16. November 2006

Nachts. Na, sagen wir’s genau: kurz vor vier. Chopin, Erste Ballade g-moll, gespielt von Vladimir Horowitz, 1932. Im Nachtprogramm scheint die Welt noch in Ordnung. Als Student hatte ich mir die Schallplatten billig in Ostberlin gekauft. Es gab da Aufnahmen eines Chopin-Wettbewerbs, die von der Deutschen Grammophon und der Polkie Nagrania gleich herausgebracht worden waren. Wir kauften die »polnischen« Platten, in schlichteren, weißen Hüllen. Vitæ passate.

Wollt aber von Carlas Untersuchung schreiben. Die Kleine ist ja vorbildlich, geliebt von allen, von der Änderungsschneiderin, Frau Pleh, bis eben zum Kinderarzt, Dr. Radinger. Sie sieht perfekt, selbst als »Pirat«, hören ist nicht so gut, und 24,2 Kilo bei und 1,17 Meter sind ein klein wenig viel. »Doc Radi« befragte sie geschickt nach ihren Fähigkeiten und Wünschen: Schauspielerin werden, Lukas heiraten, obwohl der kleiner ist, aber älter, vier Kinder, zwei Mädchen, zwei Jungen.

Ich bin dann mit Carla noch in die Sitzung des Bonner Sport- und Bäderausschusses ins Stadthaus gegangen, Ratssaal, Zuschauertribüne: Unser geliebtes historisches Hallenbad, das Viktoriabad, soll samt Stadtmuseum und jüdischer Gedenkstätte abgerissen und verkauft werden, das Frankenbad, nördlicher in der Altstadt, völlig neu gebaut. Die CDU wills umgekehrt, das Viktoriabad erhalten, das Frankenbad schließen, keinen Neubau. Oberflächliches Gerede (Schulsport als Knackpunkt), da um den Brei: Das zentrale Areal brächte dem leeren Stadtsäckel mehr. Außerdem macht ein Neubau mehr Spass als bloße Ausbesserungen, erfüllt, weil virtuell, allen alle Wünsche. Relativ lockerer Umgang mit Millionen. Wann lernen wir, mit dem Gegebenen sparsam zu leben, statt Städtisches herunterkommen zu lassen und dann pompös neu zu bauen? Nicht, wenn staatliche Investitionen auf Pump erlaubt sind, Unterhaltskosten dagegen aus dem Laufenden genommen werden müssen. Die Schulden eines Gemeinwesens sieht man nicht, Neubauten schon.
Beispiele für spendables Investieren haben wir genug in Bonn: teuerste Straßenbeläge, umgestaltete Plätze. Zur Verschönerung einer populären Straßenbahnhaltestelle wurden am Ende wohl dreieinhalb Millionen Euro ausgegeben.
Ach ja, bezeichnend: Beim Durchwinken der zahlreichen Subventionen im Sportausschuss wurden nicht einmal die Summen genannt.

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