12. August 2024

Die Frühmesse in Sarnthein

KircheDas Innere der Pfarrkirche Sarnthein, mitten in Südtirol. So sehe ich sie von meinem üblichen Platz rechts hinten (Männerseite, bei den Alten). Warum ist die Kirche leer?
   Die Sonntagsmesse, die frühe für die Einheimischen, die um acht Uhr ist nach etwas mehr als einer halben Stunde mit dem gewohnten Segen und dem frommen Wunsch »Gehet hin in Frieden« zu Ende gegangen. Pfarrer Basilius Schlögl OT macht es kurz und knackig. Gestern ist er sogar ohne Predigt ausgekommen. Das Evangelium (Joh. 6, 41—51) war – wie selten – klar und deutlich. Dem hatte er nichts zuzufügen. Etwas überrascht waren wir »Gläuige« schon, als wir uns bequem zur Predigt hinsetzen wollten – beim Evangelium davor ist Stehen angesagt – und Pfarrer Schlögl nahtlos zum Glaubensbekennis überging. Das können alle auswendig. Übrigens auch das lateinische Tantum Ergo. Sprachlich fällt nur auf, dass die Älteren noch vom »Heiligen Geischt« sprechen, mit sch und nicht mit st. Übrigens versteht man, selbst als schwerhöriger Alter, jedes Wort: Die Lautsprecheranlage ist richtig gut eingestellt. Bei uns in Bonn kriegen die das nicht hin.
   Nach dem Schlusssegen bekommt der vor dem Tabernakel knieende Pfarrer das Velum (musste ich auch nachgoogeln) umgelegt und erhebt die Monstranz. Die Kirche ist noch voll, nur wenige sind schon gegangen. Ite, missa est, das muss noch warten. Dann geht der Pfarrer mit erhobener Monstrans und dem ganzen Gefolge – hauptsächlich vielen Ministranten beiderlei Geschlects – hinter dem vorneweg getragenen Kreuz durch den Mittelgang zum Ausgang. Eine besondere Ehrerbietung für Kreuz oder Monstranz, etwa Spalierstehen, ist dabei nicht vorgesehen. Instinktiv würde ich mich herumdrehen und bekreuzigen, aber ich bin halt doch nicht so ganz von hier … 
   Der schmale Baldachin ist stets hinten aufgespannt in der Altmännerrseite nahe am Gang. Die vier Träger, in Tracht, stehen unbemerkt unter uns, bereit mit ihren Tragegurten, und schnappen sich den Baldachin, damit Monstranz und Pfarrer bei der Prozession draußen nicht dem Wetter ausgesetzt sind. Die Prozession: Vorab die Männer, viele in Tracht, dann der Pfarrer, dahinter Kinder und Frauen, soweit ich das weiß. Ich bin in meinem Alter etwas gehbehindert, der schöne Name Polyneuropathie macht’s nicht besser. Als einziger bleibe ich da halt in der leeren Kirche, die jetzt am Altar schon für die Familienmesse um halb zehn vorbereitet wird. 
   Ich denke nach und höre mir die Gebete und Evanglien der Wetterprozession als Gemurmel um die Kirche an, rechtsherum. Aus der offenen linken Seitentüre sehe ich in der Sonne das Defilee wie einen fernen Film, und innerlich doch so nah. Nach zehn Minuten kommen alle – also fast alle – wieder zurück auf ihre alten Plätze. So stelle ich mir die Auferstehung am Ende aller Zeiten vor, wenn überhaupt. Nach dem wirklichen, nach- bezw. übergeordneten Schlussegen mit Monstranz nimmt der Küster dem Priester das Velum wieder von den Schultern. Und ab geht’ seitwärts in die Sakristei, wie im Theater »in die Kulissen«.. Ende der Veranstaltung. Auch ich gehe endlich. Am Grab meiner seligen Großeltern die Kerze hatte ich vor der Messe schon angezündet. Jetzt treffe ich am Vorplatz und beim Rückweg über den Kirchplatz vielleicht Bekannte. Einmal hat mich der Landtagsabgeornete und früherer Bürgermeister zum Kaffee eingeladen. Er stammt vom Nachbarhof. Ich nicht von hier. Das aber ist eine andere Geschichte
 
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