Großes Eszett (ẞ) auf dem Titelblatt des Duden, Leipzig 1957 |
»Rechtschreibrat macht Weg für großes Eszett in amtlicher Rechtschreibung frei«. Dazu ein Bild des »DDR«-Dudens von 1957. Das ẞ wurde allerdings später wieder aufgegeben, siehe Auflagen 1980—2013.
Nun empfiehlt der Rechtschreibrat zum Eszett (»scharfen s«):
»Zur Schreibung in Großbuchstaben soll es zukünftig heißen: ›Bei Schreibung mit Großbuchstaben schreibt man SS. Daneben ist auch die Verwendung des Großbuchstabens ẞ möglich. Beispiel: Straße – STRASSE – STRAẞE.«
Na bitte. Das ẞ ist (und bleibt) optional. Ein Kann, eine Nebenform. Gezwungen dazu wird keiner. Wozu auch? Es kommt nie am Wortanfang vor.
»Man« braucht es nur bei VERSALSCHREIBUNG, und die ist schlecht lesbar und sieht brutal aus. Seit es kursiv und fett in jeder Scheibsoftware gibt, sind sogar früher gern gesehene G e s p e r r t s c h r e i b u n g e n total out.
Dazu kommt, dass schon das normale kleine ß oft recht hässlich ist. Das »dicke« ẞ ist noch unförmiger. Erinnern Sie sich noch an Nadeldrucker, die für ß ein griechisches β verwendet haben, meist noch kursiv, sah …eiβe aus.
Schweizer Schreibmaschine ohne großes Ü, Ö, Ä und ß, dafür mit ê, ç und à. Zum Vergrößern klickbar. |
In der Schweiz schreibt sich ein Maßband Massband; wie soll einer da wissen, dass bei Masse das a lang, beim Massband aber kurz gesprochen wird.
Empfehlung also: kleinschreiben, dann gibt’s das dicke ẞ nicht.
Die Behörden »brauchen« allerdings das ẞ, weil sie sich auf Pässen und Personalausweisen einbilden, GROẞ schreiben zu müssen (hier links):
Bei Führerscheinen (rechts) haben sie allerdings ein Einsehen und schreiben normal groß und klein. Dabei wäre es viel gescheiter, wenn sie schon beim Namen sind, die deutsche Umschreibung ins Internationale anzugeben, vielleicht in Klammern. Weil zum Beispiel alle Welt – außer Deutschland – aus einem Jörn einen Jorn macht und gewiss keinen Joern, so wie ein Benoît auch bei uns glatt zum Benoit wird. Also etwa FRITZ JÖRN (JOERN). Das wäre sinnvoll.
Nuova Raccolta d’autori che trattano dell morto dell’ acqua, Band 1, 1766. Wieso «ſi sfuggirá«? |
lange s: ſ
1943: letzter Frakturduden |
Ich erſpare Ihnen die ſ-Argumentation in Frakturſchrift, ſchon weil’s ſonſt keiner mehr leſen kann. Das ſ kommt maſſenhaft vor, öfter als das runde s. Und hat natürlich auch keine Großbuchstabenvariante.
Damit könnten sich die Paſsſtellen ſuper ſpielen, für die ein Wechsel vom ß zum ss schon ein teurer Namenswechsel ist – ich weiß, ich kenne einen Herrn Roß. Ohne viel Geld kommt der nie zum Ross.
Schreibt ſich Frau Angſt nun Anſt oder Angst? Ein Rothschild Rotſchild? Damit könnte man ausländische Beamten doch beſonders leicht verwirren. Und noch einen Großbuchſtaben fordern! (Beachten Sie auch die amerikanische Aussprache ˈrȯth(s)-ˌchī(-ə)ld)
ẞ ist Unicode “LATIN CAPITAL LETTER SHARP S”, »Lateinischer Großbuchstabe scharfes S«
• hexadezimal U+1E9E
• dezimal in HTML ẞ
• in Windows Alt+Zifferntastatur7838
• in Word 1e9e oder 1E9E eintippen, markieren, Alt+c, auf neuen Tastaturen AltGr+h
– mehr in der Wikipedia, die in der Überschrift »Das große ß« dieses nach wie vor klein schreibt, nicht »Das große ẞ« …
Links:
• Typolexikon
• Rechtschreibrat
• Duden
• Wikipedia
• Auszeichnungen wie fett, kursiv usw. im Text
• Auf der Suche nach dem langen ſ
• Windows–Tastaturtreiber
mit normgerechten ẞ auf AltGr+h, ſ und anderen
• »Zwischendurch Fraktur«
Permalink hierher: http://bit.ly/2G30W07 =
http://blogabissl.blogspot.com/2017/04/der-schmarrn-mit-dem-groen.html
Nachgedanke. Stellen Sie sich dieses Plakat unten doch einmal statt mit SS mit ẞ vor. Wenn das ẞ wenigstens etwas mutiger gestaltet worden wäre, etwa als umgekehrtes großes U …
Etwa so:
Und natürlich in der richtigen, elegant schmalen Schriftbreite …
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