21. April 2011

Geld – woher es kommt, wohin es geht

Hier sieht man eine griechische Euro-Münze. Doch um Münzgeld geht es mir nicht, nicht einmal um Papiergeld. Es geht um Geld, das in Form von Guthaben und Schulden, als »Papiere« aller Art um den Globus kreist. Geld, das man meint zu haben, weil es auf einem Bankauszug erscheint, oder das man als Schulden langsam abzutragen versucht.

Ich will das als Techniker mechanisch erklären, so wie ich mir’s vorstelle, möglichst ohne Polemik.

Geld läuft um. Mal hat’s der eine, mal der andere. Das wenigste Geld steckt in Kopfkissen, Banksafes oder Tresoren. Die Vorstellung von Dagobert Duck, schwimmend in seinem Geld, ist Unsinn. Sein Geld würde sich so nie vermehren. Dazu mehr hier.

Was ist Geld? Ein Versprechen auf Leistung, auf Ware, auf Gegenwert. Vor allem muss das Versprechen geglaubt werden, dann funktioniert auch Geld. Die Menge des Geldes steigt, weil immer mehr Menschen mehr arbeiten, mehr aufsammeln, mehr haben. Das ist ganz in Ordnung. Steigt die Menge des Geldes stärker als das, was man sich dafür kauft oder verspricht, so wird es automatisch weniger wert. Das ist dann die »Teuerung«, oder banaler gesagt: »Inflation«.

Inflation oder Deflation muss nicht allein von schlechter Steuerung der Geldmenge kommen. Meist wird etwas aus ganz anderen Gründen teurer, etwa die Energie, die wir alle konsumieren, weil auf einmal ein gehöriger Anteil der Kraftwerke abgeschaltet wird, oder eine Revolution in Libyen macht Öl teuer, oder aus Russland kommt kein Gas (nebenbei: Wäre es nicht praktischer, gleich den Strom aus Russland zu importieren?). Die Sachen können auch billiger werden, Technik zum Beispiel. Darauf will ich aber nicht hinaus.

Ich will die Geldschwemme erklären, die die Welt, jedenfalls die ökonomische, bald wird untergehen lassen. Wir alle haben gern viel Geld. Am liebsten haben Staaten Geld, weil sich die zuständigen Politiker davon ihre Wiederwahl versprechen. Es genügt, wenn sich der Staat das Geld leiht. Angeblich ist er ein sicherer Schuldner, der seine Schulden ganz gewiss zurückzahlen wird. Allerdings macht er dazu neue, noch höhere Schulden, aber da sind die betreffenden Politiker schon wieder gewählt, und dann mag die Schuldensintflut ruhig kommen. Unter »Neuverschuldung« versteht man nicht, wieviel der Staat diesmal schuldet, sondern wieviel er diesmal mehr schuldet als letztlich (genaugenommen »Nettoneuverschuldung«).

Der Staat leiht sich das Geld ähnlich wie ein Häuslebauer von der Bank. Nur, dass er dafür nichts verpfänden muss, keine Hypotheken aufnehmen, keiner weiteren Sicherungen bedarf. Am liebsten hat er eigene Banken, bis hinunter zu »Landesbanken«.

Ja, und wo hat die Bank das Geld her?

Zu meinen, von der Bank verliehenes Geld stamme von Sparern, ist ein Irrglaube. Soviel könnten wir beim besten Willen nicht sparen, wie die Bank ausleiht. Dass die Bank den Kredit aus ihrem »Eigenkapital« nimmt, das stimmt auch nicht, obwohl pro forma das Eigenkapital eine gewisse Begrenzung der Bankkredite darstellt: Nicht etwa im Verhältnis eins zu eins, sondern im Verhältnis eins zu fündundzwanzig! Genau gesagt: »Bisher müssen Institute der Kreditwirtschaft eine Kernkapitalquote von 4 Prozent der bankaufsichtlich relevanten Risiken vorhalten. … Nach den neuen Basel-III-Regeln müssen Banken künftig deutlich mehr Eigenkapital vorhalten: Die Kernkapitalquote muss bis 2015 schrittweise auf 6 Prozent erhöht werden.« – Quelle.

Ich bin der Frage intensiv nachgegangen: »Wieviel Geld dürfen Banken schöpfen, wieviel Kredite dürfen sie geben?« Ich habe sogar bei der Bundesbank nachgefragt. Antwort, wörtlich: »Eine Bank kann so lange ihre Kreditvergabe ausweiten (Geld schöpfen), wie es ihre Bilanzstruktur erlaubt. Allein die Bilanzstruktur der Banken begrenzt die Kreditvergabe, da die Bank den Grundsatz der Solvenz und Liquidität einzuhalten hat. Solange diese Prinzipien eingehalten werden, und die Bank somit über ausreichend Sicherheiten verfügt, um sich beim Eurosystem refinanzieren und die Mindestreserveverpflichtung erfüllen zu können, kann sie Kredite vergeben. Daher stellt nicht die Mindestreserve an sich die effektive Beschränkung der Geldschöpfung dar, sondern die Bilanzstruktur der Banken.« Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (»Bafin«) schrieb es mir noch deutlicher: »Ein Kreditinstitut könnte theoretisch unbegrenzt Kredite vergeben, solange es bei der Kreditvergaben die geltenden Eigenkapital- und Liquiditätsregeln berücksichtigt, das heißt genügend Eigenkapital und Liquidität vorhält.«

Diese Regeln sind technisch festgelegt, und dennoch stellen sie immer noch keine wirkliche Begrenzung dar. Ich vereinfache: Liquidität einer Bank heißt, dass sie genug Bares für die Geldautomaten hat. Der Bedarf an Bargeld steigt mit »papierenen« Krediten nicht weiter stark an, also ist »Liquidität« keine Begrenzung für Kredite. »Gute« Kredite bringen der Bank gute Sicherheiten, die sie wiederum verpfänden kann. Sie kann Kredite weiterverkaufen. Damit dreht sich die Spirale weiter. Die »Blase« füllt sich noch mehr. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass es keinen Mechanismus gibt, der die von Banken geschöpfte Geldmenge wirklich eindeutig und klar begrenzt. (Die »Geldmengen« sind nicht einmal einheitlich definierte Größen, siehe Wikipedia.) Schon gar nicht hat die Bundesbank eine echte Handhabe, die Geldmenge zu regulieren; kleine Ausschläge lassen sich zum Beispiel über den Zinssatz steuern (siehe Geldpolitik). Damit hat es aber bald ein Ende (siehe z. B. quantitative easing). Ein »Herumreißen« der Geldmengensteuerung und damit einer möglichen Inflation ist nicht möglich. Ich meine sogar: Der Staat dürfte keine Schulden machen, er müsste bei Bedarf vorher abkassieren.

Genug.

Was passiert, wenn die »Blase« platzt? Dann müssten eigentlich die Banken, die sich zu weit vorgetraut haben, die zu viele Kredite vergeben haben, die müssten »Pech« haben und ihre Kredite eben abschreiben. Das wäre auch weiter nicht schlimm, steht das von der Bank geschöpfte Geld doch nur in deren Büchern. Niemand hätte wirklich einen Verlust …

Inzwischen aber hat sich die Bankwirtschaft so stark verflochten, so viele staatliche und halbstaatliche Stellen brauchen (und missbrauchen?) die Banken, dass Banken angeblich »systemrelevant« geworden sind. Welche Banken das sind, das bestimmen Bundesbank und Bafin. Eine Liste systemrelevanter Banken – ich habe nachgefragt – gibt es allerdings nicht.

Statt nun Banken oder gar ganze Länder pleite gehen zu lassen, und den Schaden so zu begrenzen, werden solche Banken »gestützt«. Danach beginnt dann das Lamento, der Steuerzahler hätte die Miesen bezahlen müssen, die Gewinne hätten andere abgeschöpft. Falsch: Die Gewinne von Staatspapieren haben wir alle eingestrichen, sofern wir unser Geld so angelegt haben; und dass wir die Banken scheinbar gerettet haben, das taten wir meines Erachtens ohne Notwendigkeit. Nehmen wir Griechenland: Die Griechen konnten ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen. Also hat man ihnen noch mehr Geld geliehen, zu besseren Konditionen. Würden Sie einem Freund, der seine Schulden nicht zurückzahlen kann, noch mehr Schulden aufbürden? Entweder würden Sie ihn wegschicken, oder ihm seine Schulden erlassen, gleich schenken.

Ich habe sogar eine Idee, wie unsere Staaten die horrende Staatsverschuldung lösen werden. Darüber aber ein andermal. Heute empfehle ich wärmstens den Artikel von Markus Kerber »Die Stunde des deutschen Parlaments. Agiert der [deutsche] Bundestag als Ja-Sager, wird die EU weiter in Umverteilung und Verantwortungslosigkeit abgleiten.«, NZZ nat. 20. 4. 11, int. 21. 4. 11.

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