Mein Problem ist, dass ich zwar auch »in Tchechien« – für mich genauer in Mähren – geboren bin, aber schon als Zweijähriger nach Tirol und als Fünfjähriger nach Südtirol gekommen bin. Dann war ich neun Jahre in einem oberbayrischen Internat. Ich spreche also bayrisch, kann sarnerisch, und bin als Vielschreiber saukritisch bezüglich Sprache. Bücher lese ich nur mit Bleistift hinter dem Ohr. Ich finde überall Fehler. Neige zum Kritteln.
Der »rote Hahn« ist eine südtiroler Dachorganisation für »Urlaub am Bauernhof«: »Unter 1.600 Bauernhöfe [sic!] findet jeder seinen Traumhof, garantiert!« Kubsova, die die Namen der Beteiligten ändert, schreibt kritisch von einem »goldenen Huhn«.
Seite 66. »Neulich hatte der alte Paul Tumpfer ihn mit dem Ellenbogen in die Seite gestoßen. ›Du, meine Frau meint, dass das Hemden sind, die man nicht mehr plätten muss … ‹«. Da war ich, wie man hier heroben im sprachbildenden Raum Köln sagt, »geplättet«, »platt«. Fernsehdeutsch hat sich längst über Südtirol gebreitet, ja über den ganzen alemannischen Raum. Mir aber stößt es auf. In Kubsowas Roman besonders, alle paar Seiten wieder. Die Sprache im Süden ist langsam, rauh, zuweilen altmodisch mit schweren Schritten gehend. Was nördlich des Weißwurstäquators klasse klingt, ist im Süden eine »preußische« Sprachsünde, für mich halt.
Linguistisch erklären kann ich das nicht. Auf Wikipedia das inzwischen übliche Geschwurbel: »Insgesamt beharrt der niederdeutsche Norden sowohl im Bereich der
Konsonanten als auch im Bereich der Vokale auf altem Sprachzustand. Der
alemannische Südwesten vollzieht nur die lautlichen Veränderungen im
Bereich der Vokale nicht; der bairische Südosten trägt zur deutschen
Sprache die Diphthongierung bei, vollzieht aber die Monophthongierung
nicht.« Lauter Bereiche.
Ich will sagen: Bei uns plättet man nicht, man bügelt.
Frau Kutzowa hätte sich vielleicht einen Lektor aus der Gegend nehmen sollen. Sie bringt viele Dialektausdrücke schön richtig, sogar die Schreibweise von Namen, und dann wieder zucke ich zusammen (wie ein andermal, als ich den Film »Wer die Nachtigall stört« aus dem Jahr 1962 wieder ansah, siehe meinem Blog von 2018).
Ob »Bergland« – ich merke, dass mich selbst dieser Ausdruck stört, weiß aber nicht warum*) – nun gut und schön oder Kitsch und Krampf ist, historisch aufklärend (es kommt eine Menge italienische Zeit vor) oder romantisierend, das mögen Berufenere meinen.
»Das Dunkle zog die Sonne an und weckte die schlafende Erde auf. Es war Zeit, den Acker zu bereiten« (Kapitelede Seite 46). Klingt doch schön. Ich aber mäkle wieder, als alter Depp: Was haben die denn dann am Acker »bereitet«?
Ca. 1950. Pfügen am Oberen Lehen, aus Ackerbau . Rechts die »große Kastanie«. Bild meiner sel. Großmutter |
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*) Doch. Bergland klingt mir künstlich wie »Naturland«, »Heumilch« (€ 1,90 der Liter + 6.95 Versand) oder »Weidemilch« und »Wiesenmilch« vom »Bioland-Bauern«. Auch Begriffe verbrauchen sich.
Link hierher: https://bit.ly/fj3qzDDoN
= https://blogabissl.blogspot.com/2022/01/eine-32-prozentige-buchbesprechung.html
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