Erstkommuniongedanken
Carla (8) bekam am Weißen Sonntag, dem 13. April 2010, ihre erste »heilige Kommunion«. Ereignis, Feier, Geschenke, das ganze Drumherum vorher und danach hatte Dimensionen angenommen wie die Hochzeit zu Kana. Vieles dabei war gewiss ernst, gut und seriös, war förderlich für Carla, etwa der ausgiebige christliche Unterricht, die Liebe zum Detail; manch anderes war einfach nur schön, erhebend und sehr freundschaftlich wie unsere anschließende Feier; wenig »lag daneben« oder war für mich überbetont, etwa Carlas Begeisterung für den neuen Ipod. Jedenfalls ein teures Geschenk, den Großeltern sei Dank, und frühe Ausrichtung auf Apple und seine Produkte. (Bilder)
Ich hatte mir vorgenommen, das religiöse Thema dieser Erstkommunion, »Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben«, in meiner Festansprache aufzugreifen. Ich habe es dann sein lassen »im Gefecht«, die Stimmung war nicht danach und meine präparierten Gedanken zu nachdenklich für den Moment. Darum jetzt hier.
Johannes Kap. 15, ab Vers 5 nach der Online-Luther-Bibel:
1Ich bin der rechte Weinstock, und mein Vater der Weingärtner. 2Eine jeglich Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jegliche, die da Frucht bringt, wird er reinigen, daß sie mehr Frucht bringe. 3Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. 4Bleibet in mir und ich in euch. Gleichwie die Rebe kann keine Frucht bringen von ihr selber, sie bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir. 5Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.
6Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und müssen brennen. 7So ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. 8Darin wird mein Vater geehrt, daß ihr viel Frucht bringet und werdet meine Jünger.
Hier wird nicht nur die fruchtbringende Gemeinschaft mit Gott als Grundlage alles Seins in fruchtigen Worten gepriesen — eine klassische Win-win-Situation sozusagen —, hier wird prophezeit, und deutlich der Finger erhoben gegen Faulheit. Ich lese ein Arbeitsethos heraus und den »Jüngsten Tag«, an dem dann eben nicht alle gleich und dem lieben Gott alle gleich lieb sind. Hat »zu meiner Zeit« die Kirche noch auf Moral gesehen, also auf Lebensregeln, die es einzuhalten gilt bei Androhung von Strafe, so wird heute (seit ’68 oder seit dem kirchlichen Aggiornamento?) nur das Lichte, Schöne, das ewig Tröstliche Gottes und des Glaubens dargestellt. Die Auffassung ist modern wie der Ipad: gut zum Konsumieren, zum Lesen, unnütz zum Machen und Was-Tun.
Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und müssen brennen.
Direkt bestraft wird nicht, wer nichts tut. Wer sich entfernt, sich trennt, wer weggeht aus dem Weingarten, dem ergeht es schlecht, er endet im Feuer. Ich lese das laienhaft als Aufruf zu einem gesitteten Leben, zu Ordnung, Gemeinschaft. Moral ohne Folgen, wie sie heute idealistisch gepredigt wird (wenn überhaupt), bleibt mir dünn und eindimensional, ein bloßes Abbild ihrer selbst. Wozu soll einer gut sein, wenn er’s genausogut sein lassen kann? Wenn Böses nicht bestraft wird, nicht einmal im Jenseits, wie kann dann das Gute gut sein? Außerdem habe ich Angst: Kommen einmal Zeiten, wo Moral und Anstand wieder gefordert sind, wird sich dann dergleichen Schönwetter-Christentum bewähren? Wird ohne die Einübung des Gewissens — von der wir vielleicht zu viel abbekommen haben — unsere Gesellschaft weiter »funktionieren«, christlich funktionieren? Es ist gut und tröstlich, dass Gott einen nicht fallen lässt, aber es ist auch ganz praktisch, wenn die Leute um einen herum ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn sie Schweinereien machen. Selbst wenn das Gewissen »angstbesetzt« ist, psychologisch verstimmend, ich würde das »Jüngste Gericht« nicht ganz verdrängen im Glauben.
Darin wird mein Vater geehrt, dass ihr Frucht bringet und werdet meine Jünger.
Christi Jünger sein, ja, das ist so eine Sache. Die Herren haben Haus und Hof, Weib und Kind verlassen — ohne, dass ich die Lebensläufe der Apostel näher kennte — und sind mitgewandert mit Christus wie Fans mit einem Fußballverein, mehr noch, weg waren sie, voll aufgegangen in ihre neue Mission. Ob wir das hier und heute können und mögen? Manche gewiss, doch gewiss nur manche. Aber: Frucht bringen — das kann jeder. Sich anstrengen, arbeiten, Mühe walten lassen, etwas erreichen wollen, Leistung, das ehrt uns, das ehrt Gott. Froh bei der Arbeit. Schaffen. Fleiß. Das »sag’ ich meinen Kindern«. Und wenn’s (bloß) dafür ist: ad maiorem dei gloriam (Im Flickr-Bild unten in der Mitte).
PS: Das Schönste und Treffendste, was Carla geschrieben wurde in all den persönlichen, den abgeschriebenen oder vorformulierten Wünschen, stammt aus Südtirol: »Leider können wir nicht mit Dir feiern – sei nicht traurig – Du weißt ja, wie lang die Reise ist. Wir sind aber in Gedanken und in der Heiligen Kommunion miteinander verbunden.«
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