25. Juli 2017

HEUMILCH

Eine Sprachpolemik von Fritz Jörn

Das also soll »HEU MILCH« sein. Die ist ideal zum Ärgern. Innendrin die Milch der frommen Denkart, die ist kein gärend’ Drachengift, die ist schon gut. Sie schmeckt.
   Name und Aufmachung dagegen lassen beliebig viel Ärger zu. Wer also richtig übelgelaunt ist, mit dem falschen Fuß aufgestanden vielleicht, oder Ärger in der Arbeit hatte, dem empfehle ich weiterzulesen und sich aufzuregen.
  »HEU MILCH« hat schon gleich einen Schreibfehler. Zwei Wörter, ein Fehler. Nein, nicht dass Sie denken, es müsste »Hoi Milch« heißen wie »Hoi Michl« oder »Hoi: Milch!«. Nein, es fehlt da der Bindestrich; der häufigste Rechtschreibfehler im Deutschen. Also bitte: »Heu-Milch« wie »H-Milch«, die aber keine Heumilch ist (so wär’s noch korrekter geschrieben, weil man erst dreigliedrige Zusammensetzungen mit Bindestrich trennen darf).
   Vor allem ist der ganze Ausdruck Marketing-Protzerei. Ich bin noch in der Sankt-Johann-Gasse in Bozen Milch im Kandl holen gegangen als Kind, einfach Milch, nur Milch, nicht laktosefreie, fettarme, teilentrahmte, sonstwie besondere, schon gar nicht aus Heu.
   Wie kommt die Mila dazu, stinknormale Milch nicht einfach nur Milch zu nennen? Da wird eine künstliche Besonderheit aufgebaut, zur Verwirrung aller Fremden, die Milch suchen und nur »Heumilch« finden.
Die schönen Heuschnupfenauslöser laut Wikipedia
   Außerdem assoziiert der Nor­mal­bür­ger Heu mit Heu­schnup­fen. Heumilch wird ihn gleich ans Niesen erinnern, an die laufende Nase, tränende Augen, undsoweiter. 
   Doch gemach: Selbst Heumilch wird nicht aus Heu gemacht, schon gar nicht exklusiv, da­zwi­schen sind noch »Kühe, die nach alter Tradition mit frischen Gräsern, Wiesenkräutern und Heu gefüttert werden«. Aha. Die Mila-Milch hätte genausogut »Wiesenkräutermilch« heißen können. Fremde hätten sie dann wohl mit Kondensmilch verwechselt, mit Buttermilch oder sonst was Weißem, Flüssigem. « Questa è una storia vera! ».
»Heumilch« gibt’s auch
aus Meran. Der Ausdruck
»zündet« – bei Heu ganz
gefährlich!
   Wie alles in Südtirol ist die Heumilch ohne Gentechnik, was wohl auch schwer möglich ist, selbst Quellwasser ist hier ohne Gentechnik, schon weil es sich nicht vermehrt wie eine gentechnisch veränderte Züchtung. Genausogut hätte die Mila behaupten können, ihre Milch sei flüssig. 
   Dass »Daniela« und ihre »Milly« meinen, die Milch käme zu hundert Prozent aus Südtirol, das allerdings wollen wir ihnen glauben – selbst wenn die Namen vermutlich von der Redaktion geändert wurden. Keine Köksel heißt hier Milly, noch dazu mit y.
   Doch weiter zum Milchkarton. Der ist angeblich »aus verantwortungsvollen Quellen«. Ja rinnt der so eckig aus einer Quelle hoch oben beim Bergbauern? Seit wann kommt Pappendeckel aus Quellen? Man muss sich das nur einmal bildlich vorstellen, und erkennt gleich den Schmarren. Mehr noch: Nichteinmal so ein Schmarren kann »ver­ant­wort­ungs­voll« sein, das kann eine Person, aber nicht eine Quelle, selbst, wenn sie Karton spuckt. Im Gegenteil: Es läge in der Verantwortung überzüchteter Mar­ke­ting­ab­teil­un­gen, uns am Frühstückstisch mit solchem Blödsinn zu verschonen. »Das garantieren WIR!«  

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PS. Geht doch auch so. Bis auf den notorischen Bindestrich ok, die Bergbauernmilch. Und haltbar dazu!

Zum Thema »Mähen« gibt’s einen eigenen Blogeintrag!




In Deutschland kommt die Milch sprachlich inzwischen direkt von der Weide: »Weidemilch«. 
Dazu wird gesagt: »Weidemilch [stammt] von Kühen, die min­des­tens 120 Tage im Jahr für min­des­tens 6 Stunden am Tag auf der Weide stehen.
    Die Kühe stehen in der Weidesaison von Frühjahr bis Herbst auf der Weide, immer dann, wenn es das Wetter zulässt, mindestens aber 120 Tage im Jahr für mindestens 6 Stunden am Tag. Den Winter verbringen die Kühe im trockenen und wettergeschützten Stall.«

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