23. September 2018

Demokratie, welche Demokratie?

   Die Bundesrepublik Deutschland – eine Demokratie?
Möchte ich doch sehr meinen! Sogar eine »parlamentarische Demokratie«.
   Doch hoppla. Die allwissende Wikipedia schreibt: »Die … Bundesrepublik Deutschland ist ein Bundesstaat in Mitteleuropa. Er besteht aus 16 Ländern und ist als freiheitlich-demokratischer und sozialer Rechtsstaat verfasst. …« Soweit, so gut. Allerdings bekommt man da gleich das Gefühl, dass es sich um einen Bundesstaat im Bunde der Europäischen Union handelt, und das ist auch so. »Verfasst« mag Deutschland ja sein als »freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat«, das ist alles aber schon lange her, und klingt mir wie eine Vorab-Entschuldigung, dass sich die Dinge inzwischen geändert haben. 
   Vor allem kam die DDR dazu.
   Ich erinnere mich noch gut an die Deutsche Demokratische Republik, noch aus Zeiten, wo man sie im Westen nur mit Gänsefüßchen schrieb, „DDR“. Die fielen 1989, die „Welt“ erinnert sich. Mehr und mehr wurde die DDR zu einem normalen Staat, trotz Mauer, und dann war sie weg. (Genau andersherum ging es dem Dritten Reich, das man mal so, mal so schrieb, ab 1989 denn aber ernsthaft und politisch korrekt nur mit Anführungszeichen: „Drittes Reich“.) Soviel zu Geschichte in Anführungszeichen.
Modell eines DDR-Polizeibootes, »Kontrollboot« KB 5
Bau und Foto Christian Schulz, großartig!
   Mitgedacht wird die DDR inzwischen selten. Beispiel: »Wir haben in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg Frieden.« Noch dazu »dank der EU«. Stimmt das? Der 17. Juni 1953 ist längst vergessen. Die Schüsse an der Grenze. Meine Freundin hatte ein Paddelboot am Stölpchensee, da sind wir oft – ganz vorsichtig – im Westberliner Grenzgewässer gepaddelt; drüben patroullierten die Volkspolizei-Boote. Nicht einmal Winken hat man sich getraut. – War das Friede?
   Inzwischen frage ich mich ernsthaft, ob wir ein demokratisches Land sind? 
   Gewiss: Es wird regelmäßig gewählt. Zwar nicht so intensiv beteiligt wie in der DDR damals, aber immerhin. Als »repräsentative Demokratie« muss das dann im Gesamtstaat vier Jahre reichen. Dazwischen repräsentieren uns unsere Politiker. Das hat zur Folge, dass wir Bürger zu nichts Konkretem befragt werden, nicht zum Aufgehen in der EU, nicht zur Nato-Osterweiterung, nicht zu Kampfeinsätzen – pardon »Verteidigung« – in Afghanistan, nicht zur Zeitumstellung, jedenfalls nicht wirklich befragt werden, nicht zu Ausländern, zur Niederlassungsfreiheit in der EU, zu neuen deutschen Polizeien und angeblich so luftreinigenden Fahrverboten, zu Atomausstieg und Kohleförderung. Wir sind hier nicht in der Schweiz. Die indirekte Demokratie erspart uns Bürgerinnen und Bürgern Entscheidungen.
   Doch leider werden dergleichen wichtige Weichenstellungen nicht einmal im Parlament, dem »Bundestag«, ausführlich debattiert. Fraktionszwang macht die eigentlich von uns »Abgeordneten« zu parteilichen Zombies. Politik findet möglichst schnell in Koalitionsgesprächen statt, hinter verschlossenen Türen, nicht im Parlament. 
   Vielleicht sollten wir gelegentlich wieder unsere demokratischen Grundlagen hervorholen, uns fragen, warum »Populismus« zum Schimpfwort geworden ist, »rechts« erst recht, »liberal« auch, obwohl »freiheitlich« noch steht, aber selten gebraucht wird. Nach dem Fall des Kommunismus fiel nicht einmal »links« in Ungnade; ist ja auch intellektuell: linksintellektuell.
   Wir sind zu einem Volk von Meinungen geworden, mit denen wir uns anschreien, die wir auf Baumhäusern und Massenveranstaltungen pressewirksam demonstrieren. Eine »korrekte« Meinung herrscht vor, wird von »oben« dekretiert, da wird nichts hinterfragt, etwa das oft unvernünftige und ungerechte »Bleiberecht« und die Art der Integration. Das machen alles die Behörden, und wenn die Murks machen, Pech. Dann müssen eben mehr Behörden her. Genug, so kommen wir nicht weiter!

Siehe auch »Verfassung, welche Verfassung

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