7. Juni 2008

Gruppokratie. Ich weiß, den Ausdruck gibt es nicht. Die Sache auch nicht, wird mir jedes »Mitglied« versichern. Wir leben in einer Demokratie, als »Europäer« sogar in siebenundzwanzig! Fünf übereinandergeschichtete Lagen, fünf Register Regierungen: Stadt, Land, Bund, Brüssel und die Vereinten Nationen umtönen uns mit einem Schwall großer Worte und zahlreicher Vorschriften. Die oberste Behörde meint sogar, durch Abstimmungen »Menschenrecht« zu setzen. Als die Demokratie noch frisch war in Deutschland, war ich dort im Gymnasium (im »Freistaat«). Wir haben das gelernt: direkt gewählte Volksvertreter, die in unserem Namen im Parlament reden und abstimmen. Das scheint lange her. Jetzt reden sie in Ausschüssen und stimmen im Namen ihrer Partei ab. Die Partei ist eine Gruppe einigermaßen Gleichgesinnter. Politik machen politische Hauptberufler. Sie wollen möglichst immer dran sein, eigene Meinung hin oder her. Stattdessen vertreten Umfragen den Volkswillen. Fernsehnachrichten und Bild sprechen die Volksmeinung aus. Wer sich da recht im Kreise mitdreht, der ist dabei, ist in.
Doch zurück zur Gruppokratie. Wir werden von Gruppen regiert; regiert im Politischen, regiert aber auch emotional, und gedanklich beeinflusst – so wir uns denn Gedanken machen. Gruppeninteressen treiben die Welt an. Aufzählen lassen sich nicht nur Parteien, Standesvereinigungen (Hartmannbund), Umweltorganisationen, Abgeordnete, vereinte Nationen, Mafia, Scheichs, Al Kaida, Sorben, Journalisten, Warlords, man nenne, was kommt und sich für eine Gruppe hält. Und dann sehe man sich ihre Interessen an.
Bei uns sind es Gott sei Dank meist recht grüne Gruppen. Sie wollen alle die Welt retten, mit unserem Geld, treffen sich in Rom (Welternährungskonferenz, »mehr als« fünfhundert Teilnehmer), auf Bali (Klimakonferenz, »gut elftausend« Teilnehmer) , in Bonn (Biodiversität mit angeblich fünftausend Teilnehmern) , in Davos (über zweitausend Teilnehmer). Selbst die Bauern kriegen mehr für die Milch, wenn sie vorher zuviel produzieren und sie dann gemeinsam wegschütten.
’s ist eine Welt der Interessengruppen geworden. War das immer so? Sind die Gruppen genügend verzahnt, so bewegt sich nichts mehr: Filz. Sind sie nicht verfilzt, so streiten sie. Das zahlende Publikum darf zuschauen, ist ja unser Geld, das da sozial gerecht, bio- oder sonst höchst divers verteilt wird. Die »Gruppe« der Künftigen, die die Schulden dereinst werden ausbaden müssen, ist nicht vertreten, bleibt abstrakt. Am besten, sie bleiben ganz aus, dann können wir alles unter uns verteilen.
Der Einfluss von Sinn und Verstand des Einzelnen auf dieses Gruppengewabere ist minimal. Wer traute sich zu fragen, ob eine Erderwärmung nicht Heizkosten spart? Ob unser Engagement für Diversität auch für Malaria gilt? Ob sich Afrika nicht – etwas Ordnung und Frieden vorausgesetzt – selbst ernähren könnte? Warum wir unsere Heimat in Afghanistan verteidigen und nicht in Liechtenstein?
Nötiger Themenwechsel. In meiner ersten Firma habe ich gelernt, dass man die Notwendigkeit einer Abteilung am besten dadurch beurteilt, dass man sie abschafft. Tut’s danach weh (selten), dann muss man eine ähnliche wieder neu aufbauen, aber bitte mit neuen Leuten. Wie wäre es, wenn wir in der Politik reihrum Organisationen auflösten? Bundesländer zusammenfassten? Kultusministeriumsbewohner zu Lehrern umschulten? Die Sportförderung den Privaten überließen, alles Theater und Fernsehen auch? Sechzig Prozent des Benzinpreises sind Steuern, bezahlt aus einem um fünfzig Prozent abgabenreduzierten Einkommen. Fiat res "publica" et pereat mundus.

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