Das Elend des römischen Zentralismus’
Die größte Religionsgemeinschaft der Welt wird von einem kleinen Kreis alter Männer regiert, die sich jeder menschlichen Verantwortung im Namen Gottes entziehen und unbedingten Gehorsam für ihre Entscheidungen verlangen, ohne Rücksicht auf deren Plausibilität am Ort. Das stellt die Glaubwürdigkeit der kirchlichen Botschaft selbst zunehmend in Frage.
Von Professor Dr. Franz-Xaver Kaufmann
Der Verfasser ist emeritierter Professor für Sozialpolitik und Soziloge der Universität Bielefeld. Von 1972 bis 1995 gehörte er der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland an. – soweit die FAZ.
Dieser Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist (mit ein paar bunten Heckenrosen von Hinnerk Bodendieck, Öl auf Leinwand) eine volle Seite lang. Ich habe versucht, den Artikel online zu finden, was mir nicht gelang (»0 Treffer zu "Das Elend des römischen Zentralismus" auf 0 Seiten«). Die FAZ will ’nen Euro dafür, ohne Registrierung mindestens fünf. Das Geld geht an den Verlag. Der Autor hat nichts davon. Das nur nebenbei. Ich kann meinen PT Lesern den Artikel hier also nicht zur Verfügung stellen.
Inhaltlich ist der Artikel, soweit ich mich noch daran erinnere, voll historischem Wissen, gut analysiert und gescheit. Recht hat er, der Professor. Allerdings interessiert mich die Kirchenführung in ihrer Effizienz, in ihrer mangelnden Demokratie und Anpassungsfähigkeit an Weltliches und jeweils Kontinentales, Lokales und Ländliches nur am Rande. Gegen die Unkontrollierbarkeit des Staates, gegen die Verschwendung unserer Demokratien ist das rein gar nichts. Die Kurie mag man nach Effizienz- und Demokratiekriterien verurteilen, so, wie man einen schlecht geführten Verein kritisiert und den Vorstand abzuwählen versucht, oder austritt und oder sich der Konkurrenz anschließt. Bei Kirchen kann man das wenigstens, aus Staaten nicht. Im Ganzen gesehen hat sich die Kirche als Institution (wieder im Gegensatz zu unseren Staaten) eher lange gehalten. Was freilich nicht sagt, dass sie nie wird scheitern können. Außer man glaubt daran.
»Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen [griech. petra] werde ich meine Kirche [ecclesia] bauen und die Mächte [pulae, wörtlich Tore] der Unterwelt [hades] werden sie nicht überwältigen.« – eigentlich eine göttliche Bestandsgarantie, ein himmlischer Rettungsschirm. Mehr dazu hier in der Wikipedia.
Wie dem auch sei. Ich bin alt. Mir geht es um den Glauben. Ob die Kirche ein effizienter, sparsamer Verein ist, ist mir eher egal. Mich interessiert die Lehre. Eine russische Klavierlehrerin ertüchtigt die Schüler zu schönen persönlichen Leistungen, wie ich jüngst erlebte, ein deutscher Gitarrenlehrer versagt teuer mangels Motivation.
Zurzeit beobachte ich zwei Stellen in der Messe. Erstens das pro multis, das laut Auskunft des Pfarrers vom Bistum (noch) nicht angeordnet wurde, also nicht geändert wird. Der jüngst geäußerte Wunsch des bibelfesten Papstes nach einer wortgenauen Übersetzung in für manche ist doch wohl keine undemokratische Überheblichkeit der Kurie in Rom? Zweitens stört mich bei Brieflesungen aus der Bibel die frech eingefügte Anrede: »Liebe Schwestern und Brüder!« Da könnte man, politisch noch etwas korrekter, doch auch uns Alte nennen: »Liebe Schwestern und Brüder, liebe Seniorinnen und Senioren!«, oder, lasset die Kinderlein zu mir kommen: »Liebe Schwestern und Brüder, liebe Seniorinnen und Senioren, liebe Kinder!«. Aus einer Lektorenhilfe des katholischen Bildungswerks: »Die Anrede ›liebe Brüder‹ ist Bestandteil des Textes und schließt Frauen ein, da der Brief sich an die aus Frauen und Männern bestehende Gemeinde in Korinth richtet. Daher ist die Anrede ›liebe Schwestern und Brüder‹ (wenn Männer den Text vorlesen) oder ›liebe Brüder und Schwestern‹ (wenn Frauen den Text vortragen) zu verwenden«. In Wirklichkeit beginnt der zweite Paulusbrief aus dem Jahr 56 mit den Worten: »Paulus, ein Apostel Jesu Christi durch den Willen Gottes, und Bruder Timotheus der Gemeinde Gottes zu Korinth samt allen Heiligen in ganz Achaja: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!« Da steht nichts von Brüdern. Satz 8 sagt dann aber den lieben Brüdern: »Denn wir wollen euch nicht verhalten, liebe Brüder, unsre Trübsal, die uns in Asien widerfahren ist, da wir über die Maßen beschwert waren und über Macht, also dass wir auch am Leben verzagten und bei uns beschlossen hatten, wir müssten sterben«. Mein Vorschlag: Man lasse die Anrede weg, zumal die Lesung meist mitten »aus« dem Brief ist.
Papst Benedikt 2007 vor dem Kolosseum |
PS. Inzwischen kann ich Hobby-Vatikanbeobachtern doch einen Artikel zum Thema empfehlen, aus der Neuen Zürcher Zeitung vom 9. Juli 2012, die mit ihren Artikeln weniger restriktiv umgeht und bescheidener mit den akademischen Titeln seiner Autoren: »Ein Bandenkrieg der Karinäle von Franz Haas«, hier schlicht und handylesbar und hier zeitungsähnlicher, auch im St. Galler Tagblatt.
Gleichzeitig lese ich »16 Milliarden Dollar Wirtschaftshilfe für Afghanistan. Afghanistan wird auch nach dem Abzug der ausländischen Truppen 2014 weiter Wirtschaftshilfe in Milliardenhöhe erhalten. Die Geberstaaten äusserten sich an einer Konferenz in Tokio jedoch besorgt über die grassierende Korruption am Hindukusch.« Das macht die Intrigen im Vatikan nicht besser, sollte unser Augenmerk aber relativieren.
Ich hab’ mal bei Bistum nachgefragt. Hier die prompten Antworten. Hervorhebungen und Links von mir.
Messbuch, Missale (Wikipedia) |