13. Juni 2016

Ich bin ein Schengener

• Ich bin ein Bonner – eine einigermaßen klare Aussage.
• Ich bin ein NRWler – klingt blöd, sagt auch keiner. (Ein ad hoc gegoogelter »liberaler NRWler« scheint es aufgegeben zu haben.). Höchstens »NR-Wähler« wäre richtig.
• Andere verorten mich am liebsten im »SWR-3-Land«, samt Community, oder im »Sektor« (samt Wetter, Einslive), weil das sprachlich auf viele passt: Ess-Weh-Err-Drei-Ländler, Einslive-Sektierer. Na, wenn das nicht Heimat ist!
• Ich bin ein Deutscher. Also eindeutig ist das nicht, denn deutsch wird nicht in allen Fällen nur auf den Staat bezogen, es gibt zum Beispiel deutsche Südtiroler; die sind auch Deutsche, ethnisch, aber keine Öster­reicher sondern höchstens Tiroler. Muss man wissen, besonders im internationalen Skisport. 
   Dazu kommt, dass Deutschland zwar Grenzen hat, die aber nicht richtig funktionieren, schon gar nicht bei Passau. Siehe »öffentliche Hoheiten«.
• Ich bin ein Schengener!  Das trifft’s am ehesten.

Blau der »Schengenraum«, gold kommt dazu, grün kooperiert und weiß noch nicht
Nach Crazyphunk aus Wikipedia
Der »Schengenraum«, eigentlich mehr eine Fläche, jedenfalls eine Verlegenheitsbezeichnung, hat nicht einmal eine Flagge, keine Fahne, keinen Fußballverein, ist hymnenlos. (Der Götterfunke gilt nur für ganz »Europa«, was aber nicht ganz Europa ist, sondern nur die EU.)
   Und wer darf visumfei herein, in diesen Raum? Dazu gibt es eine lange Liste vom Auswärtigen Amt, hier. Wer wann so ein Visum bekommt, wenn er oder sie ein’s braucht, das entscheidet beileibe nicht das Auswärtige Amt (steht hier), sondern die jeweilige deutsche Vetretung, oder eine andere: »Vor Einführung der Terminvergabesysteme mussten dort viele Antragsteller bis zur Einreichung ihres Visumsantrags teilweise mehrere Tage vor der Visastelle in einer Schlange warten. Ist zur Einreise nach Deutschland ein Visum erforderlich, sollte der Antrag deshalb möglichst lange vor dem geplanten Reisetermin gestellt werden. Bitte beachten Sie, dass das Auswärtige Amt auch auf diese Terminvergaben keinen Einfluss nehmen kann.« 
   Es gibt auch Staaten mit Schengenvisumserleichterungsen, hier. Die Türkei gehört nicht dazu, die Moldau schon. Hier bunt mehr:

Grün: visafrei, rot Visumspflicht, mehr in der Wikipedia
Ein Schengen-Visum sieht dann so aus:
Schengen-Visum aus Dubai. Es ist im Pass eingeklebt. Dank an Myla Laurel.
 
Myla beschreibt den Prozess genau, und den sollte man sich einmal ansehen (280 VAE-Dirham sind knapp 70 Euro).  Dann weiß man, warum die Türken auf Visafreiheit drängen. (Duden: Visum, Sichtvermerk, Mehrzahl Visa oder Visen.)

Wer aber entscheidet, welche Staaten visumfrei sind? Jedenfalls nicht Deutschland, sondern »Brüssel«, und wie, das weiß ich nicht. Ich hab’ mich lange nicht beschäftigt damit. Weil ich noch die alte Auffassung von Staatsgrenzen und Hoheitsgebieten hatte. Hinterrücks aber hat sich das geändert.

Link hierher:
http://blogabissl.blogspot.com/2016/06/ich-bin-ein-schengener.html

Siehe auch:
http://blogabissl.blogspot.de/2016/10/was-ist-deutsch.html
und 
NZZ 26.1.2019: »Die deutsche Heimat ist eine Herzregion«

PS. Schengen ist eine Fünftausend-Einwohner-Gemeinde am Dreiländereck. Da möchte ich nicht stören. Statt mich »Schengener« zu nennen, wäre »Schengerling« oder »Schengengebietler« wohl richtiger. Politisch korrekte Vorschläge werden noch angenommen, vor allem gendergerechte (»gleichstellungsorientierte«).

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