9. September 2017

Die Hochzeitsmedaillie von Loos

»Gott segne dies Gebände«
Über allem strahlt Gott Jahveיהוה –, segnet die beiden verschränkten Hände, den Ring und überhaupt das Glück des Paares.
   Eigentlich wollte ich diese Goldmünze – genaugenommen eine Medaillie – zum zwanzigsten Hochzeitstag kaufen, und dann gefiel sie der Gattin doch nicht so sehr. Besonders die Rückseite ist ja auch ein wenig »dornig«. Die zeige ich hier dann unten.
   Die Medaillie ist von Loos. Aber nicht von dem berühmten Brünner Adolf Loos, der Ornament ein Verbrechen nannte*), sondern vom königlich-preußischen Hofmedailleur Daniel Friedrich Loos aus Thüringen. Er lebte von 1735 bis 1819. Die Goldmedaillie ist also zweihundert Jahre alt, weit vor Jugendstil, Bauhaus oder funktionsfolgender Form.
   Die Inschrift vorne wünscht:
      »Gott segne di[e]s Gebände«.
   Das Gebände, auch Gebende geschrieben, ist eine Leinenbinde, die straff über die Ohren, Kopf und Kinn gebunden wurde, im Mittelalter, von verheirateten Frauen. Dazu kam ein Stirnband. Die Medaillie wurde wohl eher als Geschenk für die Frau gesehen, getragen weniger, aber wer weiß.
»Das Creutz zum Besten wende«
   Am Rand soll stehen: »WOL VERLOBT IM EHESTAND LEBEN«, obwohl ich das nicht gesehen habe. Vielleicht steht’s nur auf der Silbermünze, hier zu sehen, wo das Creutz schon ohne t ist und »Loos« fehlt. Den Satz verstehe ich nicht ganz: Wol? Guckstu im Sachsenspiegel. Sollte die Medaillie nach einer Trennung weiter der Frau gehören?+)
   Die Rückseite zeigt ein rosenumranktes Kreuz und den Schriftzug »Das Creutz zum Besten wende«. Das Leben als verheiratete Frau muss also nicht nur als Vergnügen gesehen worden sein, damals. Heute gibt’s die Ehe für alle, und es geht uns überhaupt volle Kanne besser.
   Die Neue Zürcher Zeitung widmet sogar ein ganzes Monatsheft »Folio«, September 2017, »Guten Nachrichten«
 
*) »Aber es ist ein verbrechen an der volkswirtschaft, daß dadurch menschliche arbeit, geld und material zu grunde gerichtet werden.« – Loos hielt scheint’s auch Großbuchstaben für unnötiges Ornament. Quelle Wikisource, von Adolf Loos.

+) »Also, dass das Recht war gut, dass man den Frauen Leibgedinge nicht lassen mocht; sie erkriegten’s allemal mit Ansprach wi[e]der, ob sie es auch wol verlobt oder verheißen hätten«,   Sächsisches Landrecht, hier.
   Im Glossar fand ich’s, hier, dennoch, die Bedeutung?

Medaillie: Schaumünze, Denkmünze

Link hierher:
 https://blogabissl.blogspot.com/2017/09/die-hochzeitsmedaillie-von-loos.html

Schön zu sehen:
Das war Kapitel 1: »Die Medaillien Maria Theresias«, https://youtu.be/ihypdBdOE7I – auch englisch
Kapitel 2: »Medaillienproduktion in Wien«, 3:48, https://youtu.be/v4aeWR5KHd8
Kapitel 3: »Der Medailleur Matthäus Donner«, 3:01, https://youtu.be/gWGNXBoqqDg
Kapitel 4: »Medaillen für Maria Theresia«, 2:23, https://youtu.be/pC19mRkzYac
Kapitel 5: »Jetons für das Volk«, 2:30, https://youtu.be/QQfjiwKIsxM

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