der Sicht des Glaubens – jede menschliche Schuld in ihrem Kern den Charakter der Sünde.« Eine verwaschene Aussage (»in ihrem Kern«), und falsch dazu. Ich denke nämlich an die Frau hier gegenüber, der das Mißgeschick passierte, dass ihre Wohnung wegen einer unbeobachtet gelassenen Fritteuse ausbrannte (Bilder). Schuld ist sie. Aber sündig deshalb? Da gibt es ganz andere Sünden, die ohne Schuld daherkommen. Nehmen wir die klassischen Freiheiten, die man sich zwischendurch nimmt, und die niemandem schaden (im Sinn des Kantschen Imperativs). Da empfindet niemand Schuld. Es wird ja keiner geschädigt. Aber Sünde kann es sein, Sünde jedenfalls im altmodisch strengen Sinn. Ein Priester, der auf sein Keuschheitsgelübde pfeift, lädt der Schuld auf sich? Bürgerlich gesehen gewiss nicht, solange er damit kein großes Aufhebens macht.
   Mit ähnlichen Weichspülungen geht es weiter bis zum Lob der Beichte: »In der Beichte bricht das Licht des Evangeliums in die Finsternis und Verschlossenheit des Herzens hinein ...«. Immerhin wird noch gesagt: »Not-wendig ist der Empfang des Bußsakramentes für den, der sich in schwere Schuld verstrickt hat.« Verstrickt hat er sich, der arme Sünder, was mir wie »Pech auch!« klingt. Mit dem Empfang des Sakramentes löst sich das. Was aber nun eine schwere Schuld ist – gemeint ist eine Todsünde – wird nicht weiter angedeutet. Vermutlich muss man Techniker sein, um die wackelige Konstruktion dieser Aussagen zu erkennen.
   Genug. Das Heftchen ist alt. Wir leben in einem neuen Jahrtausend. Im Advent 2013 wird es ein neues Messbuch gelten, »für uns uns für viele« (nicht mehr »für alle«), um mit einem Seitenblick auf »pro multis« zu enden.

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