17. November 2011

Die »Griechenland-Hilfe« geht gar nicht nach Griechenland,
sondern in die Schweiz usw. Allgemeine Empörung. Und weil wir das Thema Schuldenkrise ohnehin – angestachelt durch Politik und Publizistik – hauptsächlich emotional sehen, wieder einmal ein Grund, politisch korrekt auf die Abzocker zu schimpfen.
···Ein schöner Artikel aus der NZZ hat das Thema am 11. 11. 11 mit Zahlen hinterlegt: »Wem hilft die Griechenland-Hilfe? – Nur ein Fünftel bleibt für griechischen Staatshaushalt übrig«. Von den acht Milliarden Euro, die Griechenland vierteljährlich »als Hilfe« frisch (aber nur geliehen!) bekommt, müssen »rund vier Fünftel der Hilfe für Zins- und Tilgungszahlungen verwendet werden, während nur knapp ein Fünftel zur Finanzierung des laufenden Haushalts übrig bleibt. Weit über die Hälfte der Tranche fließt dabei zurück ins Ausland, wobei auch jene 23 Prozent, die griechischen Finanzhäusern zugeschlagen werden, wieder zum großen Teil bei der Europäischen Zentralbank landen, weil Griechenlands Banken das Geld dort für die Refinanzierung verwenden müssen.« – So fast wörtlich.
···Ich meine, moralisierend läuft es darauf hinaus, ob man bei einer Überschuldung die Schuld, die moralische, dem zuschreibt, der sich das Geld geliehen hat oder dem, der es verliehen hat. Der, der Geld verleiht, und dafür auch noch Zinsen haben will, ist vermutlich der reichere. Schon das macht ihn zum Ziel von Neid und Forderungen, seinen Reichtum doch zum Wohle aller endlich wegzugeben. (Als ob er ihn im Kopfkissen aufbewahre.) Nun werden Staaten ja nicht von Überziehungskrediten und Kreditkarten zum gedankenlosen Ausgeben verführt, sind nicht dumme, arme Leute, denen ein reicher Abzocker die Haut über die Ohren zieht, sondern sind voller bester Wirtschaftfachleute und Experten. Wer ist also Schuld? Die Staaten mit ihren für jeden offensichtlich verfehlten Geschäftsmodellen jährlich steigender Schulden, oder die Banken, die ihnen Geld leihen, die Rating-Agenturen, die sie – bloß auf Grund vergangener Rückzahlungen – mit AAA einstufen?
···Die »Schuldfrage« ist Unsinn. Man sollte nüchtern den Mechanismus überbordender Geldmengen sehen, die überall hohen Staatsanteile am Bruttosozialprodukt, diese De-facto-Planwirtschaft, die uns staatliche Konferenzzentren (WCCB in Bonn) beschert und dagegen Schwimmbäder schließen lässt, usw. Polemisieren sich sich’s selbst weiter.
·Geldmechanisch ist das doch so, dass Staatsanleihen immer wieder umgeschuldet werden müssen (und weitere dazukommen). Langfristige Verbindlichkeiten – ewige, wenn unsere Politiker das Sagen hätten (haben sie leider) – werden in kürzeren Perioden immer wieder umgeschichtet. Das wäre so, als liehe sich wer das Geld für sein Haus nicht auf zwanzig oder dreißig Jahre, sondern immer nur auf eines. Nach einem Jahr würde er die »alte« Schuld zurückzahlen und dafür wieder eine »neue« aufnehmen, für wieder ein Jahr. Natürlich ginge dann das »neue« Geld in die Hände des »alten« Schuldners. Reine Mechanik schlechter Schuldenpolitik, riskant dazu, weil der Zinssatz steigen kann (tut er jetzt!). Hat nichts mit der bösen Schweiz zu tun, oder bösen deutschen Landesbanken, die griechische Papiere gekauft haben. Oder?

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