Stiftskirche Bonn (Wikipedia) |
Hier in Bonn wird die Gemeindebetreuung – ich nenne das einmal Seelsorge – konsequent in die Wohnbezirke verlagert. In der City versucht unser Stadtdechant (persönlicher PR nicht immer abgeneigt) durch schöne Veranstaltungen und Modernisierungen wie einen Kreditkarten-Opferstock und jetzt einem 3,7 Millionen Euro teuren gläsernen »Schaufenster der Kirche«*) Laufkundschaft anzuziehen. Wie gut das gelingt, weiß ich nicht. Familien wie wir, die in der Innenstadt leben, werden in die nördlich gelegene Stiftskirche verwiesen. Der letzte innerstädtische Kindergarten soll 2008 geschlossen werden, auch er zieht nach Norden. Der letzte katholische Kinderhort für Schulkinder ist bereits 2006 aufgegeben worden, angeblich, weil diese Aufgabe jetzt die Schulen selbst übernehmen (stimmt nicht, Nachmittagsbetreuung wird outgesourct). Die ansehnliche Stiftskirche ist zwar nicht weit weg, doch erfahrungsgemäß werden deutsche Städte im Süden »besser«, und im Norden, da sind sie armseliger, was wir eitle City-Gläubigen nicht goutieren. In der City selbst werden jahrhundertealte Klöster bescheidener »Minderbrüder« (Minoriten) geschlossen, Kirchen wenn möglich dem Land zurückgereicht zur allfälligen Nutzung (Namen-Jesu-Kirche in der Bonngasse, wo das Beethovenhaus ist).
Viele dieser Entscheidungen finde selbst ich richtig, auch wenn sie mir nicht passen. Bloß, dass man innerstädtische Kirchen nur für Leute ohne Kinder attraktiv machen soll, woher auch immer sie kommen, finde ich kurzsichtig. Selbst der innerstädtische Kinderspielplatz im Hofgarten ist hervorragend besucht, obwohl dort keine Kinder wohnen, und der Weihnachtsmarkt passiert natürlich im Zentrum am Münsterplatz. Warum also keine Kindergottesdienste im Zentrum? Vielleicht »edle« Kindergottesdienste? Doch gemach: Ich wage mich vor zu Vorschlägen. Dabei bin ich gewiss kein Experte, nicht einmal ein regelmäßiger Kirchgänger. Trotzdem hier die Gedanken eines katholischen Laien.
• Kirchliche Angebote sollten wenn, dann regelmäßig sein. Jeden zweiten Sonntag im Monat, nicht im Sommer (und nur nach Vollmond :–), das kann sich keiner merken. Die Qualität einer Messe hängt nicht von der Zahl der Besucher ab. Ich erinnere mich an stille Messen an Seitenaltären in der Franziskanerkirche in Salzburg, da war ich fast allein mit dem Zelebranten. Da wirkt Gott, nicht wir.
• Es dürfen ruhig weniger »Vollmessen« sein. Gottes Segen und die Kommunion kann auch ein Diakon spenden. Merke: Nicht »Ich segne dich im Namen des Vaters usw.«, also affirmativ, lautet der Segensspruch, leider, sondern etwas vager bloß: »Es segne dich ...« – was es dann dem lieben Gott überlässt, das zu tun oder zu lassen.
• Die Gemeindearbeit sollte sich mit Vorrang um den Nachwuchs kümmern. Das ist vielleicht nicht so spektakulär wie gut besetzte Kirchenkonzerte, langfristig aber segensreicher. Dazu sollte kindliche Begeisterung früh geweckt und genutzt werden. Hier werden Ministranten erst nach der Erstkommunion ausgebildet, und die Erstkommunionvorbereitung beginnt erst ab der dritten Schulklasse. Ich könnte mir vorstellen, dass die Kinder dann »andere Sorgen« haben, als Ministranten zu werden. Ich selbst bin – ein Kuriosum – im selben Matrosenanzug getauft (25. 11. 1948, noch 6-jährig), gefirmt und »erstkommuniont«, in Bozen. (Diese »Eventualtaufe« nach meiner »richtigen« evangelischen Taufe am 11. 2. 1942 ist eine typisch katholische Überheblichkeit, aber das ist eine andere Geschichte.)
• Das Bild unseres Gottes könnte klarer, strenger, direkter gepredigt werden. Ich erinnere mich an die Predigt eines eingeladenen Wanderpredigers (mein sel. Großvater war auch einer) in Parker, Colorado, der mit dem Zeigefinger durch die Reihen ging. Vielleicht kann einmal die Gemeinde gefragt werden, was sie zu einem Thema meint? Ob sie eine Lesung verstanden hat. Manche Texte sind wirklich nicht mehr zu verstehen, nicht mehr zeitgemäß. Desto wichtiger wäre es, die guten, zeitlosen, die schwierigen und kompromisslosen Texte aufzudröseln. »Gott liebt dich« – ich kann das schon nicht mehr hören – »er spricht mit dir, tröstet dich« usw. (Einzig dem polnischen Minoritenpater Richard Stefaniuk habe ich es abgenommen, dass er Christus unter uns wusste.) Besonders in den Kindergottesdiensten herrscht eher ein heidnischer Lichterglanzglaube vor, esoterisch fast, als das Bild eines Gottes, der klar ist und streng und schließlich, wenn wir ihn annehmen, auch liebevoll, ja. Verlangt er von uns, dass wir am Sonntag regelmäßig in die Kirche gehen? Verlangt er von uns, dass wir einigermaßen ordentlich vor ihn treten, wenn wir die Kommunion empfangen, oder ist es egal, wenn wir in schwerer Sünde und mit sattem Bauch am Altar stehen? Wenn die Kirche nichts verlangt von uns, dann wird sie auch nichts bekommen – jedenfalls keine einigermaßen verbindlichen Gläubigen. Fasten, das tun nur die gläubigen Muslime. Regelmäßig beten. – Oh, wie weit sind wir doch fern Gottes.
• Die Beichte, auch die ist verloren gegangen. Man schämt sich, nicht seiner Sünden, sondern seines Bekenntnisses, was sogar dem Wortsinn widerspricht. Ich schreibe ja »Beichten« auch nicht auf den Einkaufszettel, bleibe da sozusagen »unter mir«. Konkret kann man in der uns für die Seelsorge zugewiesenen Stiftskirche nur beichten, ginge man am Sonntag zu den polnischen Priestern. Da habe ich vor Ostern lange Schlangen vor den Beichtstühlen gesehen.
• Und dann könnte man einmal die Gemeinde fragen, zum Beispiel, ob sie die Messe lieber »tridentinisch« hätte, also lateinisch, wie früher, wo das doch jetzt der Papst allgemein erlaubt hat. (Siehe auch www.Joern.De/zuGott.htm)
So, nun aber genug der Anregungen eines Suchenden, laienhaft und gottergeben. Er wird’s schon richten. (Und uns dann am Jüngsten Tag.)
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*) Von www.Kath-Bonn.De:
»Geschrieben von KKB online Team am 24.06.2007 um 10:18.
Die katholische Kirche in Bonn errichtet an der Münsterbasilika ein großes Zentrum für die Cityseelsorge. Das sogenannte Foyer am Münster solle zu einem ›Schaufenster der Kirche‹ werden. Es solle Rat suchenden Menschen als erste Anlaufstelle dienen, kündigte Stadtdechant Schumacher in Bonn an. Der Zülpicher Architekt Markus Ernst setze mit seiner Glas-Beton-Konstruktion einen wichtigen städtebaulichen Akzent in der Innenstadt. Gleichzeitig werden die ehemaligen Stiftsgebäude zu einem Pastoralem Zentrum der Stadtkirche ausgebaut. Dort finden alle Einrichtungen der Stadtkirche Platz. Die Bauarbeiten beginnen am Montag. Schumacher rechnet mit Baukosten von 3,7 Millionen Euro. Rund ein Drittel übernimmt die Gemeinde, zwei Drittel das Erzbistum Köln.«
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