17. April 2010

Erstkommuniongedanken

Carla bei der ErstkommunionCarla (8) bekam am Weißen Sonntag, dem 13. April 2010, ihre erste »heilige Kommunion«. Ereignis, Feier, Geschenke, das ganze Drum­herum vorher und danach hatte Di­men­sio­nen an­ge­nommen wie die Hoch­zeit zu Kana. Vieles dabei war gewiss ernst, gut und seriös, war förder­lich für Carla, etwa der aus­gie­bi­ge christ­liche Unter­richt, die Liebe zum Detail; manch anderes war einfach nur schön, er­hebend und sehr freund­schaft­lich wie unsere an­schließende Feier; wenig »lag daneben« oder war für mich über­betont, etwa Carlas Be­geisterung für den neuen Ipod. Jeden­falls ein teures Geschenk, den Groß­eltern sei Dank, und frühe Aus­richtung auf Apple und seine Produkte. (Bilder)

Ich hatte mir vorgenommen, das religiöse Thema dieser Erstkommunion, »Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben«, in meiner Festansprache aufzugreifen. Ich habe es dann sein lassen »im Gefecht«, die Stimmung war nicht danach und meine präparierten Gedanken zu nachdenklich für den Moment. Darum jetzt hier.

Johannes Kap. 15, ab Vers 5 nach der Online-Luther-Bibel:

Carla bei der Erstkommunion1Ich bin der rechte Wein­stock, und mein Vater der Wein­gärt­ner. 2Eine jeg­lich Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, wird er weg­neh­men; und eine jeg­li­che, die da Frucht bringt, wird er rei­ni­gen, daß sie mehr Frucht bringe. 3Ihr seid schon rein um des Wor­tes willen, das ich zu euch ge­re­det habe. 4Bleibet in mir und ich in euch. Gleich­wie die Rebe kann kei­ne Frucht brin­gen von ihr sel­ber, sie blei­be denn am Wein­stock, also auch ihr nicht, ihr blei­bet denn in mir. 5Ich bin der Wein­stock, ihr seid die Re­ben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.
6Wer nicht in mir bleibt, der wird weg­ge­worfen wie eine Rebe und ver­dorrt, und man sam­melt sie und wirft sie ins Feuer, und müssen bren­nen. 7So ihr in mir blei­bet und meine Wor­te in euch bleiben, so wer­det ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch wider­fahren. 8Darin wird mein Va­ter geehrt, daß ihr viel Frucht brin­get und werdet mei­ne Jünger.

Hier wird nicht nur die fruchtbringende Gemeinschaft mit Gott als Grundlage alles Seins in fruchtigen Worten gepriesen — eine klassische Win-win-Situation sozusagen —, hier wird prophezeit, und deutlich der Finger erhoben gegen Faulheit. Ich lese ein Arbeitsethos heraus und den »Jüngsten Tag«, an dem dann eben nicht alle gleich und dem lieben Gott alle gleich lieb sind. Hat »zu meiner Zeit« die Kirche noch auf Moral gesehen, also auf Lebensregeln, die es einzuhalten gilt bei Androhung von Strafe, so wird heute (seit ’68 oder seit dem kirchlichen Aggiornamento?) nur das Lichte, Schöne, das ewig Tröstliche Gottes und des Glaubens dargestellt. Die Auffassung ist modern wie der Ipad: gut zum Konsumieren, zum Lesen, unnütz zum Machen und Was-Tun.

Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und müssen brennen.

Direkt bestraft wird nicht, wer nichts tut. Wer sich entfernt, sich trennt, wer weggeht aus dem Weingarten, dem ergeht es schlecht, er endet im Feuer. Ich lese das laienhaft als Aufruf zu einem gesitteten Leben, zu Ordnung, Gemeinschaft. Moral ohne Folgen, wie sie heute idealistisch gepredigt wird (wenn überhaupt), bleibt mir dünn und eindimensional, ein bloßes Abbild ihrer selbst. Wozu soll einer gut sein, wenn er’s genausogut sein lassen kann? Wenn Böses nicht bestraft wird, nicht einmal im Jenseits, wie kann dann das Gute gut sein? Außerdem habe ich Angst: Kommen einmal Zeiten, wo Moral und Anstand wieder gefordert sind, wird sich dann dergleichen Schönwetter-Christentum bewähren? Wird ohne die Einübung des Gewissens — von der wir vielleicht zu viel abbekommen haben — unsere Gesellschaft weiter »funktionieren«, christlich funktionieren? Es ist gut und tröstlich, dass Gott einen nicht fallen lässt, aber es ist auch ganz praktisch, wenn die Leute um einen herum ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn sie Schweinereien machen. Selbst wenn das Gewissen »angstbesetzt« ist, psychologisch verstimmend, ich würde das »Jüngste Gericht« nicht ganz verdrängen im Glauben.

Darin wird mein Vater geehrt, dass ihr Frucht bringet und werdet meine Jünger.

Christi Jünger sein, ja, das ist so eine Sache. Die Herren haben Haus und Hof, Weib und Kind verlassen — ohne, dass ich die Lebensläufe der Apostel näher kennte — und sind mit­ge­wan­dert mit Chris­tus wie Fans mit einem Fuß­ball­verein, mehr noch, weg waren sie, voll auf­ge­gan­gen in ihre neue Mission. Ob wir das hier und heute können und mögen? Manche gewiss, doch gewiss nur manche. Aber: Frucht bringen — das kann jeder. Sich anstrengen, arbeiten, Mühe walten lassen, etwas er­reichen wollen, Leistung, das ehrt uns, das ehrt Gott. Froh bei der Arbeit. Schaffen. Fleiß. Das »sag’ ich meinen Kindern«. Und wenn’s (bloß) dafür ist: ad maiorem dei gloriam (Im Flickr-Bild unten in der Mitte).

PS: Das Schönste und Treffendste, was Carla geschrieben wurde in all den persönlichen, den abgeschriebenen oder vorformulierten Wünschen, stammt aus Südtirol: »Leider können wir nicht mit Dir feiern – sei nicht traurig – Du weißt ja, wie lang die Reise ist. Wir sind aber in Gedanken und in der Heiligen Kommunion miteinander verbunden.«

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