11. Mai 2014

Berber – müssen sie politisch korrigiert werden?

Dreisprachiges Hinweisschild in Tizi Ouzou
bezw. Wikipedia. Foto Vermondo
Berber, Volksstamm im Atlas-Gebirge, hatte ich im Hinterkopf. Nun klärte mich ein großer NZZ-Artikel, hier, gleich zu Anfang auf, dass sie die Bezeichnung Berber nicht mögen, weil die an Barbaren erinnert. »Imazighen« wollen sie heißen, in der Einzahl »Amazigh«. Wie man’s spricht, darüber lässt sich die Autorin Astrid Frefel nicht aus, ob wie Ziege oder einfach wie amazing. Der gebildete Schweizer weiß das (:–). Im ganzen Artikel wird denn auch brav immer nur über diese »-zigh« geschrieben – außer in der Überschrift, die wäre sonst wohl zu lang: »Die Imazighen kämpfen gegen die arabische Dominanz«.
   Am Foto in der NZZ steht übrigens ⵉⵎⴰⵣⵉⵖⴻⵏ gleich Imaziɣen (so kann man’s auch schreiben) gleich barbarisch, pardon berberisch. Die Barbaren, ob die schon geschrieben haben?
   Was sagt die populärwissende Wikipedia dazu? »Ob der Name Berber aus dem Arabischen stammt (vom Plural Barābira) oder sich vom griechischen Wort bárbaros ableitet, ist umstritten. Heute bezeichnen sich einige Berber, insbesondere in Marokko, als imazighen ›Freie‹, um sich in einer eigenen, in ihrer Muttersprache gefassten Volksgruppenbezeichnung wiederzufinden«. Noch ausführlicher erklären es die Engländer oder Amerikaner. Besonders in den USA geht es ja poltisch noch korrekter zu als hierzulande.
   Hier bei uns stellt sich wieder einmal die Frage, ob wir etwas – hier immerhin Leute! – so bezeichnen, dass wir alle gleich wissen, worüber wir reden, oder den (oft auch wechselhaften) Wünschen der Beteiligten nachgeben und uns politisch korrigieren, von Bombay zu Mumbai, von der Tschechei zu Tschechien (sprich Tschechiën, nicht Tschechíhn), von Eskimos zu Inuit und Yupik,von Zigeunern zu Sinti und Roma. Als Süddeutscher weiß ich, dass ein Begriff wie Preuße bezw. Preiß erst durch die Ausspache, durch den Zusammenhang – etwa die Vorsilbe Sau- – abfällig wird oder neutral bleibt. Berber habe ich beispielsweise noch nie als Barbaren empfunden, Zigeuner nicht als abgewertet und Eskimos nicht als schlimm. Die Namensgeschichten sind ohnehin meist komplexer. Wikipedia: »Die von Inuit gegründete Nichtregierungsorganisation Inuit Circumpolar Council möchte den Begriff ›Eskimo‹ allgemein durch ›Inuit‹ ersetzen. Dieses Wort kommt jedoch nicht in allen Eskimosprachen vor und bezeichnet auch nur die kanadischen und grönländischen Volksgruppen, weshalb die Yupik und Inupiat ihre Eigenbezeichnung verwenden oder sich dem ›Volk der Eskimos‹ zugehörig fühlen.«
   Dazu kommt noch die berberische Pluralbildung, womit wir unsere Bildung zeigen können, die aber nicht ins Deutsche gehört. Eingedeutschte Begriffe werden nach den Regeln deutscher Rechtschreibung behandelt, so etwa Babys nicht zu Babies, Handys nicht zu Handies usw. Wenige sehen das. Müssen Suchmaschinen künftig bei »Amazigh« auch nach »Imazighen« suchen? Wie soll das gehen? Ich bleibe einfach bei der Berber, die Berber.
   Kurz: Ich plädiere wieder einmal für’s »Schreiben für den Leser« statt für’s »Schreiben für den ⵉⵎⴰⵣⵉⵖⴻⵏ«. Die NZZ ist halt ein Bildungsblatt, politisch korrekt (selbst die Elfenbeinküste kommt dort immer nur als Côte d’Ivoire vor).
   Servus beinand! – Erinnert den Lateinschüler aber an Diener, also nicht.

Link hierher: http://blogabissl.blogspot.com/2014/05/berber-mussen-sie-politisch-korrigiert.html

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